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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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anderes Dokument verpflichtet, Anna Halberstams Testament nur zu vollstrecken, wenn sie von eigener Hand stirbt. Natürlich verstößt das Vorgehen des Anwalts gegen ethische Grundsätze, weiß der Himmel, aus welcher Kloake sich Anna Halberstam den Mann geangelt hat.«
    Die Polizisten saßen eine Weile schweigend da. Bei diesen Ermittlungen gab es trostlos viele abartige Einzelheiten, überlegte Ratamo gerade, als sein Telefon klingelte. Er blickte Brauer fragend an, der ihn mit einem Nicken aufforderte, das Gespräch anzunehmen.
    Saara Lukkari hörte sich verärgert an. »Ich habe die deutsche Botschaft in Helsinki angerufen, weil diese Informationen über Berningers Krankheiten und Medikamente immer noch nicht gekommen sind. Man hat mir gesagt, daß sie dir die Daten schon am Montag gefaxt haben.«
    »Das kann nicht stimmen«, erwiderte Ratamo, er hatte alle Unterlagen in seinem Zimmer durchgekramt.
    Seine Kollegin setzte Ratamo noch eine Weile zu und erzählte dann, daß Berninger keine Betablocker per Rezept verordnet worden waren. Die beiden SUPO-Mitarbeiter überlegten, ob der Diplomat in Vorbereitung auf das Treffen mit Sami Rossi selbst die Symptome eines Anfalls herbeigeführt hatte.
    Ratamo fragte kurz, was es sonst noch Neues gab. Das verschwundene Fax lag ihm auf der Seele.
    »Hier gibt es nur noch wenig zu tun. Berningers Mörder kennen wir. Tero Söderholm ist in Haft, und es sieht so aus, als wußte Sami Rossi tatsächlich vorher nichts von dem Mord an Berninger«, erzählte Saara Lukkari. Sie versprach, ihn abends wieder anzurufen, und damit endete das Gespräch.
    Als die Polizisten die Maßnahmen für die Suche nachForster vereinbart hatten, tauschten sie ihre Kontaktdaten aus, und dann beendete Brauer die Besprechung und forderte seine Kollegen auf, um neun Uhr abends wieder in der Adickesallee zu sein.
    Die Polizei befand sich gegenüber Sabine Halberstam und Saul Agron im Vorteil, überlegte Ratamo, während er die Treppen des modernen Polizeigebäudes hinunterging. Sie brauchte nur Laura Rossi zu folgen, um Konrad Forster und das Testament zu finden. Im selben Moment wurde ihm allerdings wieder klar, daß die Killer genauso vorgehen könnten, und sogleich machte er sich noch mehr Sorgen um Laura. Ihr Begleitschutz bestand nur aus einem Polizisten.
    46
    Die sengende Sonne kannte keine Gnade, als Masilo Magadla um zwei Uhr nachmittags einen steilen Pfad hinaufstieg, der von Seckbach im Nordosten Frankfurts zum Gipfel des Lohrbergs führte. Sein Atem pfiff, der Schweiß lief in Strömen, die Milchsäure ließ die Beinmuskulatur steif werden, und der Durst plagte ihn; für einen Tropfen Wasser hätte er seine Shorts verkauft. Lebte er schon so lange im Norden, daß er die Hitze nicht mehr vertrug, oder zehrten die HIV-Medikamente an seinen Kräften? Warum zum Teufel wollte sich Wim de Lange an einem derart abgelegenen Ort mit ihm treffen? Sein Gedankengang wurde unterbrochen, als ihm aus irgendeiner Brauerei in der Nähe ein starker Maische-Geruch in die Nase stieg, und er sah ein eiskaltes, beschlagenes Glas Bier vor sich. Sein Ächzen ging in der weiten Postkartenlandschaft unter.
    Der letzte Anruf des Kopfes der Operation zur Eroberung von H & S Pharma hatte Magadlas Geduld auf eine sehr harte Probe gestellt. Jetzt machte ihm Nelson Vorwürfewegen Eero Ojalas Tod. Anscheinend war der Mann nicht fähig, eigene Fehler einzugestehen, überlegte Magadla erbost. Viel zu spät hatte Nelson ihm von Sami Rossis und Konrad Forsters Zusammenarbeit berichtet. Natürlich hatte auch Wim de Langes Sicherungsgruppe im Garten Giardino Guisti versagt, aber vielleicht wäre das ganze Treffen zu vermeiden gewesen, wenn Nelson seine Informationen eher herausgerückt hätte.
    Diese Geheimniskrämerei machte ihn allmählich zornig. Es wunderte ihn auch, daß Nelson nicht mehr damit drohte, die ganze Operation abzubrechen, obwohl es fast täglich neue Tote gab. War Nelson jetzt gierig geworden, oder änderte er seine Grundsätze entsprechend der jeweiligen Situation?
    Ein elegant gekleidetes Paar mittleren Alters kam den Hügel herunter, ging ein paar Meter entfernt an ihm vorbei und lächelte automatisch. Magadla hatte sich schon während seines Studiums in Schweden daran gewöhnt, daß die Menschen im Norden oft nur deswegen Freundlichkeit zeigten, weil es so üblich war. Das gehörte zu den Verhaltensweisen in den westlichen Ländern. War es der Wohlstand, der die echte Lebensfreude der Menschen abtötete, oder die

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