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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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natürlich größere Tragödien als die Ermordung des bösartigen und abstoßenden Daley. Niemand würde den Mann sehr vermissen... mit Ausnahme natürlich von Mrs. Daley, Margaret Daley, von der Morse aus irgendeinem Grund vor kurzem geträumt hatte. Aber vielleicht würde selbst sie ihn nicht besonders vermissen, nachdem die Zeit sie allmählich von einer etwa noch zurückgebliebenen Zärtlichkeit kuriert hatte. Nach einer anständigen Beerdigung. Nach ein paar Monaten. Nach ein paar Jahren.
    Aber es gab immer die Möglichkeit, daß Morse sich wieder irrte!
    Lewis stand plötzlich neben ihm, bückte sich und hob den khakigrünen Filzhut auf, den Daley stets getragen hatte, an eiskalten Wintertagen wie bei drückend heißem Sommerwetter.
    «Es sieht so aus, als würde hier nicht viel geschossen, Sir — nicht wie in Wytham, jedenfalls nicht in dieser Jahreszeit. Einige der Pächter haben Schießerlaubnis — für Tauben oder für Kaninchen, und später für Fasanen. Aber es wird nicht viel geschossen. Darum sagt Mr. Williams, der Aufseher dort» — Lewis zeigte zurück in Richtung Combe Lodge — «er glaubt , daß er sich an ein bißchen Ballerei irgendwann heute morgen erinnern kann. Genauer will er sich nicht festlegen.»
    «Wirklich fabelhaft!» sagte Morse.
    «Er sagt, er habe eine ganze Menge Leute durch die Pforte gelassen; montags sind es immer eine ganze Menge. Er glaubt, daß Daley auch durchgefahren wäre, irgendwann heute morgen, aber es seien immer einige Blenheim-Wagen unterwegs.»
    «Er glaubt ziemlich viel, Ihr Aufseher, was?»
    «Und ein oder zwei Jogger, sagt er.»
    «Buchstäblich ein oder zwei?»
    «Keine Ahnung.»
    «Versprechen Sie mir, daß Sie nie joggen werden, Lewis!»
    «Können wir ihn wegbringen?» fragte Dr. Hobson.
    «Von mir aus», sagte Morse.
    «Gibt es noch etwas, Inspector?»
    «Ja. Ich würde Sie gern in den Bear einladen, auf ein paar ruhige Drinks — oder ein paar laute Drinks, wenn Sie das lieber hätten. Aber ich fürchte, wir müssen uns in Daleys Haus umsehen. Müssen wir doch, Lewis, oder?»
    Hinter der Brille glitzerten ihre Augen belustigt und möglicherweise auch interessiert: «Vielleicht ein andres Mal?»
    Sie verließ die beiden.
    «Ein anderes Mal, bitte, Dr. Hobson!» sagte Chief Inspector Morse, doch er sagte es zu sich selbst.

Kapitel sechsundfünfzig

    Der West glimmt noch von schwachen Tagesstreifen:
    Der Reiter spornt nun eil’ger durch die Dämmrung,
    Zur Schenke noch zu kommen

    (Shakespeare, Macbeth,
    3. Akt, 3. Szene)

    Das Haus, in dem die Daleys in den vergangenen achtzehn Jahren gelebt hatten, war verlassen. Margaret Daley, so sagten die Nachbarn, sei seit dem letzten Donnerstag fort, auf Besuch bei ihrer Schwester in Beaconsfield, und der Junge, Philip, war kaum gesehen worden, seit ihn die Polizei von St. Aldate nach Hause gebracht hatte. Aber es war nicht erforderlich, mit Gewalt in das Haus einzudringen, weil der Nachbar von nebenan einen Schlüssel für die Haustür hatte, und um 21.15 Uhr wurde mit einer vorläufigen Durchsuchung vom Haus des Ermordeten begonnen.
    Zwei wichtige Beweisstücke wurden sofort gefunden, beide auf dem Küchentisch mit der roten Kunststoffplatte. Das erste war ein Schreiben vom erstinstanzlichen Gericht für einfache Fälle in Oxford mit Datum vom 31.Juli — sehr wahrscheinlich empfangen am Sonnabend, dem 1. August —, das Mr. George Daley von den Punkten der Anklage gegen seinen Sohn, Philip, unterrichtete, und auf die verschiedenen Verpflichtungen, die er als Vater jetzt unter dem neuen Aggravated Vehicle Theft Act eingehe. Das Schreiben wies dann auf die Bestimmungen bezüglich Rechtshilfe hin und ersuchte Daley senior, am folgenden Donnerstag im Oxford Crown Court anwesend zu sein, wenn die Vernehmung im Fall seines Sohnes durchgeführt werde. Das zweite Beweisstück war eine Mitteilung von einem vorübergehend (so schien es) abwesenden Sohn an einen jetzt für immer abwesenden Vater, die beinhaltete, daß er
    Ein Exemplar der Oxford Mail von Freitag, dem 31. Juli, lag auf dem Mikrowellengerät, und Morse, mit den Gedanken woanders, überflog kurz die Titelseite:

    Autodiebe werden erneut gewarnt

    Fahrer und Beifahrer eines gestohlenen Autos, das den Kiosk eines Zeitungshändlers in der Broadmoor Lea-Siedlung gerammt hatte, wurden gestern im Oxford Crown

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