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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihnen. Bis jetzt schien aber noch niemand auf mich oder Eileen aufmerksam geworden zu sein.
    »Vielleicht sollten wir uns lieber trennen«, sagte ich.
    »Muss das sein?«
    »Wenn wir zusammenbleiben, müssen wir bald anfangen, Fragen zu unseren Gesichtern zu beantworten. Und das gehört zu den Sachen, die sich die Leute merken und die sie weitererzählen.«
    »Ich glaub nicht, dass es was ausmacht.«
    »Ich bin derjenige, der den Mann getötet hat.«
    »Das weißt du doch nicht mal.«
    »Lass uns einfach auf Nummer sicher gehen. Okay? Heute sollten wir noch Abstand halten. Es ist Freitag, wir haben also das ganze Wochenende Zeit, die Wunden weiter heilen zu lassen, ehe uns alle zusammen sehen.«
    Wir blieben an der Ecke stehen.
    Eileens Lächeln war verflogen. »Du meinst, wir sollten uns bis Montag nicht sehen?«
    »Vielleicht ist es besser so. Nur zur Sicherheit.«
    Stirnrunzelnd fragte sie: »Ist irgendwas nicht in Ordnung?«
    »Es war doch deine Idee, uns nicht zu treffen, bis unsere Gesichter verheilt sind. Erinnerst du dich nicht mehr an deine Nachricht?«
    Sie nickte, aber sie wirkte nicht glücklich.
    »Und wir haben gestern Abend darüber gesprochen.«

    »Ich weiß«, sagte sie.
    »Ich dachte, wir wären uns einig, dass wir uns … ich weiß nicht … ein paar Tage lang nicht zusammen blickenlassen.«
    »Ja, schon«, gab sie zu.
    »Wenn wir also einfach bis Montag warten …«
    »Aber zusammen gesehen werden ist nicht das Gleiche wie zusammen sein . Wir können doch zusammen sein, wenn niemand in der Nähe ist, der uns sieht, oder? Das würde doch nichts gefährden.«
    Nur mein nächtliches Treffen mit Casey.
    Ich bemerkte, dass ich mich auf gefährlichem Terrain befand und sagte: »Du hast Recht.« Ich versuchte, ein erfreutes Gesicht zu machen. »Es geht lediglich darum, nicht zusammen gesehen zu werden. Also, was hältst du davon, später zu mir nach Haus zu kommen?«
    »Du klingst nicht gerade überzeugt.«
    »Doch, klar. Ja! Das wäre toll. Wir müssen in der Wohnung bleiben, aber …«
    »Kein Problem.« Nun schien sie wieder fröhlicher. »Ich mach dir einen Vorschlag: Ich bringe alles mit. Getränke, Essen. Du musst nichts tun, nur da sein.«
    »Super!«
    »Wann soll ich kommen?«
    Je früher, desto besser.
    »Wie wär’s mit fünf?«
    »Einverstanden. Bis später.« Lächelnd wirbelte sie herum und entfernte sich mit großen Schritten. Ihr Haar und der Rock wehten im Wind.
    »Wirklich super«, murmelte ich.

44
    Kirkus fing mich ab, als ich am Studentenhaus vorbeiging. Er hob eine Hand und rief: »Hallihallo, Eduardo!«
    Wenn man vom Teufel spricht, dachte ich.
    Aber ich war nicht überrascht, ihn zu sehen; er war ebenfalls in Dr. Truemans Seminar über romantische Literatur. Ich traf ihn oft auf dem Weg dorthin. Er stürzte plötzlich aus einer Tür oder hinter einem Baum in der Nähe hervor, als hätte er dort gelauert.
    »Hi, Rudy«, rief ich ihm zu.
    Er schritt auf mich zu und wippte dabei auf den Fußballen. Eine mandarinenfarbene Krawatte schmückte seinen Hals. Er trug sein übliches Kordjackett, sein blaues Chambray-Hemd und Jeans. Obwohl nahezu jeder auf dem Campus eine Büchertasche über der Schulter trug, lief der kecke Kirkus mit einer ledernen Aktentasche herum.
    Ich hatte ihn seit Mittwochnacht nicht mehr gesehen, aber vor kurzem noch schlecht über ihn gesprochen … gegenüber Casey und Eileen. Er konnte es nicht wissen, aber trotzdem hatte ich ein leicht schlechtes Gewissen.
    »Wie geht’s dir?«, fragte ich, als er zu mir aufgeschlossen hatte.
    »Grandios, alter Knabe.«
    »Freut mich. Keinen Ärger mit den Schlägern Mittwochnacht?«
    Für einen Moment wirkte er ratlos. Hatte er die Sache vergessen? Ehe ich mir selbst in den Hintern beißen konnte, weil ich die Angelegenheit erwähnt hatte, legte er
den Kopf in den Nacken und sagte: »Ach, überhaupt nicht. Tatsächlich habe ich keine Spur von den Rüpeln gesehen. Ich hatte eigentlich gehofft, Eileens Bluse zurückzuholen, aber sie müssen mit ihrer Trophäe den Abgang gemacht haben - wahrscheinlich ist ihnen dabei einer abgegangen.« Er freute sich offensichtlich über sein Wortspiel. »Und wie geht’s der entzückenden Eileen?«
    »Entzückend.«
    Er verdrehte die Augen, um seine Missbilligung meines Wortspiels auszudrücken.
    »Sie erholt sich langsam«, fügte ich hinzu.
    »Sieht aus, als hätte sie ein krasses Erlebnis gehabt.«
    »Die ganze Sache ist ihr ziemlich peinlich.«
    »Eileen ist es peinlich? Du bist derjenige,

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