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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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noch besser, als untätig im Hotel herumzuhocken.
    Bethesda machte einen angenehmen Eindruck. Auf den Straßen lag kein Müll herum, Bäume und Blumenbeete lockerten das Grau des Asphalts auf, und auch die Autos sahen neu aus. Der Spaziergang bei dem schönen Wetter entspannte Ratamo jedoch nicht, denn sein Gehirn verarbeitete die Ereignisse der letzten Stunden. Warum war Lasse Nordman bereit gewesen, einen Anschlag auf ein Kernkraftwerk zu organisieren? Wenn der gelungen wäre, hätte er Tausende Menschenleben gefährdet und riesige Gebiete verseucht. Final Action sollte schließlich gegen die Zerstörung der Umwelt kämpfen; und die Organisation akzeptierte es doch nicht, daß bei ihren Anschlägen Gewalt angewendet wurde, ganz zu schweigen davon, daß Menschenleben geopfert wurden.
    Als die Wohngegend begann, blieb Ratamo an der Eckeeiner von Linden gesäumten Straße stehen, blickte auf die Karte und ging etwas langsamer weiter. Das war das Haus Nummer 2140, dann kam die 2142 … 2144, die Richtung stimmte, Dexters Wohnung war schon zu sehen. Die Gegend war wohlhabend: große Holzhäuser, ausgedehnte Rasenflächen, teure Autos …
    Plötzlich hörte Ratamo das gedämpfte Geräusch von Schüssen, er blieb eine Sekunde stehen und rannte dann los. Nirgendwo war Bewegung zu sehen, keine fliehenden Autos oder kreischenden Menschen. Er blieb keuchend vor Dexters Haus stehen. Was sollte er tun? Er hatte keine Waffe, und bei diesen Ermittlungen war der Tod ziemlich häufig zu Gast. Ratamo holte sein Mobiltelefon aus der Tasche, drückte auf den Wahlwiederholungsknopf und klopfte mit dem Fuß auf den Asphalt.
    »Jeff Hanes«, sagte der Mann vom FBI nach einer halben Minute, die Ratamo wie eine Ewigkeit vorkam.
    »Hier Ratamo … der finnische Polizist. Ich bin in der Nähe von John Dexters Wohnung und habe Schüsse gehört«, sagte er, betonte dabei jedes Wort und wartete auf eine Antwort. Die schien auszubleiben.
    »Ich schicke meine Männer hin«, sagte Hanes schließlich, beendete das Gespräch und schaute seinem Vorgesetzten in die Augen.
    Der Leiter der Dienste des FBI für die Einhaltung der Gesetze schüttelte mit ernster Miene den Kopf. »Das ist eine Sache der großen Jungs, in Dexters Wohnung sind schon die Männer vom DIA, soviel weiß ich. Ich habe von oben den Befehl erhalten, mich in keiner Weise in die Angelegenheit einzumischen«, sagte er und strich über seine Halbglatze.
    Jeff Hanes starrte seinen Chef ungläubig an, seine Kiefer mahlten den Kaugummi. Was zum Teufel war hier im Gange? Es war nicht alles so, wie es sein sollte, das verriet schon der ausweichende Blick seines Vorgesetzten.
    Ratamo stand vor Dexters Wohnung, schaute auf sein Triband-Handy und wunderte sich, wie kurz angebunden Hanes gewesen war. Er hatte zumindest irgendwelche Anweisungen erwartet. Vielleicht wurmte es die Yankees, daß ein Außenstehender Augenzeuge ihrer Fehler war.
    John Dexters Haus schien leer zu sein. Ratamo umging das Grundstück, das an ein Wäldchen grenzte, bis er hinter dem Haus war. Er kniff die Augen zusammen und versuchte aus hundert Metern Entfernung drinnen etwas zu erkennen. »Wenn der Feind in Schußweite ist, dann bist du es auch.« Die Worte des Rekrutenausbilders bei der Armee fielen ihm nach Jahren ein. Dann sah er in einem Zimmer eine Bewegung und beschloß, sich näher heranzutrauen.
    Einen Meter vom Gebäude entfernt, hörte Ratamo hinter sich ein gedämpftes Knacken und sah im Spiegel des Fensters, wie eine unscharfe, dunkle Gestalt ausholte, um mit irgendeiner Waffe auf ihn einzuschlagen. Er beugte sich vor, drehte sich um und schlug mit der Handkante kraftvoll auf das dunkle Visier eines Soldatenhelms. Er spürte den heftigen Schmerz im Handgelenk, wandte sich zum Wald und konnte noch einen Schritt machen, bevor er begriff, daß er in den Lauf der Maschinenpistole eines anderen Soldaten starrte.
     
    Der leblose Oberkörper John Dexters lag über dem Schreibtisch, Blut floß auf den Tisch und in einem dünnen Rinnsal über den Rand auf den roten orientalischen Teppich. Die Anwesenheit des Todes und der Angst war zu spüren. Lasse Nordman klagte nicht über seine Schmerzen, aber die angespannten Wangenmuskeln und das blutverfärbte Hemd sagten genug aus. Offenbar war das Seraphims Art, Probleme zu beseitigen, vielleicht würde er doch nicht entlarvt werden. Er drückte seine Hand auf die Wunde, griff mit der anderen nach der Videokamera auf dem Fußboden undrichtete sie auf Amanda Moreno. Er

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