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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Piiralas Redeflut, die sich wie ein Wasserfall über sie ergoß, aushalten würde, aber in der Nähe saß niemand außer Wrede. Der Schotte stützte sich mit aggressiver Miene auf den Bartresen und schien, nach der Anzahl der leeren Schnapsgläser zu urteilen, ins Nirwana einziehen zu wollen. Plötzlich blieb ein langer Kerl, der aussah wie ein Gewichtheber, neben Wrede stehen und bat ihn um Feuer. Der Schotte hielt seine rauchende Zigarette vor den Mund und blies auf die Glut, daß die Funken sprühten. Es kam zu einem Wortgefecht.
    Ratamo wandte sich seinem Nebenmann zu. »Hast du jemals vom Darwin-Preis gehört?« fragte er. Der Schluckspecht schüttelte den Kopf. »Ein irakischer Terrorist hat ihn erhalten, als er zu wenig Marken auf eine Briefbombe klebte, das Paket zurückerhielt, öffnete und sich selbst in die Luft sprengte.« Ratamo schaffte es, daß sein neuer Bekannter lächelte.
    »Der Darwin-Preis wird an jemanden vergeben, der den Genpool der Menschheit verbessert, indem er seine eigenen Gene daraus entfernt«, fuhr Ratamo fort. »Der Mann da mit den roten Haaren ist nur einen Schlag von dieser Ehre entfernt«, sagte Ratamo, als der Zweimetermann Wrede am Westover packte.
    28
    Sami war verschwunden, und Laura konnte nichts tun. Ihr Gesicht glühte, die Wangen kribbelten – das war die Angst. Sie wurde sich dessen mehr und mehr bewußt, bis ihr das Blut in den Kopf schoß und sie glaubte, vor Sorge zu versinken. Laura schob sich ein zweites Kissen unter den Kopf und starrte auf die hellgelbe Decke des Wohnzimmers.Fürchtete sie sich jetzt mehr als in Kraków? Dort mußte sie um ihr Leben kämpfen, das Adrenalin hatte sie vorwärtsgetrieben und die Panik verdrängt. Jetzt spürte sie eine nicht genau faßbare Atmosphäre der Bedrohung, die ihr durch Mark und Bein ging, wie bei der Lektüre der Krimis von Sven Westerberg, und ihre Kräfte reichten gerade mal, um den jeweiligen Augenblick zu überstehen. Zu Hause brauchte sie wenigstens nicht so zu tun, als sei sie stahlhart und eiskalt.
    Laura hatte sofort im Untersuchungsgefängnis in Vantaa angerufen, als die SUPO ihr vor etwa zwei Stunden Samis Entlassung mitgeteilt hatte, erfuhr dort aber nur, daß ihr Mann mit dem Taxi nach Hause gefahren war. Nun dauerte die fünfzehn Kilometer lange Fahrt schon zwei Stunden. Mit Kaffee und Schokoriegeln kämpfte Laura die zweite Nacht hintereinander darum, wach zu bleiben, erst jetzt, kurz vor Mitternacht, spürte sie die Müdigkeit. Wenn der neue Tag begann, würde sie Arto Ratamo anrufen. Der Mann hatte bei ihr einen kompetenten und sympathischen Eindruck hinterlassen.
    Laura stand auf und lief in ihrer Dreizimmerwohnung langsam von einem Raum in den anderen. Sie durfte nicht einschlafen. Auch der Küchentisch – die Renovierungsutensilien hatte sie fast alle weggeräumt – wartete darauf, daß Sami nach Hause kam: Beim Anblick des romantischen Dinnergedecks für zwei Personen mußte Laura schlucken. Die Kerze war heruntergebrannt, und die Blumen ließen schon die Köpfe hängen.
    Sie ging in den Flur, an der Tür stand ihr kleiner Koffer fertig gepackt, und die Farbdosen stanken. Warum mußte gerade sie so etwas ertragen? Warum verlief in ihrem Leben nie etwas so, wie es sollte? Warum waren sie und Sami in dieses krankhafte Durcheinander verwickelt worden, obwohl keiner von ihnen beiden etwas getan hatte, womiter die Fahrt auf dieser Achterbahn der Angst verdient hätte? Wie war es möglich, daß sich Anna so wenig um die Gefühle anderer Menschen scherte? Die Abscheu gegen Anna weckte in ihr die Lust auf Rache. Auch das machte ihr Sorgen.
    Als das Telefon klingelte, explodierte in ihrem Gehirn die Panik. War mit Sami alles in Ordnung? Sie riß den Hörer ans Ohr und krächzte »Hallo«.
    »Endlich. Ich habe heute tagsüber schon etliche Male angerufen«, knurrte Eeva. »Ich habe …«
    Die Enttäuschung trübte Lauras Denken. Sie war jetzt nicht imstande, alles zu erzählen. Eeva könnte ihr ohnehin nicht helfen. »Du, ich muß gerade los, ich melde mich später. Entschuldige, ich kann jetzt nicht …«, sie beendete das Gespräch mitten im Satz und sank auf den Stuhl neben dem Küchentisch.
    Laura hätte alles getan, um Sami zu sehen, bevor sie zum Flughafen fuhr. Irgend etwas Positives mußte geschehen. Sie brauchte einen Halt, der ihr Kraft gab. Etwas Alltägliches, Normales …
    Sie stieß den Becher voller Pinsel um, der auf dem Küchentisch stand, und schaute zu, wie die Holzoberfläche den indigoblauen

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