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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Seraphim in Verbindung zu bringen. Er mußte Wolferman schon irgendwo in den Nachrichten oder anderswo gesehen haben. Das Gespräch verlief aus seiner Sicht in eine Richtung, die gefährlich war.
    »Wolferman beschloß, alle Beweise für das Konsortium zu vernichten, bevor es den Behörden gelänge, ihn damit in Verbindung zu bringen. Aber das Konsortium ist nur ein unbedeutender kleiner Teil seines Plans«, fuhr Dexter trocken fort.
    »Der worin besteht?« fragte Ulrike schroff.
    »Meine Kontaktperson in der NSA glaubt, daß Wolferman die Terroranschläge benutzt. Es sieht so aus, als ob das Pentagon sowohl Terroranschläge in Auftrag gibt als auch nicht verhindert, um die Berechtigung für militärische Vergeltungsschläge zu erhalten. Der Tod von ein paar hundert Zivilisten bei Anschlägen der Terroristen in Saudi-Arabien, Jemen, Indonesien oder Marokko läßt sich leicht akzeptieren, wenn er dem Pentagon das Recht gibt, Vergeltungsschläge auszuführen, die möglicherweise den Tod Tausender Amerikaner verhindern. So funktioniert Wolfermans Denkmodell. Das Pentagon hat fast die ganze Welt an seine Leine gelegt, indem es die Angst vor dem Terrorismus schürt. Und mit militärischen Vergeltungsschlägen verwirklicht es seine eigene Außenpolitik. Die NSA versucht fieberhaft Beweise gegen Wolferman zu beschaffen, weil bloße Worte sofort als politisches Intrigenspiel abgestempelt werden würden.«
    Ulrike war so verblüfft, daß sie nicht wußte, was sie sagen sollte. Wenn das alles stimmte und es ihr gelänge, das aufzudecken, würde sie für die Welt ein größeres Vorbild werden als … Gandhi. Was zum Teufel sollte sie jetzt tun? Ulrike suchte mit einem Blick vergeblich Hilfe bei Lasse. Und Ezrael saß auf dem Sofa, versunken in seine eigene Welt, vom Engel des Zorns war keine Spur mehr zu sehen.
    »Das ist Blödsinn, was du da redest. Du lügst.« Lasse Nordman hörte sich nicht sehr sicher an, er hatte Angst vor dem, was Dexter als nächstes enthüllen würde.
    Dexter zündete die nächste Bombe: »Wir alle werden in diesem Zimmer sterben«, sagte er mit bleichem Gesicht. »Wolferman läßt niemanden am Leben, der von seiner Rolle im Konsortium weiß. Wenn diese Kleinigkeit erst mal ans Licht käme, würden die Massenmedien, die Untersuchungsausschüsse des Kongresses und unser Aufklärungsapparat seine wahren Ziele herausfinden. Das will Wolferman natürlich nicht zulassen, es würde seinen Untergang bedeuten und dazu führen, daß die USA in die größte innenpolitische Krise seit dem Bürgerkrieg getrieben wird. Wolferman benötigt einen Sündenbock – mich. Er will es so inszenieren, als wäre ich bei dem ganzen Fusionsprojekt der Drahtzieher hinter den Kulissen, und er will alle zum Schweigen bringen, die zu viel wissen, auch euch, weil ihr ihn in Den Haag gesehen habt. Wir sind die letzten Opfer. Das ist Wolfermans Plan. Er ist Seraphim, und der heutige Anschlag auf Calvert Cliffs soll dem Pentagon die Berechtigung zum Angriff …«
    Dexters letzter Satz brach ab, als eine Kugel seine Stirn durchschlug. Sofort danach zischte ein zweiter, ein dritter Schuß … Lasse Nordman heulte auf, als er von einem Querschläger getroffen wurde, er fluchte, fiel hin und hielt sich den Bauch. Ulrike stürzte zu Lasse, und Ezrael versenkte all seine vier Messer in der Füllung des Sofas.
    Ein Blutstropfen rollte von dem kleinen dunklen Loch auf der Stirn John Dexters zum Auge, die vier Soldaten mit ihrer Kommandoausrüstung, die in der Tür standen, sah er nicht mehr, und auch nicht Amanda Moreno, die Chefin der operativen Abteilung des DIA, des Nachrichtendienstes der Armee.

54
    Arto Ratamo bezahlte das Taxi in der Wisconsin Avenue im Zentrum der Vorstadt Bethesda, reichlich einen Kilometer von John Dexters Wohnung entfernt, und überlegte, ob man die hellen Wohnhäuser ringsum in Finnland als Wolkenkratzer bezeichnen würde. Der Dutzende Meter hohe Glockenturm sah echt amerikanisch aus.
    Nach einem Blick auf die Karte ging er langsam in Richtung Südwesten, wo zwischen den Schönwetterwolken die Sonne hervorlugte. Ein altes Kino mit seinem breiten Eingang und dem über den Fußweg ragenden Vordach erinnerte an amerikanische Schwarzweißfilme. Er hatte niemandem von seiner Fahrt hierher erzählt, aber das war auch egal, er brauchte ja wohl keine Genehmigung für einen Besuch in einem Vorort. Außerdem wollte er ja nur überprüfen, ob sich Ulrike Berger und Lasse Nordman in Dexters Wohnung befanden. Das war immer

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