Finster
Seite der Straße. Die Lampen wurden von altmodischen Glaskugeln umschlossen. Alle Kugeln waren unversehrt, doch drei Lampen leuchteten nicht.
Es kamen keine Autos vorbei. Nirgendwo waren Menschen zu sehen.
Sie sind alle unter der Brücke, dachte ich.
Vielleicht hätte ich doch lieber über die Division-Street-Brücke gehen sollen.
Ich überlegte, ob ich zurückgehen und einen anderen Weg einschlagen sollte.
Sei kein Waschlappen.
Als ich mich der Brücke näherte, beschleunigte ich meine Schritte.
Wahrscheinlich sind sie wirklich unter dieser Brücke, dachte ich. Oder vielleicht hängen sie zusammengekauert an der anderen Seite der Brüstung und warten darauf, dass ich vorbeikomme, damit sie herüberspringen und mich packen können.
Ich könnte auch hinüberrennen.
Nicht, solange nichts passiert.
Am Anfang der Brücke trat ich vom Bürgersteig und kreuzte diagonal zur Mitte der Straße. Dann lief ich an der Mittellinie entlang, um zu beiden Seiten genug Abstand zu den Brüstungen zu haben, so dass ich sie rechtzeitig kommen sehen würde.
Natürlich könnte ich auch von einem Auto überfahren werden.
Es kam zwar keines, aber das konnte sich schnell ändern.
Ich habe genug Zeit auszuweichen.
Ich eilte mit langen Schritten über die Brücke, ließ die Arme kräftig schwingen, behielt beide Seiten und die Straße vor mir im Blick und sah mich alle paar Sekunden danach um, ob von hinten Gefahr drohte.
So weit, so gut.
In der Mitte der Brücke sah ich, wie eine Kreuzung ein paar Häuserblocks vor mir von Scheinwerfern erhellt wurde. Mein Magen verkrampfte sich.
Das unsichtbare Auto befand sich in einer Seitenstraße. Es könnte geradeaus fahren oder abbiegen. Nur wenn es nach links abbog, würde es in meine Richtung fahren.
Der Wagen hielt an der Ecke. Ich konnte lediglich die vordere Stoßstange sehen. Es standen zu viele Bäume und Büsche im Weg.
Ich konnte nicht erkennen, ob es ein Polizeiwagen war.
Oder ein Pick-up.
In beiden Fällen wollte ich nicht mitten auf der Straße gesehen werden. Ich lief schnell zur linken Seite hinüber.
Das Auto setzte sich in Bewegung, und das Scheinwerferlicht strich in einem grellen Bogen über die Kreuzung, als der Fahrer nach links abbog.
Gott sei Dank war es weder ein Streifenwagen noch ein Pick-up.
Ein dunkler, mittelgroßer Lieferwagen.
Erleichtert sprang ich auf den Bürgersteig und ging an der Brüstung entlang. Zu nah für meinen Geschmack.
Ich berührte sie fast.
Der Lieferwagen kam rumpelnd näher.
Ich blickte über meine Schulter. Niemand schlich sich von hinten an.
Die Brüstung endete. Ich hatte die andere Seite der Brücke erreicht, ziemlich nervös, aber unversehrt.
Der Lieferwagen bremste ab, fuhr vor mir an die Bordsteinkante und hielt an. Im Schein einer nahen Laterne konnte ich sehen, dass er schwarz war. Das Fenster an der Beifahrerseite wurde heruntergelassen.
Oh Gott, was ist jetzt los?
Ich blieb auf dem Bürgersteig stehen.
Der Beifahrersitz schien leer zu sein. Die Fahrerin lehnte sich hinüber, blickte mich an und sagte etwas. Wegen des Motorengeräuschs konnte ich sie nicht verstehen. Ich schüttelte den Kopf.
»… hier rüber«, rief sie.
Ich schüttelte wieder den Kopf und ging ein paar Schritte dichter an den Wagen.
»… suche … Straße … weißt … das ist?«
Fragte sie nach dem Weg? Es könnte eine Falle sein.
Nicht die ganze Stadt ist verrückt, sagte ich mir. Vielleicht hat sie sich wirklich verfahren.
Ich trat an den Straßenrand und beugte mich vor. Die Frau hinter dem Lenkrad hatte ein dünnes blasses Gesicht. Ihr Haar reichte ihr über die Schultern und war dunkel und glatt wie Öl. Sie trug eine glänzende schwarze Bluse.
»Entschuldigung«, sagte ich. »Ich konnte Sie nicht verstehen. Wohin möchten Sie?«
»Warum steigst du nicht ein?«
In meiner Verblüffung wusste ich nicht, ob ich mich geschmeichelt fühlen oder Angst haben sollte … oder keins von beiden.
»Ich dachte, Sie wollten den Weg wissen.«
»Steig einfach ein. Ich will dich was fragen.«
»Ich kann Sie auch von hier verstehen.«
»Komm schon«, sagte sie. »Was ist los mit dir? Ich will doch nur mit dir reden.«
»Worüber?
Sie öffnete den obersten Knopf ihrer Bluse. »Komm rein, dann sag ich’s dir.«
»Lieber nicht.«
»Bitte.« Sie öffnete noch einen Knopf. Dann einen weiteren. »Hast du Angst?«
»Nein.«
Noch ein Knopf. »Ich wette, du bist einsam, stimmt’s?«
»Nein.«
»So ganz allein um diese Zeit.«
»Ich
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