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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Entführung organisiert haben. Die Swerdlowsk-Mafia gab es noch nicht, als Ratamo in Vietnam studiert hatte und angeworben worden war. Ketonens Gehirn spuckte Theorien aus wie ein Teilchenbeschleuniger.
    Unvermittelt tauchte aus einem versteckten Winkel seines Gedächtnisses das Gesicht vor ihm auf. Der Anrufer war Igor Sterligow! Er lebte also! Ketonen suchte das Phantombild aus dem Papierstapel auf seinem Schreibtisch hervor. Er hatte sein Gesicht verändern lassen. Die früher schneeweißen Haare waren jetzt schwarz, die gerötete Haut zeigte das undeutliche Bild nicht, das ganz von dem Fleck beherrscht wurde, der wie eine Brandnarbe aussah. Es überraschte ihn nicht, dass er den Mann nicht erkannt hatte.
    Igor Sterligow hatte in Zürich versucht, Anna-Kaisa Holm mit Fentanyl zu töten. Der Mann stand jetzt in den Diensten von Swerdlowsk. Ketonen wusste, dass die Ermittlungen nunzum offenen Kampf wurden. Sterligow hielt sich an keinerlei Regeln, weder an die der Kriminellen noch an die der Spione und vermutlich auch nicht an die des Krieges. Er spürte zu seiner Überraschung eine ungeheure Erleichterung, weil Ratamo kein Verräter war. Ketonen bereute es schon, dass er ihn wieder für einen Augenblick verdächtigt hatte, obwohl er natürlich als Profi alle Möglichkeiten in Betracht ziehen musste. Sterligows Beteiligung bestätigte, dass Ratamo kein von Swerdlowsk ausgebildeter Maulwurf war. Wären sie Komplizen, dann hätte Ratamo das Gegenmittel gegen den Ebola-Virus Sterligow damals freiwillig übergeben. Urplötzlich überkam ihn ein unbezähmbarer Appetit auf eine Zigarette. Das war jetzt nicht der richtige Augenblick für einen Kaugummi. Ketonen holte aus dem Schubfach seines Schreibtischs eine Schachtel »Nortti«, zündete sich eine Zigarette an und seufzte. Er gab sich die Erlaubnis zu rauchen, bis zum Abschluss der Ermittlungen.
    Das Nikotin schien die Drehzahl seines Gehirns noch zu erhöhen. Er rief Wrede an und befahl ihm, im polizeiinternen Verzeichnis der Videoüberwachung des Stadtzentrums alle Kameras in Gegenden, wo Bekannte Sterligows wohnten, herauszusuchen. Im Zentrum befanden sich etwa fünfhundert Überwachungskameras, mit deren Hilfe jährlich Dutzende Verbrechen aufgeklärt wurden. Zum Glück für die Polizei war zur Überwachung öffentlicher Räume keine Genehmigung erforderlich. Und außerdem galt Finnland neben Großbritannien als das europäische Land mit den meisten Überwachungskameras.
    Wenn Sterligow einer der Entführer war, dann überraschte die Forderung nicht, dass Ratamo die Unterlagen überbringen sollte. Der Russe wollte sich bestimmt an Ratamo für die Zerstörung seiner Karriere beim SVR rächen. In Protaschenkos Unterlagen musste irgendetwas außerordentlich Wichtigesversteckt sein. Sonst würde Sterligow so einen gefährlichen Austausch nicht vorschlagen. Eines war sicher, dachte Ketonen, sobald der Dieb die Unterlagen in der Hand hätte, würde irgendetwas geschehen. Wenn er doch nur wüsste, was.
    Bei diesem Spiel war er gezwungen, sich an die Regeln zu halten, die der Anrufer vorgab, aber er war nicht gezwungen, Ratamo ins Feuer zu werfen. Sterligow würde ihn ganz sicher umbringen. Sollte er es wagen, Ratamo als Köder zu benutzen? Der Russe wollte Ratamo aus persönlichen Gründen in die Finger bekommen. Wenn der Überbringer jemand anders wäre, würde Sterligow möglicherweise einen seiner Helfer vorschicken. Ketonen überlegte fieberhaft, ob ihm jetzt ein Mittel eingefallen war, wie man Sterligow finden könnte, doch da unterbrach das Klingeln des Telefons seine Gedankengänge.
    Der Diensthabende in der Überwachungszentrale verband ihn.
    »Ich erwarte eine Antwort«, sagte Sterligow.
    »Wir machen das so, wie Sie es sagen. Ich bereite Ratamo auf seine Aufgabe vor. Wenn Sie in einer halben Stunde anrufen, können wir zu dritt über Ihre Anweisungen reden«, erwiderte Ketonen und versuchte so, Zeit zu gewinnen.
    »Der Dirigent dieses Orchesters bin ich«, erwiderte der Anrufer in scharfem Ton. In seinen Worten lag eine psychotische Kraft, die Ketonen zusammenfahren ließ. Jetzt war er sicher, dass es sich um Sterligow handelte. Er hatte die richtige Entscheidung getroffen. Oder doch nicht? Er beabsichtigte, einen alleinerziehenden Vater, der gerade die Polizeischule absolviert hatte, in tödliche Gefahr zu bringen. Ratamo konnte so hart wie ein Nagelkopf sein, aber gegen einen Wahnsinnigen wie Sterligow hätte er keine Chance.
    »Ich schicke Ratamo innerhalb der

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