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Finns Welt - 01 - Finn released

Finns Welt - 01 - Finn released

Titel: Finns Welt - 01 - Finn released Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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den Lkws hindurch zum Gasthaus. Die Tür liegt in unserem Korridor, falls das überhaupt noch eine Rolle spielt. Die Essensausgabe allerdings nicht. Nur die Kaffeetheke. Ich setze mich auf einen Hocker. Lukas und Flo setzen sich neben mich. Hinter der Theke bedient ein junger Türke mit Gel in den Haaren und Sonnenbankbräune. Er heißt Ilkay Belözoğlu, was mir das Schildchen an seinem Polohemd verrät. Ich frage mich, ob es in Deutschland noch Angestellte gibt, die keine Namensschilder tragen müssen. Man sieht Ilkay an, dass er sich selbst sensationell sexy findet. Er flirtet mit einer jungen Frau, die an der Theke steht und Textnachrichten auf ihrem iPhone schreibt. Sie will nichts von ihm wissen, aber das merkt er nicht. Er nennt sie »schöne Lady«, als er ihr ihren Espresso serviert. Flo und ich nehmen einen Kakao, Lukas ein Wasser. Ilkay bedient uns schnell, damit er sich weiter der iPhone-Frau widmen kann.
    Lukas und Flo wirken fast erleichtert und selbst in meinen Kopf schleicht sich der Gedanke ein, wie es wäre, hier aufzugeben. Das liegt vor allem an dem Geruch nach Fritten und Fleisch, der von der Essenstheke herüberweht, an der wir uns aber nichts bestellen dürfen, weil eine unsichtbare Grenze sie von uns trennt. Eine Grenze, die wir selbst erfunden haben. Ich stelle mir die Frage, was wäre, wenn wir einfach aufhören würden, und frage mich im selben Moment, ob meinem Vater dieser Gedanke auch manchmal kommt. Lukas und Flo sitzen neben mir und starren stumm auf die Theke wie Cowboys in finsteren Western. Ilkay flirtet. »Haben Vivien und du eigentlich schon Sex?«, sagt Flo und sieht Lukas fragend an.
    Lukas, der gerade das Glas angesetzt hat, prustet Wasser aus. Ich richte mich auf und mache Augen wie Wagenräder.
    »Flo!«, sagt Lukas entsetzt wie eine Mutter, deren zweijährige Tochter das erste Mal »Scheiße!« sagt.
    »Wie kommst du denn plötzlich auf so was?«, frage ich mich verwundert. Flo redet selten über Mädchen.
    »Wir sind Männer und sitzen gerade an einer Bar. Ich denke, da fragt man so was«, meint er schulterzuckend.
    »Das ist keine Bar«, erwidert Lukas.
    »Ja, was denn sonst?« Flo haut mit der Hand auf den schwarzen Marmor.
    »Es gibt hier kein Bier, also ist es keine Bar«, sagt Lukas.
    »Du lenkst ab. Das deutet darauf hin, dass ihr noch keinen Sex hattet.«
    »Ich fass dir gleich wohin!«
    »Und ich geh jetzt an die Pommestheke«, sagt Flo und steht auf.
    »Ich komm mit«, sagt Lukas.
    Innerhalb einer Nanosekunde habe ich vergessen, dass ich das auch eben machen wollte, halte die beiden an den Ärmeln fest, zerre sie zu ihren Hockern zurück und frage: »Was soll das denn?« Sie gucken mich an, als hätten sie nur mal eben eine Auszeit nehmen wollen. »Ich kann echt nicht fassen, wie schnell ihr beide aufgebt. Der Fußballer und der Gameprofi. Ihr spielt neunzig Minuten plus Verlängerung plus Elfmeterschießen oder stundenlange Onlineschlachten, aber hier wollt ihr schon aufhören, wo noch gar nicht sicher ist, dass es wirklich hundertprozentig zu Ende ist?«
    »Aber sicher ist das sicher!«, sagt Lukas. »Unser Korridor führt mitten über die A 3. Ich habe Flo heute knapp davor bewahrt, vom ICE zerrissen zu werden. Denkst du, da gehe ich am Samstagmittag über die Autobahn?«
    »Ich weiß auch noch nicht, wie wir das Problem lösen können«, sage ich, »aber das weiß mein Vater auch nicht. Wenn der immer sagen würde, dass er aufgibt, weil es aussichtslos ist …«
    »Was hat denn dein Vater jetzt damit zu tun?«, fragt Flo verwundert.
    »Ach, nichts«, winke ich ab und schaue zu Ilkay. Er zwinkert der iPhone-Lady zu wie diese Typen, die bei Castingshows auftreten und sich selbst Checker nennen. Ich will jetzt doch nicht mehr aufgeben. Ich will daran glauben, dass es immer einen Weg gibt. Ich nippe an dem heißen Kakao und überlege.
    »Flo«, sage ich eine Minute später. »Nehmen wir an, das Ganze hier wäre wirklich ein Computerspiel-Adventure und du stehst in einer Sackgasse. Was würdest du machen?«
    Flo schiebt die Zunge über die Schneidezähne, denkt nach und sagt schließlich: »Ich würde mich umsehen und überlegen, was ich anstellen kann.«
    »Okay«, sage ich und beobachte Ilkay, wie er eine Flasche in die Luft wirft, hinter dem Rücken wieder auffängt und zur iPhone-Frau sieht, um Applaus zu erhalten. Die rollt mit den Augen. Ich denke laut und wende Flos Adventure-Logik an. »Was haben wir hier?«, frage ich. »Eine Autobahn, einen Rasthof zu

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