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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Verhaftung ihres Mannes, den Mordversuch, die Verwundung des Bruders … So viel Schlimmes widerfuhr den meisten Menschen in ihrem ganzen Leben nicht. Dennoch verwunderte Ratamo die Veränderung in Lauras Verhalten: Die willensstarke und selbstsichere Frau schien sich mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben. Möglicherweise hatteeinfach die Müdigkeit den Sieg davongetragen, vielleicht würde Laura am nächsten Morgen wieder ganz die alte sein.
    An der Piazza delle Erbe erblickte Ratamo den Arco della Costa, der zur Piazza dei Signori führte. Er hatte eben im Internet gelesen, daß nach einer alten Legende der an der Decke des Bogens befestigte Walknochen auf den ersten gerechten Menschen herabfallen würde, der unter dem Bogen hindurchschritt. Im Laufe der Jahrhunderte waren viele große Männer, Könige und Päpste umsonst unter dem Walknochen hindurchgegangen. Er mußte es einfach versuchen. Ratamo lief, den Kopf im Nacken, durch den Arco della Costa, aber das einzige, was er abbekam, waren die neugierigen Blicke der japanischen Touristen.
    Die Osteria »Tre Santi« fand sich in der Via San Alessio. In dem kleinen, sauberen Restaurant war kein einziger Tourist zu sehen, also gingen die beiden Finnen hinein. Ihr Gesicht erstarrte, als der Kellner herbeieilte. Die Augenbrauen des kahlköpfigen Mannes schienen mit Make-up auf der Haut aufgetragen zu sein. Er gestikulierte wie ein Kapellmeister und sprach kein Wort Englisch.
    Ratamo bestellte
Tagliatelle colli Euganei
und einen einheimischen Wein, einen Valpolicella. Laura wollte eine
Pasticcio di Pesce
.
    »Was tippst du?« fragte Ratamo Laura und nickte in Richtung des Kellners, der geschäftig am Kühlraum für den Wein hantierte.
    »Ein Transvestit, eine Drag Queen oder ein Crossdresser«, erwiderte Laura, ohne lange zu überlegen, und kaute auf dem Nagel des Ringfingers.
    Ratamo hatte keine Lust, zu fragen, was Crossdresser genau bedeutete. Er sah im Augenwinkel, wie ein gutgelaunter Italiener nebenan seinem Tischgefährten einen Blick zuwarf, sich am Ohrläppchen zupfte und lächelnd in Richtung des Kellners nickte. Weibisch – besagte diese Geste.Riitta hatte Ratamo Dutzende Handzeichen beigebracht, die bei den Italienern beliebt waren.
    Ratamo wollte zunächst das Dienstliche erledigen. »Zu den Ermittlungen nur soviel: Gestern in der SUPO warst du anscheinend nicht ganz ehrlich. Wir haben herausbekommen, daß du im Frühjahr mehrere Male mit Juha Hautala gesprochen hast.«
    Lauras Gesichtsausdruck schwankte zwischen Verärgerung und Widerwillen. »Juha hat mich ein paarmal angerufen, aber das bedeutet nicht unbedingt, daß ich mit ihm gesprochen habe. Wenn du schon weißt, daß er angerufen hat, dann kennst du bestimmt auch die Gesprächsdauer. Ich habe den Hörer jedesmal fast sofort aufgelegt, wenn ich die Stimme dieses Idioten erkannt habe. Der Kerl hatte von meiner Hochzeit gehört und versuchte nun irgend etwas Erbärmliches zu säuseln.
    Ratamo beschloß, später darauf zurückzukommen. Laura brauchte anscheinend wirklich Ruhe und eine Pause bei den Ermittlungen. In dem Moment brachte der Kellner, der anders als andere aussah, den Rotwein und goß Ratamo einen Tropfen zum Kosten ein. Der Valpolicella schmeckte mild und vollmundig, der Pflaumengeschmack war deutlich zu erkennen. Ratamo nickte dem Kellner zu.
    »Was denkst du über H & S Pharma?« fragte Laura überraschend.
    »Ein interessantes Unternehmen«, antwortete Ratamo, der bei dem Thema sofort Feuer fing. »Es wird mit seinen neuen Aids- und Malariamedikamenten Millionen machen. Diese Krankheiten bringen mehr Menschen um als Kriege. Das Tochterunternehmen Genefab ist allerdings noch interessanter. Wenn man etwas über die Zukunft der Biotechnik liest, weiß man heutzutage nicht mehr, ob man weinen oder lachen soll. Es scheint so, als würde der Mensch bald die Kontrolle über die Entwicklung verlieren.«
    »Wieso?«
    Ratamo erzählte von den Artikeln, die er im Hotel gelesen hatte. »Wenn der Bio- und Gentechnologie keinerlei Grenzen gesetzt werden, dann können die Wissenschaftler bald schreckliche Biowaffen entwickeln und die Tier- und Pflanzenwelt nach ihrem Willen manipulieren.« Er freute sich nicht gerade darauf, mit Wachstumshormonen des Stieres gezüchtete riesige Hühner oder eine Kreuzung von Schwein und Schaf zu sehen, die sowohl Schinken als auch Wolle lieferte. »Die Natur wird in den nächsten Jahrzehnten neu gebaut, und diesmal ist der Mensch der Ingenieur.«
    »Die

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