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Finstere Propheziung

Finstere Propheziung

Titel: Finstere Propheziung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. B. Gilmour , Randi Reisfeld
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...«
    Cam starrte unentwegt nach oben, als ob ihre verblüffend gesteigerte Sehkraft das Einzige wäre, was die wackelige Schraube noch festhielt; sie hatte Angst davor den Blick abzuwenden. Aber es kam ihr so vor, als habe jemand ihren stummen Hilferuf gehört. Und plötzlich, mit einer Mischung aus tiefem Schock und großer Dankbarkeit, wusste sie, dass es das Mädchen mit den grauen Augen aus Crow Creek war. Alex.
    »... am Himmel hell und klar...« Die Maschine hätte schon vor Jahren verschrottet werden müssen, hörte Alex ihre eigenen, verzweifelten Gedanken.
    Warum war das Ding denn nie überprüft worden? Warum hatte es niemand repariert? Die Leute dort oben werden nicht überleben, dachte Cam.
    Ich muss ihnen helfen, muss etwas unternehmen. Ich kann sie doch nicht einfach sterben lassen. »Warum denn nicht?«, fragte da plötzlich eine tiefe, beunruhigende Stimme, die Stimme eines Mannes. Cam schauderte. Grauen erfasste sie. Zitternd drehte sie sich in Richtung der Stimme und sah, im Schatten des Kartenschalters, einen stämmigen, bärtigen Mann mit rabenschwarzem Haar und Augen so dunkel wie eine Lache aus verschüttetem Motoröl. Ein verzerrtes Lächeln spielte auf seinen Lippen, als er sah, dass sie seinen Blick erwiderte. Sie wollte sich wieder der Gondel zuwenden, die unsicher über ihren Köpfen schaukelte, aber das finstere Lächeln des Mannes hielt ihren Blick gebannt, es schwächte und es betäubte sie. Er hätte irgendjemand sein können, irgendein großer Mensch. Er trug ein schlichtes Hemd, Jeans und trotz der Sommerhitze eine Lederjacke und dicke genagelte Arbeitsstiefel. Cam stand wie erstarrt, hypnotisiert. Ihre Kraft und Entschlossenheit schienen langsam zu versickern. Mit einem Mal verspürte sie eine tiefe Erschöpfung, eine hoffnungslose, verzweifelte Leere in sich.
    Blitzschnell erschien aus dem Nichts ein Würstchenverkäufer mit seinem kleinen Handkarren. Er war alt, wirkte schwach und trug in dieser Umgebung seltsam unangemessen erscheinende schwarze Samtschuhe. Cam schnappte nach Luft. Es war der alte dürre Typ, den sie auf der Tribüne beim Fußballspiel gesehen hatte. Er ging direkt vor dem stämmigen, finsteren Fremden entlang und unterbrach so den Blickkontakt. Ohne vorheriges Anzeichen verdunkelte sich plötzlich der Himmel und ein donnernder Wirbelsturm fegte über den Park. Verblüfft und überrascht fingen die Besucher an zu schreien. Eintrittskarten, Servietten, Zeitungen, Mülleimer, alles, was nicht festgenagelt war, schien durch die Luft geschleudert zu werden. Besorgte Eltern umklammerten ihre Kinder und versuchten, so gut es ging, irgendwo Schutz zu finden.
    Und die Gondel ganz oben am Planwagen machte ein grässliches Geräusch, als sie heftig hin und her schaukelte. Cam fühlte, wie ihr jemand auf die Schulter tippte. Sie stieß einen spitzen Schrei aus und wirbelte herum. Ihr Ebenbild, das Mädchen mit den blauen Strähnen in den wirren Haaren, Alex. Sie machte einen Satz zurück und brüllte: »Hey, krieg dich wieder ein!«
    »Was machst du denn hier?«, fragte Cam fassungslos. »Das Gleiche wie du«, hörte Alex ihre eigene Antwort. »Und wir sollten uns beeilen.«
     
    Sie wussten, was jeden Moment geschehen konnte. Cam konnte es sehen. Alex konnte das Quietschen der rostigen Schraube hören, während die Gondel mit der ahnungslosen Familie vom Wind hin und her gepeitscht wurde. Entsetzt sahen sie zu, wie die Schraube sich langsam aus der Stange löste. »Wir brauchen Hilfe«, rief Cam durch den heulenden Sturm. »Aber woher«, rief Alex zurück.
    »Kannst du sie sehen? Ich meine, sie machen irgendwie einen So netten Eindruck...«
    »Was sollen wir machen, das ist die Frage.« Die Worte flogen aus Alex' Mund. Sie hatte keine Ahnung, wie sie sich in ihren Gedanken gebildet hatten, geschweige denn, wie ihre Lippen sie geformt hatten.
    »Oh bitte, oh bitte«, rezitierte Cam plötzlich, »erhör unsre Klage.« Sie sprach schon wieder in Versen - genau wie während des Fußballspiels.
    Verwirrt und besorgt wandte sie sich Alex zu. »Die Menschen dort droben sind liebend und gut«, flüsterte Alex. Ihre Augen waren geschlossen. Ihre Hände zu eisernen Fäusten geballt. »Hilf, sie zu retten ... vorm sicheren Tod«, murmelte Cam aufgeregt und griff nach Alex' Hand.
    Eine Welle von Energie fuhr durch ihre Körper. »Tod reimt sich doch gar nicht auf gut«, brummte Alex.
    »Was Besseres ist mir nicht eingefallen«, verteidigte sich Cam.
    Panik überfiel sie wieder und

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