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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Heizkörper, wickelte die ganze Kette um ihre Beine und ließ das Schloß zuschnappen. Dann trat er die auf den Fußboden gefallenen Kerzen aus und auch ein Dielenbrett, das schon geschwelt hatte. Die Haare des Boten sahen so rot aus wie nie zuvor, überlegte Ezrael, als er vergeblich den Puls am Handgelenk und am Hals des Boten suchte, der in seinem eigenen Blut lag. Plötzlich schien alles klar zu sein. Jetzt war er sich vollkommen sicher, daß der Auftrag beendet war: Deswegen hatte man den Boten beseitigt. Er durchsuchte schnell die Taschen der Toten, fand die Dosen mit den Pillen aber erst, als er auch in ihrer Handtasche wühlte.
    Die Polizei konnte jeden Augenblick erscheinen, also bereitete sich Ezrael schnell, aber sorgfältig darauf vor, die Kirche zu verlassen. Auch das hatten sie trainiert. Schließlich zog er Sachen an, die auch die Sünder trugen, und holte aus dem Schrank einen fertig gepackten Rucksack.
    Als alles bereit war, befreite er den Engel der Offenbarung und packte ihn so fest an der Schulter, daß der Engel aufschrie. Eile war geboten. Sie rannten hinunter in den Keller, wo Ezrael mit der Zange das schwache Vorhängeschloß einer Kellerbox öffnete, einen Vorschlaghammer nahm, der am Maschendraht lehnte, und damit auf den Betonfußboden des Kellergangs schlug. Nach dem fünften Schlag zeigten sich Risse im Boden, nach dem zehnten zerbrach er, und nach zwanzig Schlägen fielen die Betonbrocken irgendwohin.
    Ezrael holte aus seinem Rucksack zwei Taschenlampen, gab eine dem Engel der Offenbarung und befahl ihm, vor ihm in die Dunkelheit hinabzusteigen. Sie krochen ein paar Meter auf Knien durch den engen Tunnel, bis Ezrael Metall unter seinen Händen spürte. Er schob den schweren Kanalisationsdeckel beiseite, und das Paar ließ sich in die Feuchtigkeit hinab. Es begann eine lange Wanderung.
    Wegen des Gestanks im Kanalisationstunnel mußte sich Ulrike zweimal übergeben, dann holte Ezrael Verbandsmull aus seinem Rucksack und zeigte ihr, wie sie diesen vor Mund und Nase halten sollte. Ezrael schien den Weg auswendig zu kennen, nicht einmal an den Abzweigungen im Kanalisationsnetz zögerte er.
    Schließlich blieb Ezrael stehen, hob die Hände, und ein schwerer Metalldeckel klirrte auf den Asphalt. Sie kletterten hinaus auf einen von Wohnhäusern umgebenen Innenhof, rannten zur Tür des nächstgelegenen Hauses, gingen hinein und stiegen in den Keller hinunter. Ezrael öffnete die Tür der Sicherheitswohnung und schob den Engel der Offenbarung mit solcher Wucht in den ehemaligen Kesselraum, daß er auf den feuchten Betonfußboden fiel. Eine nackte Glühbirne leuchtete auf und erhellte den kargen Raum, dessen einziger Komfort in einem verrosteten Wasserhahn bestand.
    Im selben Augenblick, als die Tür zufiel, wurde Ezrael klar, daß er sein Evangelium auf dem Altartisch seiner Kirche vergessen hatte. Er hatte von allen möglichen Fehlern den schlimmsten begangen, denn das Evangelium wies den Weg zu ihm.
»Und wer ein Dankopfer dem HERRN tun will … von Rindern oder Schafen, das soll ohne Gebrechen sein, daß es angenehm sei; es soll keinen Fehl haben.«

30
    Ratamo schaute auf die bunten Tulpenfelder, die endlose holländische Ebene und die Silhouetten der Windmühlen und wünschte sich, er könnte seine Ohren verschließen. Die Taxifahrt vom Flughafen Schiphol nach Den Haag zusammen mit Lasse Nordman schien eine Ewigkeit zu dauern, der Mann redete unablässig, oder besser gesagt, er prahlte. Ratamo hatte sich die fanatischen Ergüsse Nordmans schon während des ganzen Fluges anhören müssen. Von Final Action oder Ulrike Berger sagte er keinen Mucks, aber über die Leistungen seiner kriegerischen Vorfahren hielt er mit solchem Pathos Vorträge, daß Ratamo am liebsten unter die Dusche gegangen wäre, um sich den Gestank von Pulver und Blei und Tod abzuspülen.
    Als Ratamo sich an die Worte von Irene Tuomarila erinnerte, wurde Nordmans selbstsicheres Geschwätz zum gedämpften Rauschen im Hintergrund.
»Er hat in der französischen Botschaft gearbeitet …«
Diese neue Information über seinen leiblichen Vater weckte seine Neugier. In der französischen Botschaft hatten sicherlich nicht viele Finnen gearbeitet. Oder doch? Ratamo wußte, daß er es nicht dabei belassen würde, er wollte versuchen herauszufinden, wen Irene gemeint hatte.
    Das Taxi bog ab und näherte sich dem Zentrum von DenHaag. Die orangefarbene Abendsonne schien in den großen Park, in dem die Enten am Teichrand auf einem Bein

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