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Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Titel: Finns Welt - 02 - Finn reloaded Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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tun?«
    »Genau. Und er muss Ahnung von Kunst haben. Wisst ihr, von wem das Bild im Wohnzimmer ist?«
    »Nö.«
    »Seht ihr.«
    »Deswegen wollen wir heute Nachmittag ja auch noch dahin, wo die klugen Männer sind.«
    »Finn!«, ruft mich Sophia in der Terrassentür und zeigt auf das Haustelefon in ihrer Hand. »Deine Mutter hat durchgeklingelt. Das Essen ist fertig!«
    »Ich muss rüber«, sage ich. »Um drei Uhr?«
    Die beiden nicken.
    In Australien runzelt ein alter Mann die Stirn, als er ins Wasser blickt.
     
    Mein Opa sitzt bereits am Tisch. Mein Vater gießt Getränke ein und meine Mutter stellt den letzten dampfenden Topf auf den Tisch. Mein Vater ist ganz entspannt beim Eingießen, aber meine Mutter guckt so, als habe sie jetzt schon den Abwasch im Kopf und müsste noch heute Abend alleine das Dachgeschoss neu dämmen. So gucken alle Mütter, die ich kenne. Gehetzt und beschäftigt. Nur Sophia nicht. Mein Opa schaufelt sich und mir Kartoffeln auf den Teller und dann den Braten mit der schönen, dunklen, glitzernden Soße. Er hat eine tiefe Stimme, wie ein Sprecher von Kinderhörbüchern, und müsste ich ein Wort für ihn finden, das alles zusammenfasst, würde ich sagen: Mein Opa ist »besonnen«. Ich meine, ruhig und gelassen. Ich meine aber auch wörtlich: Er ist viel in der Sonne. Zu Hause auf dem Deich, bei kalter, salziger Meeresluft. Der Wind treibt ihm feine Tropfen aus der Gischt unter die Nase und er zieht seine Kapuze zurecht. Seine Haut ist gegerbt und hat die Farbe frischen Heus.
    »Wo gehen eigentlich die klugen Leute hin?«, frage ich in das Kauen meiner Eltern und meines Opas hinein.
    »Wie?«, fragt meine Mutter.
    »Haben wir Museen in der Nähe?«
    »Finn!«, sagt meine Mutter, legt ihr Besteck ab und schaut ganz kurz zu meinem Opa, als wenn der schlecht über sie denken könnte. »Wir waren doch mit dir schon oft im Museum. Das weißt du doch! Dieses tolle alte Schloss mit dem Kräutergarten draußen. Oder die wilde Insel mit den Betongebäuden im Urwald.«
    »Ich meine nicht so weit weg, dass man das Auto braucht. Ich meine, in der Stadt.«
    »Du kennst doch unsere Stadt, Finn. Was hast du vor?«
    Mein Opa legt meiner Mutter seine Hand auf den Unterarm und sieht mich an. »Fahr in die City zum Hauptbahnhof. Dann gehst du links den Ring runter, bis er eine Kurve macht. Du guckst dann auf einen großen Kasten mit viel Glas im Erdgeschoss und großer Wiese davor. Das ist das Museum.«
    Meine Mutter sieht meinen Opa an, als habe er mir das Rezept für geheime Bombenbrötchen verraten.
    »Sabine«, sagt er, »man lebt am friedlichsten, wenn man keine Hintergedanken vermutet.«
    Mein Vater hebt seine Gabel. »Bei deinem Enkel gibt es immer Hintergedanken, Kurt. Der erzählt den Leuten Geschichten, dass sie nicht mehr wissen, wo oben und unten ist.«
    Ich schlucke und versuche, mir nichts anmerken zu lassen. Das ist bei meinen Eltern schwieriger als bei anderen Menschen. Aber mein Vater redet nicht weiter. Er hat wohl nicht mitbekommen, dass Suzanne Myers bei ihm ein und aus geht. Er liest kein Twitter. Er hat nur den offiziellen Zeitungsartikel über die Eröffnung der Druckerei gelesen. Darin stand über das Gerücht kein Wort.
    Mein Opa sagt: »Also, ich merke das, wenn einer flunkert.« Er schaut mir in die Augen. »Warum fragst du nach einem Museum, Finn?«
    Ich antworte wahrheitsgemäß: »Lukas, Flo und ich wollen dahin, um einen Mann für Sophia zu finden. Einen klugen Mann. Er muss aber auch Bauchmuskeln haben.«
    »Siehst du«, sagt mein Vater zu meinem Opa und klopft mit den Handflächen neben den Teller auf den Tisch, »das ist wieder so eine Geschichte! Das hast du wahrscheinlich aus einem Film abgekupfert, oder, Finn? Biete Mutter – suche Vater. Lief der nicht neulich wieder auf Vox?«
    Mein Opa sieht mir in die Augen. Seine sind blaugrün, wie das Meer. Ich sehe es in ihnen rauschen. »Also, ich glaube, Finn spricht die Wahrheit«, sagt mein Opa.
    »Du musst noch viel lernen, Kurt«, sagt mein Vater.
     
    Um halb vier schleichen wir durch das Museum. Die aktuelle Ausstellung heißt Formen/Körper, genau so geschrieben, mit einem Schrägstrich zwischen den Worten. Überall stehen große Tiere aus Pappmachee, aber man kann nicht genau sagen, was sie darstellen sollen. Sie haben kein Gesicht. Es könnten Dinosaurier sein, aber dazu sind sie zu klein. Es könnten Nashörner sein, aber dazu sind sie zu groß. Ich glaube, man soll es nicht wissen. Man soll davor stehen und sich lange

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