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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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umklammerte das Messer noch immer mit ihrer rechten Hand, als rechne sie damit, daß er sich noch einmal auf sie stürzen würde. Wie sie es schaffte, eine solche Waffe bei sich zu haben — wie ich schon sagte, war sie völlig nackt —, weiß ich nicht.
    Meine nächste klare Erinnerung ist, daß ich mit den drei anderen in dem Zimmer unten saß, daß wir Whisky pur tranken und uns fragten, was um alles in der Welt wir tun sollten, versuchten, einen Plan zu entwickeln. Irgend etwas! Was auch immer!
    Wir alle — ganz gewiß drei von uns — waren von der gleichen Angst besessen, dessen bin ich mir sicher: vor der Gesellschaft, unseren Freunden, Familien, Kindern, vor jedermann bloßgestellt zu werden, bloßgestellt als das, was wir wirklich waren — billige, schmutzige Perverse. Skandal, Schande, Ruin — nie zuvor war ich von so panischer Angst und Verzweiflung ergriffen.
    Ich komme jetzt zu dem schwierigsten Teil meiner Aussage, und ich kann mich nicht für die exakten Motive eines jeden von uns oder für bestimmte Details verbürgen. Aber die wesentlichen Punkte jenes Tages stehen noch ziemlich klar vor mir — wenn sie auch in der Rückschau in einer Art unwirklichem Nebel stattgefunden zu haben scheinen. Lassen Sie es mich einfach ausdrücken. Wir beschlossen, die ganze scheußliche Tragödie zu vertuschen. Es muß fast unglaublich erscheinen, daß wir solche gewaltigen Anstrengungen auf uns nahmen, um das Ganze zu verheimlichen, doch wir taten genau das. McBryde sagte uns, daß außer uns nur die Modellagentur vom Besuch des Schwedenmädchens wisse, und daß er sich darum kümmern werde, daß von der Seite kein Ärger komme. Es blieben also — wie schrecklich das alles jetzt klingt — zwei Tote übrig, zwei Leichen. Es war nicht daran zu denken, sie vor Einbruch der Dunkelheit beiseite zu schaffen, und so kamen wir überein, daß wir vier uns um 21.45 Uhr in der Seckham Villa einfinden würden.
    Während der letzten Monate hatte Myton aus Koffern gelebt, aus zwei großen zerbeulten braunen Koffern. Und hatte mit Unterbrechungen bei McBryde gewohnt, seit mehreren Wochen.
    Aber McBryde verwünschte sich noch immer, daß er die beiden, Myton und das Mädchen, hinaus
    in den Garten hinter dem Haus hatte gehen lassen, denn wenn Nachbarn Karin Eriksson gesehen hatten, würden sie sich mit Sicherheit an sie erinnern. Seine Befürchtungen in dieser Hinsicht aber scheinen grundlos gewesen zu sein. Was Mytons Koffer und persönliche Habe betraf, so würde McBryde sie hinten in seinen Lieferwagen packen und früh am nächsten Morgen zur Redbridge-Müllkippe schaffen. Mytons Auto war ein größeres Problem, aber der enorme Anstieg der Fahrzeug-Kriminalität in Oxford im vergangenen Jahr bot eine verhältnismäßig einfache Lösung. Es wurde beschlossen, daß ich um 22.45 Uhr derselben Nacht den Honda an den Rand von Otmoor fahren, alle Türen einschlagen und alle Scheiben zertrümmern und mit einem Hammer an den Motor herangehen würde. Und so geschah es. McBryde war mit seinem Lieferwagen hinter mir hergefahren und half mir sogar bei der Zerstörung, bevor er mich zurück nach Oxford brachte.
    Das war meine Rolle. Aber da war das andere gewaltige Problem — die Beseitigung von zwei Leichen. Und auch den Rucksack des Mädchens mußten wir loswerden. Warum wir den Rucksack nicht zusammen mit Mytons Koffern auf die Müllkippe warfen, ist mir völlig unklar. Und als was für ein beklagenswerter Fehler sollte sich das erweisen! Schließlich wurden die beiden Leichen in McBrydes Lieferwagen geschleppt und im Schutze der Dunkelheit — so habe ich es verstanden — zuerst nach Wytham gefahren, wo, nachdem Michaels die Schranke zum Weg in den Wald aufgeschlossen hatte, die beiden Förster Mytons Leiche in den Landrover schafften und dann losfuhren, um den Toten irgendwo im Wald zu vergraben; ich habe keine Ahnung wo.
    Dann fuhren die beiden Männer nach Blenheim, wo Daley natürlich Zugang zu allen Teilen des Großen Parks hatte, und schoben die Leiche Karin Erikssons, in eine Decke gewickelt und mit Steinen beschwert, in den See dort — auch in dem Fall weiß ich nicht wo.
    In der Rückschau erscheint das Ganze so roh und grausam. Aber manche Menschen reagieren merkwürdig, wenn sie unter Streß stehen, und an jenem schrecklichen Tag standen wir alle unter ungeheurem Streß. Ob die übrigen Beteiligten bereit sind, diesen Verlauf der Ereignisse zu bestätigen, weiß ich nicht. Ich habe diese Aussage aus freiem Willen

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