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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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aufpassen mussten, wo sie die Füße hinsetzten. Von den kurzen Trippelschritten schmerzten die Waden, aber Ratamo wollte trotzdem weiterlaufen. Er brauchte die Bewegung, und zwar fast jeden Tag: Zu viel Energie machte ihn unruhig. Timo würde niemals mitten im Lauf das Handtuch werfen. Das erlaubte sein Ego nicht.
    Seit dem Mittagessen waren schon etliche Stunden vergangen, aber Ratamo hatte eine solche Riesenladung von Wredes Pilznudeln verschlungen, dass er glaubte, ihm läge ein ganzer Findling im Magen. Um unangenehme Dinge kreisten auch seine Gedanken: der versuchte Mord an Holm, das Begräbnis seiner Oma am nächsten Tag und das Wiedersehen mit seinem Vater.
    Auch Ketonens Auftrag machte ihm zu schaffen. Er wollte Timo erst in der Sauna oder beim Saunabier Fragen zu Inferno stellen. Die durften aber nicht zu direkt sein, damit Himoaaltonicht bemerkte, dass er ihn aushorchte. Die Konstellation ließ ihn an Riitta Kuurma denken. Er benutzte Timo als Sprungbrett für seine Karriere haargenau so, wie Riitta ihn damals ausgenutzt hatte. Wie würde Himoaalto reagieren, wenn er doch erkannte, dass dieses Treffen nichts anderes war als ein taktvolles Verhör? War er im Begriff, seine beste Freundschaft zu ruinieren? Sollte der Arbeitsplatz bei der SUPO wirklich wichtiger sein als ein Mann, mit dem er zusammen aufgewachsen war und den er besser kannte als jeden anderen Menschen? Plötzlich fiel ihm ein, was Riitta am Abend vorher gesagt hatte: »Einem Menschen sollte man entweder ganz oder gar nicht vertrauen.« Er kam sich wie ein Verräter der allerschlimmsten Sorte vor. Aber wenn Himoaalto nun doch schuldig war? Ratamo fühlte sich unsicher und beschloss, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Man konnte nicht alles kontrollieren, also war es zuweilen am besten, die Entscheidungen einfach dem Drehbuch des Lebens zu überlassen.
    Ratamos Blick fiel auf eine wunderschön mit einer Eisglasur überzogene Felswand, und er versuchte an etwas Angenehmes zu denken. Im dämmrigen Licht der Lampen sah die Natur im Zentralpark genauso schön und ruhig aus wie immer, obwohl die Aussicht nicht mit der im Sommer in Viikki zu vergleichen war. Dort lief er von April bis November – die ganze schneefreie Saison. Das einige Kilometer vom Zentrum entfernte Gut der Fakultät für Agrar- und Forstwissenschaften mit seinen Tieren und den mehrere Hundert Hektar großen Anbauflächen und das daneben gelegene Vogelschutzgebiet von Vanhankaupunginlahti waren sein Zufluchtsort. Als er nach Kaisas Tod seine Lebenswerte neu geordnet hatte, hatte er sogar darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, auf dem Lande zu wohnen.
    War er naiv, weil er sich nach Freiheit sehnte? Beruflich tat er jetzt etwas, was er wirklich wollte, dennoch konnte er sich nicht an ein Leben voller Routine anpassen. Sollte er Lotto spielen oder erwachsen werden? Wollte er das ganze Jahr über auf dem Lande wohnen? Nein. Seine Freunde, die Eckkneipen, die ethnischen Restaurants und all die vertrauten Orte würden ihm zu sehr fehlen. Doch er hatte das Gefühl, zu sehr auf ein vorprogrammiertes Muster festgelegt zu sein, wenn er nur im Urlaub richtig abschaltete. Dann wusste man, dass man sich in einem sonst fremden Zustand befand, »im Urlaub« eben, der nur für eine Weile den Alltagstrott durchbrach. Die Dinge hätten genau andersherum sein müssen.
    Ratamo schreckte aus seinen Gedanken auf, als die Lichter der Wohnhäuser von Länsi-Pasila aus der Dunkelheit auftauchten. Sie waren schon so nahe an ihren Autos, dass er seinen Freund ärgern wollte und das Tempo beschleunigte. Das Ergebnis war ein Wettlauf, der erst auf dem Parkplatz endete. Die Männer schnauften und dampften wie finnische Pferde nach einem Trabrennen.
    Himoaalto ließ sich auf den vereisten Rasen am Rande des Parkplatzes fallen, streckte ein Bein, zog das andere an und versuchte mit den Händen die Zehen des ausgestreckten Beines zu erreichen. »Die Akkusäure muss aus den Beinen raus.«
    »Nur die trainieren, die kein Talent haben, und bei Lockerungsübungen verliert man zu viel Kraft«, entgegnete Ratamo wie immer, wenn sich Aalto nach dem Laufen dehnte.
     
    Der Ermittler Ossi Loponen übergab sich im Gebüsch neben dem Reitplatz von Laakso. Er war kein Sportler. Das Richtmikrofon ER-4 und die Kopfhörer lagen zu seinen Füßen. Er war den Männern umsonst hinterhergerannt, verdammt noch mal, sie hatten den Fall Inferno mit keiner Silbe erwähnt.
    Loponen hatte jedes ihrer Worte gehört. Die Reichweite des

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