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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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gemacht, ohne Nötigung oder Beeinflussung, und sie entspricht der Wahrheit.»

    Diese Aussage war vom 1. VIII. 1992 datiert und wurde von Dr. Alan Hardinge, Fellow vom Lonsdale College, Oxford, unterschrieben, in Anwesenheit von Detective Chief Inspector Morse, Detective Sergeant Lewis und WPC Wright; auf Dr. Hardinges Wunsch war kein Rechtsanwalt zugegen.
    Während Hardinge erst etwa die Hälfte seiner Aussage hinter sich hatte, war George Daley, wie immer bereit, Überstunden zu machen, damit beschäftigt, in dem ummauerten Garten im Blenheim Garden Centre Petunien in Kästen zu pflanzen. Er hatte keine Schritte gehört, aber er spürte eine Hand auf seiner Schulter und zuckte nervös zusammen.
    «Gott verdamm mich! Sie sind schnell hier.»
    «Sie sagten, es sei dringend.»
    «Es ist verdammt dringend.»
    «Was ist dringend?»
    «Na, hören Sie mal...!»
    «Nein, Sie hören! Die Polizei kriegt diese Aussage irgendwann am Vormittag — hat sie wahrscheinlich schon. Und wir haben zugestimmt — Sie haben zugestimmt — vergessen Sie das nicht!»
    Daley nahm seinen Hut ab und fuhr sich mit dem Rücken seines Handgelenks über die verschwitzte Stirn.
    «Ich stimme verdammt noch mal nicht länger zu, Kumpel! Sehn Sie sich das an!» Daley zog einen Brief aus der Tasche. «Kam heut morgen mit der Post. Darum hab ich angerufen. Verstehn Sie, wie man mich rankriegen könnte? Mich! Und alles nur wegen dem verdammten Scheißkerl von einem Sohn! Nee, Kumpel! Was wir abgemacht haben, gilt nicht mehr. Machen wir’s doppelt soviel — oder ‘s wird nichts aus der Sache! Vier will ich. Nicht zwei. Vier!»
    « Vier? Wo zum Teufel soll das herkommen?»
    «Ihr Problem, oder?»
    «Wenn ich es aufbringen könnte», sagte der andere langsam, «woher soll ich wissen, daß Sie nicht...»
    «Wissen Sie nicht. Vertrauen, oder? Ich werd nicht nach mehr fragen niemals nicht — wenn wir’s vier machen.»
    «Ich komm an nichts ran, wie Sie wissen, nicht bevor die Banken am Montag wieder aufmachen.»
    Beide schwiegen.
    «Sie werden’s nicht bedauern, Kumpel», sagte Daley schließlich.
    «Aber Sie, wenn Sie mir noch einmal mit so was kommen!»
    «Drohen Sie mir nicht!»
    «Ich drohe Ihnen nicht nur, Daley — ich werde Sie verdammt noch mal umbringen, wenn Sie es noch mal versuchen!»
    Seine leise Stimme klang jetzt gefährlich und kraftvoll, er wandte sich um und sagte im Gehen: «Sie kommen besser zu mir — weniger Leute dort.»
    «Ist mir recht.»
    «Gegen zehn; früher hat es keinen Sinn. In meinem Büro, okay?»
    «Sagen wir vor Ihrem Büro.»
    Der andere zuckte die Achseln. «Ist mir egal.»

Kapitel zweiundfünfzig

    Es kommt alles, wenn man nur wartet

    (Benjamin Disraeli, Tancred)

    Eine Stunde nachdem Hardinge gegangen war — hatte gehen dürfen kam Lewis mit drei Fotokopien des Dokuments zurück in Morses Büro.
    Morse nahm einen von den Bögen auf und sah sichziemlich flüchtig, so schien es, die Übertragung von Hardinges Aussage an. «Was halten Sie von dem Ganzen?»
    «Ein oder zwei Sachen sind etwas seltsam, Sir.»
    «Nur ein oder zwei?»
    «Na ja, eigentlich zwei Sachen. Ich meine, da ist dieser Daley, nicht? Er ist an dem Nachmittag in Park Town, und in der Nacht stößt er die Leiche des Mädchens in den See von Blenheim.»
    «Ja?»
    «Und dann schiebt er den Rucksack des Mädchens unter eine Hecke bei Begbroke. Ich meine...»
    «Ich wollte, Sie würden nicht immer sagen, Lewis.»
    «Na ja, man sollte doch denken, daß er ihn Meilen entfernt verstecken würde, oder? Er hätte ihn leicht bei Burford oder Bicester oder sonstwo abladen können. Ich mei...»
    «Warum nicht in die Decke wickeln? Zusammen mit der Leiche?»
    «Nun, ja. Irgendwo — außer dort, wo er ihn versteckt hat.»
    «Ich glaube, Sie haben recht.»
    «Warum fragen wir ihn nicht einfach?»
    «Alles zu seiner Zeit, Lewis! Sie sagten, zwei Sachen, nicht wahr?»
    «Na ja. Eigentlich ist es genau das gleiche. Sie beschlossen, die Leiche von Myton in den Wytham-Wald zu bringen, einverstanden? Und sie haben sie dorthin gebracht, weil wir sie gefunden haben. Was ich nicht verstehe: Warum hat Michaels Ihnen gesagt, wo sie war? Ich meine — tut mir leid, Sir.»
    «Aber das hat er nicht getan, oder? Er hat uns nicht gerade eine Planquadratangabe gemacht.»
    «Aber er hat mit Ihnen über Pasticks gesprochen.»
    «Unter anderem, ja.» Eine Weile sah Morse hinaus über den Makadamhof, mit leerem Blick offenbar, obwohl er ernsthaft nickte. «Ja-a, Lewis!

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