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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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Idee, sie daran zu erinnern, dass sie es gewesen war, die mich vom Bürgersteig gestoßen hatte, deshalb sagte ich: »Ich hatte Angst, du würdest mir entkommen.«
    »Vorhin hast du gesagt, du verfolgst mich nicht. Wir sind bloß ›in die gleiche Richtung geflüchtet‹.« Sie hob einen Mundwinkel.
    »Entschuldigung.«
    »Du wolltest nicht, dass ich entkomme, aber du hast mich nicht verfolgt. Wie passt das zusammen?«
    »Das ist kompliziert.«
    »Warum lässt du mich nicht einfach gehen? Ich hab nichts geklaut. Und niemandem was getan. Deiner Familie geht’s gut.«
    Da ich nicht lügen wollte, vermied ich das Wort »mein«,
als ich fragte: »Und das Haus hat die Prüfung mit Bravour bestanden?«
    Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Es ist in hervorragendem Zustand. Komm, lass mich gehen. Bitte. Ich sehe, dass du ein netter Junge bist. Du willst doch nicht, dass ich Ärger kriege, oder?«
    Ich sehe, dass du ein netter Junge bist.
    Vielleicht hatte sie es nur gesagt, um mich zu erweichen, aber es löste ein angenehmes, warmes Gefühl bei mir aus.
    »Ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen«, sagte ich und folgte ihr zurück zum Bürgersteig. »Ich würde dir gerne helfen, wenn …«
    »Dann lass mich einfach gehen.«
    »Wenn du mir eins verrätst, lass ich dich in Ruhe«, sagte ich. »Was hast du in dem Haus gemacht?«
    »Okay. Aber lass uns erst hier verschwinden.«
    Wir gingen nebeneinander zur nächsten Kreuzung und um die Ecke. Dann blieb sie stehen, drehte sich zu mir und sagte: »Es ist irgendwie peinlich, aber ich musste aufs Klo. Wirklich dringend. Ich wusste, dass ich es nicht mehr rechtzeitig bis nach Hause schaffe. Es gibt hier meilenweit keine öffentlichen Toiletten, und ich wollte es nicht draußen erledigen. Das ist zu eklig. Deshalb habe ich mir gedacht, es bei einem der Häuser zu probieren. Ich bin zu drei oder vier anderen gegangen, aber die Türen waren abgeschlossen. Nur bei deinem nicht, also bin ich reingegangen.«
    »Du hättest klingeln und um Erlaubnis fragen können.«
    Sie verzog das Gesicht. »Ich weiß. Aber es ist … wie
spät? Ungefähr halb zwei? Niemand mag es, wenn jemand zu dieser Uhrzeit an der Tür klingelt. Außerdem war es so peinlich . Kannst du dir vorstellen, bei einem Fremden an der Tür zu fragen, ob du mal zur Toilette darfst?«
    Es war mir schon unangenehm, davon zu hören . Obwohl ich wusste, dass sie log, gingen mir Bilder durch den Kopf, wie sie ins Bad ging und sich die Jeans runterzog. Dann erinnerte ich mich, dass Eileen sich in meine Wohnung eingeladen hatte, indem sie behauptet hatte, zur Toilette zu müssen.
    War das eine Art Standard-Trick?
    Vielleicht stand es im zwölften Kapitel des Buchs Wie Frau Männer manipuliert - Ein kleiner Leitfaden . (»Da das männliche Tier von Natur aus verlegen und erregt ist - und zwar verlegen wegen seiner Erregung -, wenn es mit dem weiblichen Ausscheidungsprozess konfrontiert wird, funktioniert der ›Toilettentrick‹ todsicher …«)
    »Und?«, fragte sie.
    »Und was?«
    »Kannst du dir die Peinlichkeit vorstellen?«
    »Ah. Klar. Klingt schrecklich.«
    Nickend sagte sie: »Deshalb habe ich mich einfach reingeschlichen und die Sache erledigt. Ich war nur auf der Toilette. Ich habe nichts mitgehen lassen. Willst du meine Taschen durchsuchen?« Sie zog ihr Sweatshirt hoch, ein paar Zentimeter über den Bund ihrer Jeans.
    Ich konnte die nackte Haut ihres Bauchs sehen. »Ich brauch dich nicht zu durchsuchen.«
    »Glaubst du mir?«
    »Jedes Wort.«

    »Danke.« Sie ließ das Sweatshirt sinken. »Kann ich jetzt gehen?«
    »Wenn du willst. Ich werde dich nicht verfolgen.«
    »Aber vielleicht in dieselbe Richtung fliehen?«
    »Das war tatsächlich so«, sagte ich. »Das Türknallen hat bestimmt das ganze Haus aufgeweckt.«
    Sie sah mich verwirrt an.
    »Ich wohne nicht da.«
    »Was?«
    »Es ist nicht mein Haus.«
    »Nicht dein Haus. Was hast du dann da gemacht?«
    »Ich hab mich versteckt«, sagte ich und ging weiter. Sie blieb bei mir und schritt langsam neben mir her.

35
    »Wovor hast du dich versteckt?«, fragte sie, während wir den Bürgersteig entlangschlenderten.
    »Vor einem Mann in einem Pick-up. Er ist hinter mir her.«
    »Warum?«
    »Ich bin mir nicht sicher, aber … er hat mich vor ein paar Tagen nachts bei Dandi Donuts gesehen. Ich war mit meiner Freundin da.«
    »Du hast eine Freundin?«
    Eileen war Teil der Geschichte, und ich musste sie erwähnen, aber ich hätte sie als »eine Bekannte« oder

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