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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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geahnt, oder?«
    »Nein.«
    »Ich weiß. Ich habe nie jemandem meine Gefühle gezeigt. Es wusste niemand außer mir. Ich habe mich nach dir gesehnt. Es tat so weh, dich mit ihr zusammen zu sehen. Ich habe mir so sehr gewünscht, ich wäre an ihrer Stelle.«
    »Und jetzt ist es so«, sagte ich. Bei diesen Worten fühlte ich mich erbärmlich.
    Eileen umarmte mich fest und küsste meinen Hals. »Ich bin so froh«, sagte sie. »Ich bin so froh.«
    »Wir sollten lieber wieder in die Küche gehen«, schlug ich vor. »Du fühlst dich bestimmt besser, wenn du noch was isst.«
    Sie nickte. Dann atmete sie tief durch und seufzte. »Okay«, sagte sie. »Aber zuerst … zuerst muss ich dieses Kleid ausziehen.«
    »Aber gern.«
    Sie lachte und schniefte. »Mich umziehen, meinte ich. Ich will nicht, dass Kirkus mich nochmal so sieht. Auch wenn er schwul ist.«
    »Er ist schwul.«
    »Kann ich was von dir anziehen?«
    »Was immer du willst.«
    Wir lösten uns voneinander. Ich öffnete die Tür, und Eileen folgte mir in den Flur.

    »Ich bin sofort wieder da«, sagte sie und ging zum Schlafzimmer.
    »Bis gleich.«
    Kirkus saß im Wohnzimmer auf dem Sofa, hielt sein fast leeres Glas in der Hand und hatte die Beine übereinandergeschlagen. Als er mich sah, sagte er: »Ich fing schon an, mich vernachlässigt zu fühlen.«
    »Eileen kommt gleich.«
    »Wie geht’s ihr?«
    »Sie hat sich ziemlich geärgert.«
    »Nicht über mich, hoffe ich.«
    »Über uns beide. Es gefällt ihr nicht, dass ich dir diese Sachen erzählt habe. Sie findet, das war zu persönlich.«
    »Wir haben sie in Verlegenheit gebracht?«
    Ich nickte.
    »Wie seltsam.«
    »Wieso?«
    »Ist dir heute Abend bei irgendeiner Gelegenheit eventuell schon einmal aufgefallen, was sie für ein Kleid trägt? Und dann gerät sie völlig aus dem Häuschen, wegen ein paar Worten über ihre herausragenden Vorzüge, die sie doch so schamlos aller Welt präsentiert?«
    »Das sind zwei verschiedene Dinge«, sagte ich.
    »Eine Linke und eine Rechte?«
    »Hör auf.« Ich setzte mich in einen Sessel. »Sie kommt gleich. Sie zieht sich was anderes an.«
    »Oh, wie schade.«
    »Wenn sie zurückkommt, wie wäre es, wenn du dann …«
    »Ich werde ein Engel sein«, sagte er. »Für dich.«

    »Danke.« Das würde ich erst glauben, wenn ich es gesehen hatte.
    Wir saßen ein paar Minuten lang da und redeten nicht viel. Hin und wieder warf ich einen Blick in den Flur.
    »Sie scheint nicht zu erscheinen«, sagte Kirkus.
    »Ich seh mal nach, was los ist.«

50
    Ich ging durch den Flur zum Schlafzimmer. Die Tür war geschlossen. Ich klopfte leise, aber Eileen reagierte nicht, also öffnete ich die Tür. Das Licht war eingeschaltet.
    Eileen trug immer noch ihr Kleid, lag auf meinem Bett und schnarchte. Ihre Arme lagen schlaff neben ihr, die Beine hingen von der Bettkante herab, die Füße baumelten knapp über dem Boden. Der Schlitz im Rock gab ihr linkes Bein frei; es war nackt bis hinauf zur Hüfte.
    Ich ging einen Schritt auf sie zu, dann überlegte ich es mir anders. Ohne das Licht auszuschalten, trat ich zurück in den Flur und schloss vorsichtig die Tür.
    Als ich wieder ins Wohnzimmer kam, hob Kirkus die Brauen.
    »Sie ist erledigt«, sagte ich.
    »Erledigt?«
    »Sie schläft.«
    »Sie ist ohnmächtig geworden, meinst du.«
    »Weiß nicht. Jedenfalls habe ich beschlossen, sie nicht zu wecken.«

    »Gute Idee.«
    Schulterzuckend sagte ich: »Tja, das war’s dann wohl. Danke, dass du vorbeigekommen bist, Rudy. Vielleicht wiederholen wir das Ganze ja mal.«
    »Aber die Nacht ist doch noch jung.«
    »Hm, ich bin auch ziemlich müde. Ich mache wahrscheinlich ein Nickerchen und versuche dann, noch eine Weile zu lernen.«
    Anstatt aufzustehen, breitete Kirkus die Arme über die Lehne des Sofas aus. »Ich sollte wirklich nicht gehen, ohne mich anständig bei der Gastgeberin bedankt zu haben.«
    »Du kannst dich morgen bei ihr bedanken.«
    »Oh nein, das gehört sich nicht. Ich bleibe. Sie muss ja früher oder später aufwachen.«
    »Kirkus.«
    »Sei nett zu mir, Eddie. Ich bin immer noch dein Gast.«
    »Die Party ist vorbei, okay? Zeit zu gehen.«
    »Aber, aber. Du willst doch nicht einen wunderbaren Abend verderben, indem du zum Schluss noch verdrießlich wirst, oder? Warum bietest du mir nicht noch was zu trinken an? Diese hoochas sind äußerst schmackhaft. Wir werden beide noch ein Gläschen genießen und dabei nett plaudern, dann mache ich mich auf den Weg.«
    Ich war drauf und dran, ihm zu

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