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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Austausch von Neuigkeiten dauerte nicht lange. Sie trafen sich ziemlich oft. Anna gab ihrem Bruder einen Kuß auf die Stirn und ging wieder an ihre Arbeit.
    Horváts Handy schrillte erneut, er stieß zischend ein paar Flüche aus, die von Kaffeespritzern begleitet wurden. Es war Zeit, daß er endlich lernte, wie man die Lautstärke des Teils einstellte.
    Der Anrufer berichtete, Zoran Jugović wäre gerade dabei, Drina die Leviten zu lesen. Horváts Männer hörten die Gespräche von Jugović ab. Vor geraumer Zeit hatten sie ein speziell präpariertes Ladegerät für Handys in die Wohnung des Serben gebracht. Damit war ein Programm auf das Handy von Jugović geladen worden, das es ermöglichte, die Gespräche abzuhören. Horváts Männer überwachten auch, mit wem sich Jugović traf. So wie die Ukrainer mußte er auch den Serben loswerden.
    Horvát drückte die Taste mit dem roten Hörer. Seine gestrige überraschende Visite bei Jugović führte also zum gewünschten Ergebnis. Er hatte erreicht, daß der Serbe seinen nachlässigen Schützling Drina auf Vordermann brachte. Eine Pfuscherei wie in Sevilla durfte sich nicht wiederholen. Dank der Morde an den Kommissaren, die Jugović heimlich organisierte, würde er auch den Serben aus »Krešatik« entfernen können.
    Ihm war es recht, daß Jugović und Drina auch die restlichen Morde ausführen würden. Er mußte lachen, weil Jugović ihn nicht einmal verdächtigte, etwas von dem Auftragfür die Morde an den Kommissaren zu wissen. Der Serbe glaubte ihn hinters Licht zu führen, obwohl er, Horvát, es war, der den kleinen Mann wie einen Pudel in der Hundeausstellung vorführte. Mit seinem Versuch, im Alleingang und an der Kasse von »Krešatik« vorbei Geld zu verdienen, verwirklichte Jugović einen wichtigen Teil von Horváts Plänen. Er würde Jugović und Drina sofort nach dem letzten Mord verraten und die beiden lieben Kollegen ins Jenseits befördern. Und das wichtigste war, daß er das Honorar von Jugović kassieren würde.
    Er konnte den Serben nicht leiden. Jugović wirkte in verdächtiger Weise weibisch, es war ein Wunder, daß der Mann den Krieg überlebt hatte. Plötzlich fiel ihm ein, wie jemand gesagt hatte, Jugović sei so fraulich, daß er sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen hätte, wenn sein Lohn dann nicht um die Hälfte gesunken wäre. Er mußte immer noch über den Scherz lachen.
    Horvát rülpste so laut, daß es durch die ganze Gaststätte schallte. Anna hörte das Zeichen der Höflichkeit und winkte ihm von der Küchentür zu.
    Nur eins bereitete Horvát Sorgen: Er wußte immer noch nicht, wer die Morde an den Kommissaren bestellt hatte. Und zu welchem Zweck. Das war jedoch eine Nebensache. Nach dem Tod von Jugović und Drina und nach der Vertreibung der Ukrainer aus Budapest durch die Behörden würde »Krešatik« ihm gehören.
    Die Peitsche von Pest war schlauer als Jugović, Mitrano und die Ukrainer.

19
    »… Iron like a lion in Zion …« Bob Marleys Reime erklangen aus den Lautsprechern der uralten Stereoanlage des VW-Käfers. Ratamo warf einen Blick zu Nelli, die auf dem Beifahrersitzihren Oberkörper im Rhythmus der Musik auf und nieder bewegte. Sie kamen vom Zahnarzt. Für Nelli war das immer eine Art Folter; sie ließ sich nur von ihrer Patentante Tuula im Mund herumfummeln. Ratamo hatte Appetit auf einen Priem, wollte aber nicht vor Nelli mit dem Kautabak hantieren. Er streckte die Hand aus und griff in die Bonbontüte seiner Tochter.
    Auch Ratamo war vor dem Zahnarztbesuch nervös gewesen. Wenn die Ärztin Löcher gefunden hätte, dann wären viele neue Diskussionen die Folge gewesen: Muß denn das Bohren sein? Und: Wie schlimm ist die Betäubungsspritze? Die Angst des Kindes vor dem Zahnarzt hatte sich nicht gelegt, obwohl das Mädchen nach dem Schulanfang in atemberaubendem Tempo herangewachsen war. Es tat gut, für Nelli ein Vater zu sein, der Sicherheit gab. Ratamo überlegte, warum er schon jetzt Angst vor der Zeit hatte, in der sich seine Rolle ändern würde, in der er vom bewunderten und allmächtigen Vater zum Spaßverderber wurde, der darüber wachte, wann sie nach Hause kam und mit welchen Jungs sie befreundet war. Fürchtete er den Wechsel vom Kinderkanal zu MTV, oder hatte er Angst, daß er nicht imstande wäre, den Kontakt zu seiner Tochter aufrechtzuerhalten? Als Nelli noch ein kleines Kind war, hatten sie ein bemerkenswert enges Verhältnis zueinander. Das Mädchen beruhigte sich sofort, sobald der Vater sie auf

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