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Finstere Propheziung

Finstere Propheziung

Titel: Finstere Propheziung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. B. Gilmour , Randi Reisfeld
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nannte man das und Cam war superstolz auf ihn. Auf sein Hemd allerdings weniger. Er trug doch tatsächlich diese HawaiiUngeheuerlichkeit, die ihm seine Bürotruppe vor dem Urlaub zum Abschied geschenkt hatte. Es war als Scherz gemeint gewesen, da war Cam sich sicher. Und dennoch trug er es, allen Ernstes. Normalerweise wäre es ihr nie in den Sinn gekommen, vor ihrem Vater etwas zu verheimlichen oder ihn gar zu belügen. Diesmal jedoch, das spürte sie, musste sie ihm die Wahrheit vorenthalten. Was hätte sie sagen sollen? Dass ein dürrer alter Mann mit weißen Haaren, der ihr seit ihrer Kindheit im Traum erschien, auf einmal auf Marleighs Platz gesessen und Cam beschworen hatte, nicht nach Montana zu fahren? Dass er angedeutet hatte, Marleigh würde ihre Hilfe brauchen? Dass er etwas gesagt hatte, was sich anhörte wie: »Man will sie kicknappen?« Was wiederum ziemliche Ähnlichkeit mit »kidnappen« hatte. Was, soviel sie wusste, noch immer dasselbe bedeutete wie entführen. Klar. Ihre Eltern wären davon sicherlich ebenso begeistert, wie Beth es gewesen war. Besonders ihre Nun-mal-im-Ernst-Mutter, deren Ziel es im Leben war, gesunde und ausgeglichene Kinder heranzuziehen.
    »Ich weiß auch nicht«, sagte Cam also, zuckte leicht mit den Schultern und nestelte an ihrer Schirmmütze herum. »Keine Ahnung. Nur so ein Gefühl, eine Vermutung.« Sie versuchte, das Ganze herunterzuspielen. »Du weißt schon, mein berühmter sechster Sinn.«
    »Ach ja, das hatte ich ganz vergessen«, sagte Beth mit spannungsgeladener Stimme. »Sie sieht so was ja.«
    »Du bist so witzig, Beth«, murmelte Cam und wünschte verzweifelt, dass ihre beste Freundin oder jemand anderes, irgendjemand außer ihr, den knochigen alten Typen auf der Tribüne gesehen hätte. Was hatte Beth wohl als Nächstes vor - wollte sie Cam vielleicht daran erinnern, dass sie das Spiel vergeigt hatte? Ein Tor hätte gereicht. Stattdessen hatte sie diese kratzige Stimme gehört, dieses Gesicht gesehen, und war erstarrt. Sie allein war dafür verantwortlich, dass Marble Bay das Turnier verloren hatte. Die ganze Saison im Eimer. Ihretwegen.
    Für Cam war es erleichternd, aus der Stadt herauszukommen und ihren Mitspielerinnen eine Zeit lang nicht gegenübertreten zu müssen.
    Und dennoch war ihr irgendetwas an diesem bevorstehenden Urlaub unheimlich, etwas anderes noch als die selbst gestellte Frage, ob sie eigentlich noch alle Tassen im Schrank hatte, etwas Seltsameres noch als die Erscheinung eines alternden Kobolds, der vielleicht oder vielleicht auch nicht Marleighs Verschwinden vorausgesagt hatte ...
    Normalerweise fuhr ihre Familie nach Hilton Head Island in South Carolina, um zwei Wochen mit Golf, Tennis und Sonnenbaden zu verbringen. Aber in diesem Sommer hatten sie die Einladung eines dankbaren Klienten ihres Dads angenommen, einige Zeit auf seinem Landhaus, einer Ranch in Montana zu verbringen. Der weitläufige Komplex hieß Saddlebrook und der Typ, dem alles gehörte, hatte einen merkwürdigen Namen: Sot Naht. Was ihren Bruder Dylan sicher sofort zu allerhand komischen Namensgebungen verleitete hätte, wäre er denn hier gewesen. Cam aber ließ das kalt. Anfangs war sie dankbar für die Gelegenheit gewesen, so weit weg von Marble Bay zu sein, dem Ort ihres unrühmlichen »Auftritts«, und sie war begeistert davon gewesen, dass Beth mitgekommen war. Zusammen konnten sie überall Spaß haben. Aber seit sie angekommen waren, hatte sie sich noch mehr verunsichert gefühlt als daheim. Irgendetwas an dieser Gegend, den weiten Ebenen Montanas, verursachte in ihr ein Gefühl von Angst. Auch von Einsamkeit. Klar. Einsamkeit, wo sie doch ungefähr alle Menschen um sich hatte, die ihr total viel bedeuteten. Keine Frage, sie war nicht ganz dicht.
    Sie hatte vorgehabt, ihren Vater zu fragen, woher er Mr Sat Naht kannte. Im Wohnzimmer der Villa hing das gigantische Porträt eines stämmigen, gut gekleideten, bärtigen Mannes. Eines Mannes mit einem Gesichtsausdruck, der Cam - sie schüttelte sich, wenn sie davor stand - an eine Ratte erinnerte, eine dicke, satte Ratte. Eines Mannes mit brennenden schwarzen Augen, der, wie sie vermutete, wohl Mr Naht war. Sie fragte sich, was für Geschäfte er mit ihrem Vater gemacht hatte. »Erde an Cam. Wenn Sie dann bitte jetzt abstimmen würden?« Die Stimme ihrer Mutter unterbrach ihre Gedanken. »Es gibt zwei Sachen zur Auswahl. Wir können zum Wild-West-Erlebnispark hinten am Crow Creek fahren. Angeblich ist das eine

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