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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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der ohne Hemd rumgelaufen ist.«
    »Stimmt. Als du uns gesehen hast.«
    »Ah, verstehe. Du hast der Maid das Gewand geliehen. Eine ziemlich ritterliche Geste, was?«
    »Ich konnte sie nicht halbnackt herumlaufen lassen«, sagte ich. Es widerte mich an, mit Kirkus über dieses Thema zu reden, aber in meinem Kopf nahm ein Plan Gestalt an. »Als diese Schweine ihr die Bluse runtergerissen haben, war sie … obenrum nackt.«
    »Die Lady trug keinen BH?«
    Ich nickte und sagte: »Es müssen sechs oder sieben Typen gewesen sein, die sie gesehen haben … du weißt schon.«
    »Ihre glorreichen Titten.«
    »Ich sollte dir das nicht erzählen.«
    »Doch, bitte.«

    »Sie haben sie angefasst. Ein paar von ihnen … haben sie befummelt.«
    »Oh, Mann. Bevor oder nachdem sie auf ihre Haare gepinkelt haben?«
    Diesen Teil von Eileens Geschichte hatte ich vergessen. »Vorher«, sagte ich. Kopfschüttelnd fuhr ich fort: »Sie schämt sich wirklich wegen der Sache. Sie will nicht, dass jemand davon erfährt. Wenn die Leute so was hören, haben sie es gleich vor Augen. Und erzählen es weiter. Dann stellt sich bald jeder vor, wie Eileen halbnackt ist und die Typen sie begrapschen und auf ihr Haar pissen und so.«
    »Stimmt.« Er grinste. »Ich stell es mir gerade jetzt vor, kaum dass wir darüber reden.«
    Vielleicht ist er doch nicht schwul, dachte ich.
    »Eileen will auf keinen Fall, dass jeder auf dem Campus auf diese Art an sie denkt«, sagte ich.
    »Bestimmt nicht.«
    »Deshalb könntest du einfach vergessen, dass du uns gesehen hast.«
    »Es ist kaum möglich, mein Freund, so einen seltenen und wunderbaren Anblick zu vergessen.«
    Wunderbarer Anblick? Ich war derjenige gewesen, der ohne Hemd rumlief.
    »Okay«, sagte ich, »du musst es nicht vergessen. Wie wär’s, wenn du es einfach für dich behältst? Eileen und ich wären dir sehr dankbar.«
    Kirkus’ Mundwinkel hoben sich, und seine Augen funkelten. »Ich schweige wie ein Grab, altes Haus.« Er presste die Lippen zusammen und verschloss sie mit einem
unsichtbaren Schlüssel. Dann warf er den Schlüssel über seine Schulter und wischte sich die Hände ab.
    »Danke«, sagte ich.
    »Ist mir ein Vergnügen, wirklich.«
    »Und sag Eileen nichts von unserer Unterhaltung, ja? Wenn sie herausfindet, dass ich dir alles erzählt habe, ist sie richtig sauer.«
    »Klaro.« Er klopfte mir auf den Rücken.
    Nebeneinander gingen wir die Stufen zum Seiteneingang des Englischgebäudes hinauf. Plötzlich entdeckte ich ein paar Stufen über und mit dem Rücken zu uns die Haarsträubende Hillary Hatchens. Ihr Kopf mit dem frechen Kurzhaarschnitt wirkte von unten sehr klein. Sie trug einen weißen Pullover, einen engen grauen Rock und Cowboystiefel. Für eine Frau mit einer derart schlanken Figur war ihr Hinterteil bemerkenswert breit.
    Zum Glück würde ich erst am nächsten Dienstag wieder in ihrem Seminar sitzen, was mir Jahre entfernt vorkam.
    Als Hatchens durch die Tür am Ende der Treppe trat, fragte Kirkus: »Wann soll ich zum Abendessen kommen?«
    »Zum Abendessen?«
    »Wie wär’s mit heute Abend?«
    »Da bin ich mit Eileen verabredet.«
    »Ausgezeichnet! Dann zu dritt!«
    Die oberste Stufe war von unzähligen Füßen ausgetreten, und in dem Beton hatte sich eine Senke gebildet. Die meisten Leute hielten das für etwas Besonderes. Ich hielt es in erster Linie für ein Sicherheitsrisiko und ging vorsichtig herum.

    Im Gebäude roch es nach Bohnerwachs und altem Holz. Es war ziemlich dunkel. Irgendwie weigerte sich das Tageslicht, durch die alten Fenster zu scheinen.
    Hatchens stolzierte den Flur im Erdgeschoss entlang. Sie schien hauptsächlich aus Hintern zu bestehen.
    Kirkus und ich stiegen die Treppe zum ersten Stock hinauf. Auf den Stufen über uns war niemand zu sehen. Weil sich sämtliche Geräusche in dem Gebäude ausbreiteten und widerhallten, hörte ich von allen Seiten Stimmen, das Trampeln von Füßen und das Quietschen der Stufen und Geländer. Kirkus’ Stimme gesellte sich dazu: »Abendessen?«, fragte er.
    »Was ist damit?«
    »Du, ich und Eileen. Heute Abend.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob sie darüber begeistert sein wird.«
    »Ei, was megt ihr daran nech?«, fragte er, indem er von seinem nachgemachten britischen Akzent zum Akzent seiner jüdischen Mutter wechselte. Kirkus war ein Mann mit vielen, wenn auch kläglichen Begabungen. »Ein Schmaus, ein Schmaus, mein Königreich für einen Schmaus!«
    »Oh Gott.«
    »Deene Schickse wird nech mal

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