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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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und das erste Stück einer mit Hackfleisch und Reis gefüllten Paprikaschote verschwand in seinem backofengroßen Mund. Er streute Salz auf sein dunkles Dreher-Bier, wartete darauf, daß es schäumte, und kostete dabei das gewürzte, grobe Pogács-Brot. Das schmeckte zu dem dunklen Bier am besten. Außer sonntags aß er immer im »Alföldi«. Hier waren die Portionen so reichlich, daß auch ein Mann seiner Größe satt wurde. Und die Preise waren nicht schwindelerregend. Allerdings bezahlte er ohnehin nicht für das Essen, die Gaststätte gehörte seiner Schwester Anna. Er aß hier, weil es genauso schmeckte wie in seiner Kindheit zu Hause und weil er in seinem jetzigen Zuhause keinen Augenblick Ruhe hatte. Dafür sorgten vier Knirpse im Vorschulalter. Zudem lag das »Alföldi« so, daß man es vom »Krešatik«-Büro in der Váci utca bequem zu Fuß erreichte.
    Die Gabel fiel klirrend auf den mit Tierbildern geschmückten Keramikteller, als sein Handy laut schrillte.Mike Mitrano wollte wissen, ob der letzte Frauentransport geklappt hatte. Das Gespräch dauerte nicht lange: Die Peitsche von Pest lieferte immer, was sie versprach.
    Die amerikanische Familie Mitrano war Horváts Kooperationspartner in den USA und noch viel mehr als das: Sie war seine Fahrkarte zum Ruhm. Horvát lieferte die »professionellen Frauen«, die von der riesigen amerikanischen Organisation bestellt wurden. Er verhandelte direkt mit dem Chef der Familie, mit Mike Mitrano. Die Frauen wurden nach New Jersey gebracht und von dort an Casinos, Stripteaseclubs, Begleitservices und Bordelle überall in den Staaten verteilt. Die Familie Mitrano war ein perfekter Kooperationspartner: Die Yankees besaßen eine stets gefüllte Geldtruhe, und am erfreulichsten war, daß sie die künftigen Lieferungen von Mädchen sichern wollten, indem sie seine Machtübernahme bei »Krešatik« und in Budapest unterstützten. Als Gegenleistung hatte Horvát versprochen, seine Mädchen nur an Mitrano zu verkaufen.
    »Krešatik« galt als einer der größten Mädchenhändler in der Welt, und Horvát war in der Organisation für diesen Geschäftsbereich verantwortlich. Wie aus einem Füllhorn würde das Geld in seine Taschen fließen, sobald er die Ukrainer, die bisher den Gewinn einstrichen, losgeworden war. Er wollte »Krešatik« unter seine Kontrolle bringen und zu einer ungarischen Organisation machen.
    Ein deutschsprechendes Ehepaar hatte die einzigen freien Plätze im Restaurant an Horváts Ecktisch entdeckt. Der kleine, dicke Mann hängte seine Kameratasche an die Stuhllehne und fragte beiläufig, ob die Plätze frei seien. Horvát legte sein Besteck auf den Teller, richtete seinen riesigen Oberkörper auf und verzog die schmalen Lippen zu einem Lächeln, das seine dunklen Zähne entblößte. Der Mann verschwand sofort. Touristen zu ärgern war Horváts Lieblingsbeschäftigung, obwohl er eigentlich nichts gegen sie hatte.
    Als ihm einmal mehr seine Geschäfte durch den Kopf gingen, verfluchte Horvát die Europäische Union. Die Umwandlung von »Krešatik« in eine ungarische Organisation genügte ihm nicht. Er wollte auch den Beitritt Ungarns zur Union verhindern. Wenn sein Land wirklich Mitglied wurde, flossen die Gewinne der kriminellen Organisationen und auch die aus dem legalen Geschäftsleben ins Ausland ab. Ungarn wäre wieder die gemolkene Kuh einer Supermacht: Diesmal hätte die Machtzentrale ihren Sitz nicht in Moskau, sondern in Brüssel. Es durfte auf keinen Fall zugelassen werden, daß Ungarn der Union beitrat.
    Doch der Zug, der Ungarn in die EU brachte, rollte schnaufend weiter, und das mit einer Gewißheit, die unerträglich war. Die ungarischen Vorbereitungen für den Beitritt verliefen nach Auffassung der EU ausgezeichnet. Das Land erfüllte die politischen Kriterien und wurde für eine funktionierende Marktwirtschaft gehalten. Auf dem Gebiet der Gesetzgebung und auch der Landwirtschaft war Ungarn nach Meinung der Kommission auf dem Weg in die gewünschte Richtung.
    Horvát hatte sich etwas ausgedacht, um die Ukrainer loszuwerden und zugleich die Beitrittsverhandlungen Ungarns zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Im Juli hatte er der EU-Kommission Informationen zugespielt, die sie zwingen würden, den Aufnahmeantrag Ungarns neu zu überdenken. Man mußte den Lauf der Dinge beeinflussen, bevor die Beitrittsverhandlungen abgeschlossen wurden und die Kommission ihren Vorschlag für einen Beschluß vorlegte und bevor das Europäische Parlament,

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