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Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Titel: Finns Welt - 02 - Finn reloaded Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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gepumpt.«
    Sophia unterbricht uns, indem sie mit einem ruhigen »Trrruuuum« die Insektengitterschiebetür an der Terrasse aufschiebt. »Florian! Wir haben einen Besucher, der raus möchte.«
    Flo rollt mit den Augen. »Einen Besucher?«, fragt Lukas.
    »Ja«, sagt Flo. Er hält Zeigefinger und Daumen knapp auseinander, als klemme dazwischen eine Erdnuss. »So ein winziger Besucher wahrscheinlich.« Das Wasser rauscht weiter in den Teich. In Australien blubbert es im Brunnen. Wir folgen Flo ins Haus.
    Im Wohnzimmer steht Sophia, dünn wie ein Bambuszweig, und zeigt zum Regal. So wenig, wie Sophia wie eine Mutter aussieht, sieht das Wohnzimmer wie ein typisches Wohnzimmer aus. Sofa und Sessel sind ganz flach. Sie bestehen aus rechteckigen, weißen Polstern, die in glänzenden, schwarzen Gestellen liegen. Der Tisch ist kaum höher als der Knöchel eines erwachsenen Mannes. Zwei rote Kissen liegen davor. An der Wand hängt ein großes Bild, auf dem schwarze Wirbel vor grünem, blauem und gelbem Hintergrund zu sehen sind. Auf den wenigen Regalen stehen helle Vasen ohne Blumen darin und in ihrer Mitte eine kleine Figur von Buddha als friedlichem, dickem Mann, der im Schneidersitz meditiert. Da er eine Statue ist, stört ihn beim Meditieren nicht mal die Fliege, die sich gerade auf seine Nase gesetzt hat.
    »Da ist der Besucher«, sagt Sophia und Flo läuft in die Küche, als mache er so was hundertmal am Tag. Er kehrt mit einem Glas und einer Postkarte zurück. Die Fliege ahnt, dass sie gefangen werden soll, stößt sich von der Buddhanase ab und summt durch den Raum. Bei Sophia muss jedes Tier lebendig aus dem Haus gebracht werden, und sei es noch so klein. Sie sagt immer, wir seien alle die Kinder von Mutter Erde und eine Fliege oder eine Ameise könnten nichts dafür, als Insekt wiedergeboren worden zu sein. Flo rennt nun nicht etwa wild hinter der Fliege her, sondern hockt sich ganz ruhig auf den niedrigen Sessel, Glas und Postkarte in der Hand. Sein Körper muss sich nicht mal bewegen, denn es ist alles eine Sache der Augen. Die rasten auf der summenden Fliege ein – und bleiben ab diesem Moment an ihr dran! Es ist Wahnsinn. Es sieht aus, als sei Flo ein Chamäleon, das auf dem Sessel hockt und der Fliege mit seinen riesigen 360-Grad-Augen folgt. Flo, das Chamäleon, lässt die Fliege keine Sekunde lang aus den Augen. Sie schlägt so viele Haken, dass ich sie nur ab und zu sehe, aber Flo verfolgt ihre komplette Flugbahn. Er gewinnt ja auch schon jede Bildschirmschlacht mit tausend Figuren, wenn ich noch nicht mal den Mauszeiger gefunden habe. Irgendwann ist die Fliege müde und setzt sich hin. Dieses Mal flach an die Wand. Flo gleitet vom Sessel, schleicht sich an und hält das Glas so, dass es nicht im Sichtfeld der Fliege ist. Dann stülpt er es in einer Millisekunde über »den Besucher«. Er schiebt die Postkarte drunter, hält die Hand drauf und nimmt das Glas von der Wand. Mit nervösem »Summplink! Summplink!« schwirrt die Fliege im Glas herum und stößt sich den Schädel. Auf der Terrasse kommt sie schließlich frei.
    »Danke, mein Schatz«, sagt Sophia, nimmt Flo das Glas und die Karte ab und schaut in den Himmel, als sehe sie dem Tier nach. Dann bringt sie das Glas in die Küche zurück.
    »Ich bin beeindruckt«, sagt Lukas. »Ich sehe bei manchen schnellen Schüssen nicht mal einen großen Fußball und du kannst diese Fliege verfolgen.«
    »Das muss ein Mann übrigens auch können, wenn mal einer hier wohnt«, sagt Flo. »Wolfgang hat das gut gekonnt. Aber einmal, da saß eine Motte ganz ungünstig im Treppenhaus, links oben, wo man höchstens mit der Ausziehleiter drankommt. Da hat Wolfgang seinen Hausschuh ausgezogen und ihn als Wurfgeschoss benutzt. Ich musste voll lachen. Es sah komisch aus. Wir wussten nicht, dass Mama im Haus war. Sie kam in dem Moment die Treppe runter, als die zerfledderte Motte mit dem Pantoffel zu Boden fiel. Danach hat sie mit Wolfgang die halbe Nacht über den Wert des Lebens diskutiert. Ich meine das wörtlich. Ich habe das oben im Zimmer gehört. Das ging bis drei Uhr, bis beide vor Erschöpfung eingeschlafen sind.«
    Wir gehen zum Teich zurück, während Flo erzählt, und mein Blick fällt auf das Baumhausskelett, das Wolfgang nicht zu Ende bauen konnte. Der Teich ist wieder voll und Flo zieht den Schlauch raus.
    Lukas sagt: »Das heißt also, bei deiner Mutter muss ein Mann einerseits so stark sein wie ein Kämpfer, aber er darf andererseits keiner Fliege was zuleide

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