Finns Welt - 02 - Finn reloaded
Bauchnabel freilassen. Lukas macht große Augen. Flo wird rot, diesmal ganz ohne Muckigerät.
Mein Herz klopft. Da sollen wir jetzt mitmachen?
»Oh, hallo!«, sagt Kirsten Dunst, »ihr seid die süßen Jungs, die mal Yoga probieren wollen?«
Bei »süße Jungs« verschluckt sich Flo und muss husten. Lukas verschluckt sich nicht. Er starrt Kirsten Dunst an, aber nicht ihr Gesicht, sondern den Aufdruck auf der Mitte ihres T-Shirts.
»Klar wollen wir!«, sage ich und reiche ihr die Hand. Sie lächelt und drückt sie. Ihre Haut ist ganz weich und zart. Ich drücke in meinem Kopf auf Pause und versuche, den Moment zu speichern. Es müsste im Gehirn ein Dateiformat dafür geben, ein Format für Bild und Gefühl, sodass ich es nie mehr vergesse. So wie: kirstens-zarte-hand.bug.
Ein paar Minuten später machen wir Yoga. Die Übungen haben Namen. Wir müssen uns wie eine Schlange platt hinlegen, die Handflächen auf den Boden drücken und dann Brust und Kopf heben. Das ist die »Kobra«. Danach sollen wir uns hinten auf die Fußballen stellen, uns vorne abstoßen und den Po so hoch in die Luft strecken, wie es nur geht. Das ist der »herabschauende Hund«. Lukas fällt das recht leicht. Mir tun die Arme weh. Und Flo lässt in dem Moment, wo sein Hintern oben ist, so unglaublich einen fahren, dass das Mädchen hinter ihm aufschreit und umfällt, als ob sie k. o. geschlagen worden wäre. Ihr Körper plumpst auf die Matte und sie hält sich die Hände vor das Gesicht. »Oh mein Gott!«, klagt sie.
Flo bleibt einen Augenblick starr im »herabschauenden Hund«, springt dann auf und rennt aus dem Raum. Lukas und ich folgen ihm. In der Umkleide holen wir ihn ein. Er lehnt an einem Spind und schüttelt den Kopf.
»Selbst Johnny Depp muss mal pupsen«, sagt Lukas und Flo lächelt schwach, weil er es nett findet, dass Lukas ihn jetzt tröstet, anstatt ihn aufzuziehen.
»Deine Mutter ahnt gar nicht, was wir alles für sie auf uns nehmen«, füge ich hinzu.
Männerstimmen nähern sich. Muskelkörper strömen in die Umkleide und öffnen ihre Spinde, um Duschsachen zu holen. Johnny Depp ist auch dabei. Er lächelt uns zu.
»Na ja«, sage ich, »es hat sich doch gelohnt.« Ich zeige zur Dusche. »Kommt, wir machen Johnny, äh, David, jetzt für deine Mama klar.«
Wir schlingen uns ein Handtuch um die Hüfte und gehen in Richtung Dusche. Unter dem rauschenden Wasser stehen die Kerle, die vor dem Spiegel Hanteln stemmen und ihre eigenen Arme streicheln. Die Makaken. Eine Menge Punkte bei MASCULINITY, aber höchstens 1 von 10 bei MIND. Sie schweigen, aber nicht, weil sie sich ihren Bizeps einseifen, sondern weil sie zuhören, was David erzählt! David, der bei MIND mal locker das Siebenfache von ihnen besitzt. Die kennen sich? Ich strecke den Arm aus, damit Lukas und Flo anhalten und wir unauffällig lauschen können.
David lacht gerade und verkündet der Männerrunde: »Ich habe eine Schnecke in jeder großen Stadt. Ein Mann braucht Abwechslung, oder?« Die Makaken lachen. David quetscht Duschgel aus seiner Flasche. »In Berlin hatte ich sogar mal zwei. Eine im Osten und eine im Westen. Das ist der Vorteil, wenn ein Ort so groß ist. Wichtig ist, dass du immer nach ein paar Monaten wieder Schluss machst, sonst werden sie plötzlich zickig und stellen Ansprüche!«
Die Männer johlen. Sie glauben ihm. Oder sie glauben ihm nicht und haben einfach nur Spaß an der Angeberei. So oder so ist es egal. Ich habe mich in ihm getäuscht. Er ist nicht nett. Nur ein doofer Macho.
»Man muss den Hühnern einfach immer nur sagen, was sie hören wollen«, sagt er und hebt seine Duschgelflasche. Symbolisch stößt er mit den Männern an, als hätten sie keine Plastikpullen, sondern Biergläser in der Hand.
Lukas schüttelt den Kopf. Flo dreht schon wieder um. Er will heute nicht mehr duschen. Ich folge den beiden zur Umkleide und zeige in Richtung Dusche zurück: »So kam er vorhin nicht rüber! Der Depp!«
Lukas setzt sich auf die Bank vor den Schränken und stützt die Ellbogen auf die Knie. Es sieht aus wie bei einem Fußballprofi, der Halbzeit macht. Nicht jeder kann sich so hinsetzen. Flo plumpst eher auf die Bank, als hätte er sich eigentlich auf den Boden hocken wollen und wundere sich nun, dass sein Po schon vorher auf der Bank gelandet ist.
Jan-Eric spaziert zur Dusche durch und sagt: »Na, schon fertig mit Yoga?« Er wartet die Antwort nicht ab.
Lukas sieht ihm nach und schaut dann zu mir: »Was ist los, Finn? Verlierst du
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