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Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Titel: Finns Welt - 02 - Finn reloaded Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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am Kinn kratzen. Und das machen auch alle hier. Die Frauen und die Männer. Sie stehen vor so einem Tier, nennen wir es mal Dinohorn, und kratzen sich am Kinn. Die Männer sind alle winzig. Manche tragen Mäntel, obwohl wir noch Sommer haben. Sie rücken ihre Brillen zurecht, schauen auf das Dinohorn, lesen im Prospekt, schauen wieder auf das Dinohorn. Manche notieren sogar was. Und alle sind so klein, dass sie dem Dinohorn gerade mal bis zum Oberschenkel reichen.
    »Das darf doch nicht wahr sein«, sagt Flo. »Die starken Männer sind im Fitnessstudio, aber doof. Die klugen Männer sind im Museum, aber Zwerge. Entweder MASCULINITY oder MIND. Das ist zum Mäusemelken!«
    »Meinst du, man schrumpft, wenn man klug ist?«, fragt Lukas.
    »Es sieht nicht so klug aus, Minuten lang vor einem Triceratops zu stehen und zu gucken, als hätte man ihn noch nie gesehen«, sagt Flo.
    »Das ist kein Triceratops«, sage ich.
    »Was denn dann? Ein Nashorn?«
    Ich antworte nicht. Ein kleiner Mann im Mantel macht ein paar Schritte rückwärts, um Platz zwischen sich und das Dinohorn zu bringen. Dann streckt er den Arm aus, hält den Daumen vor sein Gesicht und kneift das linke Auge zusammen, als würde er etwas anpeilen.
    »Ich glaube, ich bin nicht klug genug für so was«, sagt Lukas. Dann sieht er sich um, da Flo und ich über seine Schulter starren, als wäre ein Riese hinter ihm aufgetaucht. Es ist tatsächlich ein Riese, jedenfalls im Vergleich zu den Männchen, die sonst hier rumlaufen. Ein großer Mann mit gepflegten Fingernägeln, der nicht riecht, eine sportliche Statur hat und mit tiefer, gelassener Stimme sagt: »Die Leute hier sind nicht klug, Jungs. Sie sind gebildet. Das ist ein Unterschied.«
    Lukas dreht sich um. Der Mann lächelt und hebt die Hände. »Ich heiße Leonard. Entschuldigt, dass ich euer Gespräch mitgehört habe.«
    Ich mag ihn, weil er das sagt. Die meisten Erwachsenen entschuldigen sich nicht für ihre Neugier. Sie rennen einfach ins Bad, während man auf dem Klo sitzt, als sei man eine Katze, die in ihrem Kasten scharrt. Leonard zeigt auf die Dinohörner und die anderen Museumsbesucher und sagt: »Klug ist der, der etwas erschafft. Diese Skulpturen zum Beispiel. Die Leute, die sich das dann anschauen und darüber was erzählen können, die sind gebildet.«
    Lukas sieht Flo und mich an und formt mit seinen Lippen lautlos die Worte: »Der gefällt mir!«
    Flo nickt. Leonard gefällt ihm auch.
    »Und warum peilt der kleine Mann da hinten die Skulptur über den Daumen an?«, frage ich.
    Leonard lacht. Es klingt schön tief, wie das Knarren in einem Schiffsrumpf. »Der ist weder klug noch gebildet«, sagt er. »Der post einfach nur rum!«
    Flo nestelt heimlich sein Smartphone aus der Tasche und sieht mich fragend an. Ich nicke. Leonard wäre ein guter Kandidat für Sophia, aber wir müssen jetzt den spontanen Musikgeschmackstest machen. Flo hat extra »Policy of Truth« von Depeche Mode auf sein Telefon gespielt und lässt es jetzt laufen, als wäre es sein Klingelton. Er hat es so laut eingestellt. Die Synthesizer dröhnen, das Schlagzeug stampft und der Sänger klagt. Der kleine Mann, der eben noch mit seinem Daumen gepeilt hat und weder klug noch gebildet ist, dreht sich um, lächelt und fängt an, sich seltsam zu verrenken. Ich glaube, es soll ein Tanz sein. Er kennt das Lied wohl gut. Als der Refrain einsetzt, singt er sogar mit und wedelt mit den Armen in der Luft herum. Ich werde rot, so sehr schäme ich mich für ihn. Leonard bleibt ruhig stehen, schaut auf Flos Telefon und rümpft die Nase, als sei er draußen in einen Hundehaufen getreten. Flo tut so, als ginge er ran, sagt: »Ja … nein … okay, bis später!«, und steckt das Telefon wieder in seine Tasche. Der kleine Mann hört auf zu tanzen, räuspert sich und geht weiter durch die Ausstellung.
    Leonard schüttelt den Kopf und sieht ihm nach. »Popmusik ist einfach nur peinlich«, sagt er.
    Flos Schultern sacken nach unten.
    Ich frage Leonard: »Was hören Sie denn gerne?«
    »Brahms«, antwortet er und das Wort klingt bei seiner tiefen Stimme wie das Tuten eines Nebelhorns. Als nähere sich ein Schiff an der Küste. Es ist noch eine Meile entfernt, der Leuchtturm lässt den Nieselregen glitzern und im Nebel tönt das Horn »Braaaaaaaaaaaaaaaaaaahms«.
    »Die klassische Musik ist die einzige Musik, die eines erwachsenen Menschen würdig ist«, sagt Leonard.
    Verdammt noch mal.
    Er hätte so gut zu Sophia gepasst.
    Ein Meter neunzig. Teure

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