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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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und eilte zu ihr. »Alles klar bei dir?«, fragte ich.
    »Mir geht’s hervorragend.« Sie schlug einen Purzelbaum und blieb auf dem Rücken liegen. Lächelnd verschränkte sie die Hände hinter dem Kopf, zog die Knie an und blickte zu mir auf. »Es ist wie Fliegen«, sagte sie.
    »Und Abstürzen.«
    Sie lachte leise. »Es hat nicht besonders wehgetan.«
    »Magst du Schmerzen?«
    »Ich steh nicht unbedingt drauf, aber ich habe auch keine Angst davor, mir ein bisschen wehzutun. So zu fliegen, war ein wenig Schmerz wert.«

    Ich lächelte zu ihr hinab und schüttelte den Kopf.
    »Du hältst mich für verrückt.«
    »Für ein bisschen seltsam vielleicht.«
    Sie kicherte. Dann sagte sie mit tiefer, heiserer Stimme, als würde sie einen alten Mann - wahrscheinlich einen Verwandten - imitieren: »Die ist schon ein bisschen seltsam, diese Casey. Seit sie damals auf den Kopf gefallen ist, hat sie nicht mehr alle Tassen im Schrank.«
    »Du bist auf den Kopf gefallen?«, fragte ich.
    »Ja, klar«, antwortete sie mit normaler Stimme. »Ein paarmal. Und ich hab auch öfter mal eins übergebraten bekommen. Zum Glück ist mein Schädel so hart.« Sie zog eine Hand unter dem Kopf hervor und pochte gegen ihre Braue, als klopfte sie an einer Tür. Dann runzelte sie die Stirn.
    »Was ist?«
    »Keiner zu Hause.«
    Ich grinste.
    Casey setzte sich auf. Sie streckte eine Hand aus, wie man es tut, wenn man will, dass einem jemand auf die Beine hilft. Ich nahm die Hand und genoss die Berührung. Während ich sie hochzog, beobachtete ich ihr Gesicht. Sie schien mir in die Augen zu blicken.
    Als sie stand, wollte ich ihre Hand loslassen, aber sie hielt mich fest. Keiner von uns bewegte sich. Wir standen da, hielten uns an der Hand und sahen uns in die Augen. Mein Herz schlug schneller, und meine Kehle schnürte sich zusammen.
    Sie drückte meine Hand.
    Ich wollte sie an mich ziehen, doch sie schüttelte den
Kopf und legte ihre andere Hand auf meine Brust. »Nur Freunde«, sagte sie. »Okay?«
    Obwohl ich enttäuscht war, verspürte ich auch Freude darüber, dass sie mich als Freund ansah.
    »Klar«, sagte ich. »Freunde.«
    Wir schüttelten uns die Hand, als besiegelten wir ein Geschäft. »Guck nicht so traurig.«
    »Ich bin nicht traurig.«
    »Wir kennen uns doch kaum. Außerdem bist du schon mit Eileen zusammen.«
    War Eileen der wahre Grund, warum Casey nur mit mir befreundet sein wollte?
    Beinahe hätte ich ihr gesagt, dass Eileen und ich uns getrennt hatten. Es wäre keine richtige Lüge gewesen; wir hatten schließlich vereinbart, uns nicht mehr zu sehen - zumindest für ein paar Tage, um keinen Verdacht wegen unserer Verletzungen zu erregen. Aber es wäre ein Vertrauensbruch gegenüber Eileen. Und im Grunde hätte ich Casey doch belogen, auch wenn ich es nicht so nennen wollte.
    Außerdem hielt mich Casey vielleicht nur wegen meiner Beziehung zu Eileen für »ungefährlich«.
    »Ich bin glücklich, dass wir nur Freunde sind«, sagte ich.
    »Gut.« Sie schüttelte noch einmal meine Hand. »Ich bin froh, dass das Thema erledigt ist. Jetzt können wir einfach eine schöne Zeit haben und aufhören, über das andere Zeug nachzudenken.«
    Hatte sie über das andere Zeug nachgedacht?
    Offensichtlich! Plötzlich war ich nahezu fröhlich.
    Genau in diesem Moment packte mich die Angst.

    »Was ist?«, fragte Casey.
    Ich ließ ihre Hand los und zeigte zum Baseballfeld. Sie drehte sich um.
    »Wo?«, fragte sie.
    »Auf dem Fangnetz.«
    Als sie ihn sah, gab sie kein Geräusch von sich, doch ihr Kopf bewegte sich leicht auf und ab.
    Hinter dem Spielplatz, auf der anderen Seite des Baseballfelds, klammerte sich jemand wie ein Affe ungefähr ein Meter über dem Boden an dem Maschendraht des Fangnetzes fest.
    Er schien sich auf der anderen Seite zu befinden und in unsere Richtung zu blicken.
    Ich bekam eine Gänsehaut.
    »Kennst du den?«, fragte Casey mit ruhiger Stimme.
    »Ich glaub nicht.«
    »Es ist nicht Eileen, oder?«
    »Ich glaub, es ist ein Mann.«
    Sie drehte sich zu mir und grinste. »Das glaub ich auch.«
    »Ein großer Mann«, präzisierte ich.
    »Aber Randy ist es nicht?«
    »Dafür wirkt er zu groß.«
    Ihr Grinsen wurde breiter. »Willst du es rausfinden?«
    »Nicht unbedingt. Hast du keine Angst?«
    »Er ist ziemlich weit weg. Und er scheint damit zufrieden zu sein, uns einfach nur zu beobachten.«
    Als hätte der Mann Casey gehört und sie eines Besseren belehren wollen, kletterte er behände am Fangnetz herab.
    Mein Magen verkrampfte

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