Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
schüttelte sie. Als ich sie loslassen wollte, hielt er mich fest.
    »Bis zum nächsten Mal bei mir«, sagte er.
    »Wir werden sehen.«
    Er ließ meine Hand los. Während er rückwärts aus der Wohnung ging, fragte er: »Sind wir immer noch Kumpel?«
    »Kumpel?«
    »Freunde, mein Junge.«
    »Ich glaub schon.«
    »Wie schön!« Er wirbelte herum und schlenderte den Flur entlang.
    Ich schloss die Tür.

    »Na also«, flüsterte ich.
    Ich war froh, ihn los zu sein, aber hatte auch ein schlechtes Gewissen. Ich hatte ihn schlecht behandelt. Er hatte es sich zwar selbst zuzuschreiben, doch deshalb fühlte ich mich nicht besser.
    Ich brachte unsere Gläser in die Küche. Seins war leer, meins noch fast voll. Ich goss den Rest in den Ausguss. Dann räumte ich den Tisch ab und begann, das Geschirr abzuspülen.
    Ich musste lange an Kirkus denken. Auf eine gewisse Art tat er mir leid. Er hatte harte Zeiten erlebt. Es gab keine Entschuldigung dafür, wie seine Mitschüler mit ihm umgesprungen waren … und die Tätowierung! Das Letzte, was er gebrauchen konnte, war, dass auch ich auf ihm herumtrampelte.
    Ich sollte netter zu ihm sein, dachte ich. Ich sollte sein Freund sein.
    Dann überlegte ich, wie ich mit ihm befreundet sein könnte, wenn er sich die halbe Zeit über wie ein Arschloch aufführte.
    Eine Zeit lang fragte ich mich, warum er so ein Arschloch war.
    Eigentlich ist er keins, dachte ich. Er spielt es nur. Und das ziemlich offensichtlich.
    Das machte die Sache noch seltsamer. Warum sollte er oder irgendjemand sonst eine derart kunstvolle Aufführung inszenieren, nur um Leute zu nerven? Wollte er, dass ihn alle verachteten?
    Offenbar.
    Eine Art von Selbstzerstörung?

    Vielleicht wollte er die Menschen auf Distanz halten und keine Bindungen eingehen. Wenn man Bindungen eingeht, kann man verletzt werden.
    Oder fallengelassen.
     
    Während ich die Pfanne schrubbte, fragte ich mich, was Holly wohl gerade tat. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Viertel vor acht. Vielleicht war sie auf dem Weg zum Kino mit Jay-Jay, ihrem Wunderknaben.
    Oder sind sie miteinander im Bett?
    Ich stellte mir vor, wie Holly auf dem Rücken lag, ein gut aussehender fremder Mann über ihr, der in sie hineinstieß … und ich verspürte keine Eifersucht, keine bittersüße Sehnsucht nach Holly, keinen Schmerz, keine Wut, im Grunde genommen nichts.
     
    Ich trocknete die Pfanne ab und überlegte, was Casey gerade trieb. Nicht mal acht. War sie irgendwo in einem Haus? In ihrem eigenen oder einem fremden? Oder war sie draußen und zog durch die dunklen Straßen?
    Wenn ich jetzt hinausginge, würde ich dann das Glück haben, sie zu finden?
    Ich kann jetzt nicht raus, erinnerte ich mich, Eileen ist hier.
    Sie schläft.
    Wirklich?
    Ich spülte das restliche Geschirr, dann ging ich durch den Flur zu meinem Schlafzimmer. Vorsichtig schob ich die Tür einen Spalt auf und stellte fest, dass die Lampe noch brannte. Als ich die Tür weiter öffnete, sah ich Eileen.

    Sie lag immer noch krumm auf meinem Bett. Es sah aus, als hätte sie sich nicht bewegt, seit ich sie zum letzten Mal gesehen hatte.
    Sie schlief tief und fest und schnarchte wie ein Holzfäller.
    Sie ist so erledigt, dachte ich, dass sie wahrscheinlich in den nächsten Stunden nicht aufwacht. Wenn man sie ließ, würde sie womöglich die ganze Nacht und den halben Morgen durchschlafen.
    Sie wird nie erfahren, dass ich weg war.
    Ich kann nicht einfach gehen und sie allein lassen, sagte ich mir. Das wäre nicht anständig. Sie ist gekommen, um mit mir zusammen zu sein. Sie hat die tollen Drinks und das Essen zubereitet. Sie liebt mich. Ich kann sie nicht einfach verlassen.
    Sie schläft.
    Aber was ist, wenn sie aufwacht? Dann wird sie merken, dass ich weggegangen bin.
    Schreib ihr einen Zettel.

51
    Ich schlich durchs Schlafzimmer und sammelte Jeans, Hemd, Turnschuhe, Messer und Taschenlampe ein, während Eileen weiter vor sich hin schnarchte.
    Ich trug die Sachen in den Flur und legte sie auf den Boden. Eine Weile stand ich im Türrahmen und betrachtete Eileen. Meine besondere Aufmerksamkeit galt dem tiefen Ausschnitt ihres Kleids und ihrem linken Bein, das aus dem geschlitzten Rock herausragte.

    Bis zur Hüfte entblößt, ohne jede Spur eines Slips.
    Trägt sie keinen?
    Ich könnte es rausfinden … indem ich einfach zum Bett schlich und mit der Hand in den Schlitz griff.
    Sie trägt keinen.
    Aber wenn sie einen Slip trägt, würde sie sich freuen, wenn ich ihn ihr ausziehe.
    Wenn sie

Weitere Kostenlose Bücher