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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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wurde Morse wieder lebendig. Nach Lewis’ Erfahrung machte er in einem Auto nie großartig Konversation, aber das Schweigen dieses Tages brach alle Rekorde. Und als er schließlich etwas sagte, kamen Lewis wieder die unerwarteten Denkprozesse seines Chief zum Bewußtsein. Denn der große Morse, fast immer so ahnungslos, was Routen, Richtungen und Entfernungen betraf, ruckte in seinem Beifahrersitz plötzlich hoch:
    «Nach ein paar Meilen nach rechts abbiegen, Lewis — die A483 in Richtung Builth Wells.»
    «Sie wollen keine Pause für ein schnelles Bier einlegen, Sir?»
    «Das will ich ganz gewiß. Aber wenn Sie nichts dagegen haben, werden wir es auslassen, okay?»
    «Ich denke noch immer, es wäre sinnvoll gewesen, sie anzurufen, Sir. Sie könnte ja für zwei Wochen nach Teneriffa gefahren sein oder so etwas.»
    Morse seufzte tief. «Genießen Sie die Fahrt nicht?» Dann fügte er nach einer Pause hinzu. «Ich habe sie schon gestern nachmittag angerufen. Sie wird dasein, Lewis. Sie wird dasein.»
    Lewis schwieg, und es war Morse, der die Unterhaltung wieder aufnahm.
    «Diese Aussage — die Aussage, die Hardinge gemacht hat. Offensichtlich haben sie sich getroffen, die vier — Hardinge, Daley, Michaels und McBryde —, und gemeinsam eine Geschichte zusammengebraut. Der Pförtner konnte keine Namen nennen, sagen Sie, aber er war ziemlich sicher, daß mindestens drei, wahrscheinlich alle vier am Freitag abend in Hardinges Räumen waren. Und wenn sie alle bei der gleichen Geschichte bleiben, wird uns, nun, wird uns nichts anderes übrigbleiben, als ihnen zu glauben.»
    «Nicht, daß Sie das tun werden, Sir.»
    «Ganz gewiß nicht. Einiges aber könnte wahr sein, einiges könnte die Entscheidung bedeuten. Und die beste Möglichkeit, das herauszufinden, ist, Tantchen Gladys aufzusuchen.»
    «Dorothy.»
    «Wissen Sie, es gab in diesem Fall nur einen wirklich wichtigen Hinweis: die Tatsache, daß der Rucksack des Schwedenmädchens so schnell gefunden wurde — so schnell gefunden werden mußte — neben der Straße liegengelassen — wo man ihn sicher finden würde.»
    «Ich glaube, ich fange an, das zu verstehen», sagte Lewis, der nichts verstand, während er jetzt bei Llanwrtyd Wells nach links abbog und auf die Cambrian Hills zusteuerte.
    Aber nicht lange. Nach nur wenigen Minuten stießen sie auf ein Gästehaus aus Granit; . Vielleicht machten die Eigentümer ein gutes Geschäft, machten sicher ein gutes Geschäft, wenn es in der Gegend Vogelbeobachter gab, denn in der dichtbewaldeten Landschaft war weit und breit kein anderes Haus zu entdecken.

    Mrs. Evans, eine zierliche, dunkle, lebhafte Frau Ende vierzig, führte sie in den und war bald dabei, ihnen etwas über sich selbst zu erzählen. Sie und ihr Ehemann hatten die ersten fünfzehn Jahre ihrer (kinderlosen) Ehe in East Anglia gelebt, und dort war sie Karin auch vor acht oder neun Jahren zum erstenmal begegnet. Sie, Mrs. Evans, war mit der Familie Eriksson überhaupt nicht verwandt, aber sie hatten sich angefreundet, als sie in dem Gästehaus in Aldeburgh wohnten. Die Familie war auch im nächsten Jahr gekommen, wenn auch diesmal ohne den Daddy, und danach hatten die beiden Frauen in Abständen ziemlich regelmäßig korrespondiert: Geburtstagskarten, Weihnachtskarten, Karten aus den Ferien und so weiter. Und für die drei jungen Eriksson-Mädchen war sie geworden. Als Karin 1991 nach England kommen wollte, hatte Mrs. Evans davon gewußt und Karins Mutter vorgeschlagen, falls Karin bis nach Wales gelangen sollte, wäre sie immer willkommen — und ein Bett für sie wäre auch da. Und großartige Vögel zu beobachten; die schönen roten Milane wurden allmählich zu einem alltäglichen Anblick. Was für eine Art Mädchen Karin war? Sie war natürlich erst dreizehn oder vierzehn gewesen, als Mrs. Evans sie zum letztenmal gesehen hatte, aber, nun — reizend, wirklich. Ein reizendes Mädchen. Attraktiv. Aber ein anständiges Mädchen.
    Während das Gespräch sich entwickelte, sah Lewis sich müßig in dem Zimmer um: Lehnsessel, ein mit Roßhaar gepolstertes Sofa, Mahagonimöbel, ein niedriger Tisch, auf dem sich Zeitschriften über das Landleben stapelten, und an der Wand über dem Kamin eine große Karte der Grafschaft Dyfed und der cambrischen Berge. Es schien ihm ein ziemlich düsteres und sonnenloses Zimmer, und er dachte, wenn Karin so weit gekommen war, hätte sie sich hier sicherlich nicht

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