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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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gedämpft, als plötzlich Anna-Kaisa Holms verzerrtes Gesicht vor seinem inneren Auge auftauchte. Diese Grimasse in dem Züricher Restaurant war doch nicht ihre letzte gewesen.
    Ohne sie wäre es schwieriger, das Inferno-Projekt zu realisieren. Nun würde er nicht mehr im Voraus erfahren, was die SUPO plante. Er hatte ihre Hinrichtung verschieben wollen, bis der Bankraub im Wiremoney ausgeführt war, aber Orel verlangte die sofortige Liquidierung. Sterligow war der Ansicht, dass Morde mit Visitenkarte ihnen schadeten. Die Verwendung von Fentanyl hatte der SUPO sicher schon verraten, dass Swerdlowsk an dem Fall Inferno beteiligt war. Doch einen Befehl Orels musste man ausführen. Wenn er sich geweigert hätte, Holm unter die Erde zu bringen, würden ihn jetzt selbst schon die Würmer fressen.
    Aber er beklagte sich nicht. Er war stolz auf Swerdlowsk – darin lag die Zukunft Russlands. Swerdlowsk war eine stabile,vielseitige und unabhängige kriminelle Organisation, größere und besser organisierte fand man nur in den USA. Und schon bald auch dort nicht mehr. Das sozialistische Wirtschaftssystem war in Russland nicht durch die Markwirtschaft ersetzt worden, sondern durch die Mafiawirtschaft.
    Die von Sterligow geführte Aufklärungsabteilung war eine kleine Gruppe von sechzig Agenten, aber jeder der Männer war auf seinem Gebiet absolute Spitze. Hauptaufgabe der Abteilung war es, Unternehmer zu finden, die Wirtschaftsdelikte begingen, dabei betrogen wurden und nicht vor Gericht ziehen konnten, um zu ihrem Recht zu kommen. Sterligows Männer boten den Unternehmern die »rechtliche« Hilfe ihrer Organisation an, unterwanderten die Firmen und nahmen sie unter Kontrolle. Bei den größten und gut funktionierenden Unternehmen kassierte Swerdlowsk das Honorar in Form von Aktien und bei kleineren wurden die Gewinne abgeschöpft. Die anderen Firmen hatte sich Orels gewaltiges Unternehmenskonglomerat einfach einverleibt. Sterligows Abteilung knüpfte Beziehungen zu ausländischen Diplomaten und Geschäftsleuten und verwendete die beschafften Informationen zur Erpressung und für feindliche Übernahmen von Firmen. Wichtig war es auch, die Berichterstattung in den russischen Massenmedien von innen her zu beeinflussen und das Image der Organisation und insbesondere von Orel in der Öffentlichkeit zu verbessern. Eine allzu kritische Nachricht konnte zum Tod durch Fentanyl führen.
    Nach der kalten Dusche fröstelte Sterligow, und er eilte in die Sauna. Die Finnen, diese Idioten, priesen auch die als ihre Erfindung, dabei war es eine historische Tatsache, dass man die ältesten Banjas in Nordrussland gefunden hatte.
     
    Er riss die hölzerne Saunatür auf und wäre fast mit einem spindeldürren Lulatsch zusammengestoßen. »Erst rein, dann raus,sagte der Bräutigam«, stichelte der Mann. Sterligow antwortete nicht. Erfreut stellte er fest, dass die Sauna völlig leer war. Er setzte sich in die Ecke der Pritsche, die am weitesten vom Saunaofen entfernt war, das sogenannte Dampfnest, und saß in Gedanken versunken da. Im letzten Herbst hatte Irina ihm von Protaschenkos Plänen erzählt und ihm die Internetadresse der Chatgroup gegeben, die der »Hund« benutzte. Das war der einzige Verbindungskanal zu ihm, den Irina kannte. Der »Hund« zeigte sofort Interesse für sein Angebot, das Passwort der Inferno-Hintertür zu kaufen. Die Habgier war, wie Sterligow wusste, der zuverlässigste Charakterzug des Menschen. Aus irgendeinem Grund hatte der »Hund« jedoch beschlossen, Guoanbu das Passwort eher zu liefern als Swerdlowsk.
    Wenn er doch nur wüsste, wer sich hinter dem Decknamen »Hund« verbarg. Seinen Männern war es nicht gelungen, ihm anhand seiner E-Mails auf die Spur zu kommen. Er war Protaschenko überallhin gefolgt in der Hoffnung, die Identität des »Hundes« herauszufinden. In Miami hätte es beinahe geklappt. Doch der »Hund« war noch vorsichtiger gewesen als erwartet und hatte das Passwort Protaschenko unbemerkt übergeben. Ohne sein Eingreifen hätte Guoanbu die National Bank leergeräumt, die hätte Wiremoney geschlossen, und alles wäre vorbei gewesen.
    Sterligow goss zum Abschluss rasch noch einmal auf und schwitzte wie ein Bierglas an einem heißen Tag. Er fluchte einmal mehr, weil er nicht hatte verhindern können, dass Protaschenko vom Balkon des Marriott-Hotels gefallen war. Wenn er Zeit gehabt hätte, den Mann zu untersuchen, wäre jetzt alles in Ordnung.
    Die Hitze wurde unerträglich, und er stieg hinunter.

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