Finnisches Quartett
umgebracht hat.«
Ratamo begriff, daß die Morde an den Zeugen, die von dem Konsortium wußten, weitergingen, er überlegte, ob er für Lasse Nordman Polizeischutz anfordern sollte. »Wo ist Berger jetzt?«
Timmerman ächzte frustriert. »Der Killer hat die Frau als Gefangene in seiner Wohnung gehalten. Nach dem Tod von Dijkshoorn und Cash sind sie verschwunden.«
»Und die Morde vor dem WTC, gibt es irgendeine Verbindung zwischen dieser Internetzeitung und Final Action?« fragte Ratamo nach.
»Ich denke schon. Aber die Mitarbeiter von Future.com waren Profis, wir können nichts beweisen«, Timmerman strich sich über seinen Bart.
Die Kette der Ereignisse in den letzten Tagen schien nach Ratamos Auffassung eindeutig zu Dutch Oil und zu demVorstandsvorsitzenden des Konzerns hinzuführen. »Müßte man Jaap van der Waal jetzt nicht schon zum Verhör holen?«
Timmerman nickte ungeduldig und trank die Hälfte des Bieres mit einem Schluck aus. »Man hat mit ihm schon mehrere Male gesprochen … inoffiziell. Einen Mann wie van der Waal holt man nicht einfach so mit Blaulicht und Sirene zum Verhör, ohne hieb- und stichfeste Beweise. Er ist intelligent und ein glänzender Spieler … alle seine Sicherheitsleute hat er sofort entlassen, als er erfuhr, daß zwei von ihnen des Mordes an Jorge Oliveira verdächtigt wurden. Jetzt behauptet er, tief erschüttert zu sein, daß Pieter Dijkshoorn Mary Cash umgebracht hat, und verdächtigt seine Sicherheitsleute, sie hätten auch im Auftrag von jemand anderem gearbeitet. Und wir können nicht beweisen, daß er selbst den Befehl zum Mord gegeben hat.« Timmermans Miene ließ keinen Zweifel daran, ob er van der Waal für schuldig hielt oder nicht.
Die Männer tranken eine Weile schweigend ihr Bier, bis Ratamo einfiel, was Timmerman kurz vorher erzählt hatte. »Du hast gesagt, daß die Wohnung dieses Verwirrten irgendwie seltsam war …«
Timmerman beschrieb die Wohnung, und Ratamos Gesichtsausdruck wurde um so verblüffter, je mehr er erfuhr: Kamelhaarumhang, Engelsbilder, Dutzende Kerzen, ein selbsterrichteter Altar … Ratamo sah vor sich einen Raum, der so phantasievoll war, daß er sich nicht entscheiden konnte, was er als nächstes fragen sollte.
»Die Ermittlungen sind aber immerhin ein gutes Stück vorangekommen«, sagte Timmerman. »Wir haben von den Nachbarn eine genaue Beschreibung des Killers, und sein DNA-Profil wird sich aus den Haaren, die man in der Wohnung gefunden hat, feststellen lassen. Und wir hatten auch Glück: Der Mann hat in der Wohnung eine Art Tagebuchzurückgelassen. Es wird gerade von dem führenden Kriminalpsychologen Hollands, Kris Bruijn, geprüft, also zusätzlich zu den Untersuchungen bei uns. Wir kennen auch schon den Namen des Mannes – Eamon O’Donnell –, und wahrscheinlich war Mary Cash seine Schwester. Fotos haben wir in der Wohnung nicht gefunden, aber wir suchen gerade in Nordirland danach; da wir jetzt den Namen haben, müßte das schneller gelingen.«
»Was steht da drin … in dem Tagebuch? Ist der Mann ein religiöser Fanatiker?«
»Ich weiß nicht, aber voll bei Verstand ist er sicherlich nicht«, schnaufte Timmerman. »Nur aus einigen Aufzeichnungen wird man überhaupt schlau, der größte Teil des Textes ist vollkommen … abartig. Aber Bruijn wird sicher auch darin etwas herausfinden. Er arbeitet im Gefängniskrankenhaus als Kriminalpsychologe und hat untersucht …«, Timmerman verstummte, dachte einen Augenblick nach und holte einen Stapel Blätter aus seiner Tasche, »… die Verknüpfung von Gewaltverbrechen, die von psychisch kranken Patienten begangen wurden, mit deren Kindheit und Jugend. Morgen früh um sieben wirst du mehr hören. Die Zeit ist jetzt rationiert, dieser Fall interessiert alle. Wir spüren auch schon den Atem von Gijs de Vries, dem Antiterrorkoordinator der EU, im Nacken, und das Lagezentrum der EU macht gleichfalls Druck«, sagte der Holländer, trank den Rest seines Bieres aus und wünschte seinem Kollegen eine zwar kurze, aber gute Nacht.
Ratamo holte sich vom Tresen ein zweites Bier in der Hoffnung, daß er davon müde würde und gut schlafen könnte. Eine Menge Fragen schwirrte ihm durch den Kopf, und vieles war äußerst verwunderlich: ein schwer geistesgestörter Mörder, einer der einflußreichsten Industriebosse der Welt, eine Organisation von Ökoterroristen und der Sohn der Verteidigungsministerin. Gut, daß er diese Ermittlungennicht leiten mußte, sie schienen bedrohlicher zu sein als
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