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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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das Immunsystem der Mäuse. Die Tiere starben, auch die Individuen, die gegen die Mäusepocken resistent waren, und ebenso über die Hälfte der gegen den Virus geimpften Versuchstiere. Abschließend faßte Ratamo zusammen: »Durch eine ähnliche Veränderung an einem für den Menschen tödlichen Virus könnte eine Superwaffe entstehen, die sich leicht ausbreiten würde und gegen die Impfungen nicht wirken. Leider ist die Manipulierung von Viren heutzutage in der Gentechnologie etwas Alltägliches, sie wird jeden Tag in Hunderten Labors vorgenommen.«
    »Existieren solche Waffen schon?« fragte Saara Lukkari verwirrt.
    Ratamo hob die Arme. »Die Russen haben einige genmanipulierte Bakterien- und Virusstämme, und auch die Institute der US-Armee haben solche Stämme entwickelt.«
    »Fallen dir noch andere Szenarien ein?« Wrede schien echt neugierig zu sein.
    »Jede Menge. Der Tarnkappen-Virus zum Beispiel, eine Genkombination, die am Erbgut des Opfers andockt und später mit einem Signal ausgelöst werden kann. Oder eineethnische Massenvernichtungswaffe, die Rassen beziehungsweise Volksgruppen erkennt …«
    Ratamo wurde mitten im Satz unterbrochen, als der Ermittler Loponen mit wehendem Hawaiihemd hereinplatzte. Erbost drehte sich Wrede um und befahl ihm, endlich zu lernen, wie man anklopft. Loponen verteilte Blätter an seine Kollegen. »Sami Rossi wurde aus der Untersuchungshaft entlassen. Die Jungs vom kriminaltechnischen Labor sagen, daß die aufgezeichneten Bilder auf der CD echt sind.«
    »Ist das seiner Frau mitgeteilt worden?« fragte der Schotte Loponen.
    »Ach, Laura Rossi?«
    Wrede verlor langsam die Geduld. »Hallo, Loponen. Wie viele Ehefrauen hat dieser Rossi?«
    Loponen murmelte etwas und verschwand, ohne weitere Befehle abzuwarten.
    Der Schotte warf einen Blick auf die Uhr. »So … Na dann wollen wir mal feiern gehen.«
     
    »Love me tender, love me sweet …«
Ein Mann in einem mit Fransen, Nieten und Pailletten geschmückten Elvis-Anzug sorgte in der Karaoke-Ecke des Restaurants »Kantis« für Stimmung. Der Bauch des Imitators wölbte sich schlimmer als beim echten Elvis 1976 in Las Vegas. Der untersetzte Mann hielt sich dann und wann den Rücken und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht, das von der dichten schwarzen Perücke, der riesigen Sonnenbrille mit Metallgestell und den Koteletten, die so dick wie ein griechischer Hirtenteppich waren, halb verdeckt wurde.
    Jussi Ketonen wippte am Mikrofon im Takt der Musik, nie zuvor hatte er sich so sehr geschämt. Nur eins tröstete ihn: Niemand wußte, wer er war. Der Hüftschwung gelang ihm nicht, weil sein Rücken so verdammt schmerzte.
    Der Auftritt endete mit gewaltigem Applaus, allerdings galt der nicht Jussi Ketonens Stimme. Seine Kleidung und seine Interpretation hatten die Männer und Frauen vom Fach beeindruckt.
    Die mit Sternnieten verzierten Hosenbeine Ketonens, die so groß wie Focksegel waren, schlackerten, als er zum Bartresen eilte, nach dem Bierglas griff, das ihm Pekka Sotamaa reichte, und einen Wodka mit Wasser bestellte. Es war wirklich nicht alles in Ordnung.
    »Die besten Elvis-Imitatoren verdienen bei den Yankees angeblich Millionen. Ein ziemlich guter Nebenverdienst für einen Rentner, oder?« spottete Ratamo. Der Blick seines Chefs brannte trotz der Sonnenbrille wie Feuer.
    Ketonen fluchte im stillen. Warum nur war er mitgegangen, als Ratamo ihn abgeholt hatte? Ihm hätte doch klar sein müssen, weshalb es bei ihm sechs Tage vor seiner Hochzeit nachts um halb elf klingelte. Er fürchtete, ein Fotograf einer Abendzeitung könnte auftauchen. Das war garantiert das erstemal in der Geschichte, daß ein Chef der finnischen Sicherheitspolizei seinen Polterabend als Elvis verkleidet in einer Kneipe verbrachte. Ketonen trank seinen Wodka aus und entnahm den getrübten Blicken seiner Mitarbeiter, daß er hier nicht mehr gebraucht wurde. Er sagte Ratamo Bescheid, daß er gehen wollte, und bestellte ein Taxi.
    »Elvis has left the building«,
rief Ratamo ihm nach, und zwar so laut, daß Ketonen es ganz bestimmt hörte. Ein gutgelaunter und wohlbeleibter Stammgast setzte sich neben Ratamo auf den vorgewärmten Barhocker.
    Ratamo schaute sich suchend nach seinen Kollegen um: Loponen und Sotamaa spielten am Automaten Poker, Saara Lukkari unterhielt sich neben dem Kamin mit irgend jemandem, und Mikko Piirala langweilte mit seinen Geschichten die tollste Frau im Lokal. Ratamo hätte am liebstenmit jemandem gewettet, wie lange die Schöne

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