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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Soll ich noch mehr Chips bringen?«
    »Ich kann aufstehen und welche holen.«

    »Nein, nein, bleib, wo du bist. Ich hole sie.« Sie richtete sich auf und wandte sich zu Kirkus. »Wie geht’s dir, Rudy?«
    Er grinste. »Tipptopp.«
    »Reichst du mir mal mein Glas?«, fragte sie mich.
    Es war noch nicht ganz leer. Ich nahm es und gab es ihr.
    »Gracias«, sagte sie.
    »De nada«, entgegnete ich und fragte mich im selben Moment, ob ich auf Spanisch oder auf Französisch geantwortet hatte. Eigentlich sollte das nicht so schwierig sein; ich hatte doch erst ein Glas getrunken.
    Während Eileen in die Küche ging, überlegte ich, was »bitte« auf Französisch hieß. De nada? Oder war das Spanisch, so wie ich es beabsichtigt hatte? Dann dachte ich an Hemingway. »Nada unser, der Du bist im nada.« Also war es Spanisch. Oder auch nicht. Er war immerhin ständig in Paris gewesen.
    »Fehlt dir was, alter Knabe?«, fragte Kirkus.
    Er war so ungefähr der Letzte, dem ich mein Gedankenchaos anvertrauen würde. »Eileen fehlt mir. Und ihre Chips«, sagte ich und bemühte mich um eine deutliche Aussprache.
    »Das habe ich gehört.« Eileen kam mit der Chipstüte aus der Küche zurück. »Was denn jetzt, die Chips oder ich?«
    »Du natürlich«, sagte ich.
    »Wenn du das sagst«, meinte sie und beugte sich wie vorher über den Tisch, um Chips in die Schüssel zu schütten. Genau wie vorher starrte ich auf ihre Brüste. »Kann ich sonst noch was für euch tun?«, fragte sie in gebückter Haltung. Ich sah ihr in die Augen. Sie wirkte äußerst zufrieden mit sich.

    »Du treibst den armen Jungen in den Wahnsinn«, sagte Kirkus. Obwohl er nicht sehen konnte, was ich sah, hatte er offenbar gemerkt, was vor sich ging.
    Eileen grinste breit. »Stimmt das?«, fragte sie mich.
    »Mir geht’s gut«, sagte ich.
    »Schön.« Sie richtete sich auf. »Jetzt müsst ihr beide eine Weile ohne mich auskommen. Meine Fajitas rufen mich. Sagt einfach Bescheid, wenn ihr was braucht.« Sie wandte sich zur Küche.
    Ich wollte nicht, dass sie ging. »Kann ich dir helfen?«
    »Nein, danke. Du bleibst hier und unterhältst unseren Gast.«
    »Vielleicht findest du manche Sachen nicht.«
    »Wenn ich nicht weiterkomme, ruf ich dich.« Sie ging in die Küche. Ein paar Augenblicke später wurde ihr Geklapper von Willie Nelson und Ray Charles begleitet. Sie sangen »Seven Spanish Angels«.
    Ich trank einen Schluck und grinste Kirkus an. »Tolle Musik«, sagte ich.
    »Was mal wieder deinen schlichten Geschmack beweist, mein Freund.«
    »Leck mich am Arsch.«
    »Sag nichts, was du nicht wirklich meinst.«
    Ich lachte und schüttelte den Kopf. »So weit kommt’s noch.«
    »Die Dame, wie mich dünkt, gelobt zu viel«, zitierte er.
    »Ich bin keine Dame.«
    »Ah, vive la différence .«
    Obwohl ich den französischen Ausspruch verstand (oder war es Spanisch? - diese verfluchten hoochas de los
muertos! ), war ich nicht sicher, was er damit meinte. Ich blickte ihn mit gerunzelter Stirn an.
    »Tu nicht so, als würdest du es mir übelnehmen. Du fühlst dich geschmeichelt.«
    »Hä? Wieso geschmeichelt?«
    Kirkus beugte sich zu mir und sagte leise: »Und das solltest du auch, da du hier in deiner Wohnung zwei wunderbare Menschen beherbergst, die dich am liebsten mit Haut und Haaren auffressen würden.«
    Einen schrecklichen Moment lang schoss mir durch den Kopf, dass Eileen und Kirkus mir eine Falle gestellt hatten und mich zum Abendessen verspeisen wollten. Nach dem, was ich Mittwochnacht unter der Brücke gesehen und von Casey gehört hatte, schien es nicht allzu weit hergeholt.
    Sicher.
    Natürlich wusste ich, worauf Kirkus hinauswollte.
    »Denk nicht mal dran«, ermahnte ich ihn.
    »Ich kann wohl kaum widerstehen, daran zu denken , mein Freund. Du bist wirklich zum Anbeißen.«
    »Hör auf damit, ja?«
    »Ach, entspann dich. Ich habe nicht vor, mich auf dich zu stürzen. Schließlich bin ich immer noch ein Gentleman. Ich habe mich nie jemandem aufgedrängt.«
    »Freut mich zu hören.«
    »Aber wenn du mich willst, musst du nur pfeifen. Du weißt, wie man pfeift? Man spitzt einfach die Lippen und …«
    »He, jetzt reicht’s.«
    Eileen kam aus der Küche. Sie trug meine einzige
Schürze - ich selbst hatte sie noch nie umgebunden. »Eddie, kommst du mal und räumst den Tisch ab?«
    »Gerade nochmal davongekommen«, sagte ich.
    Kirkus grinste. »Du bist entschuldigt.«

48
    Nachdem ich meinen Laptop und die Bücher und Unterlagen vom Küchentisch geräumt hatte,

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