Finstere Propheziung
dass sie gemeinsam etwas Unmögliches vollbracht hatten. Er hörte jedes Wort und versicherte, dass er ihr glaubte. Er versprach sich um die Angelegenheit zu kümmern, aber er schwor, dass er nichts von einem anderen Baby wusste. Cam entzog sich seinem Griff. »Wenn du es mir nicht sagen willst, dann gib mir wenigstens den Namen der Agentur. Ich krieg das auch allein raus.« Dave zögerte.
»Wenigstens das seid ihr mir schuldig.«
»Es war eine private Adoption, Cam.«
»Aber irgendjemand wird doch wohl die Vermittlung übernommen haben. Ich kenne dich« , Cam deutete mit dem Finger auf ihn. »Du bist Anwalt. Du würdest niemals etwas tun, was gegen das Gesetz ist. Es gab doch bestimmt irgendeine Agentur.«
»Nein.«
»Dann zeig mir meine Geburtsurkunde. Da steht drauf, ob es mehr als ein Kind gab. Das weiß ich aus dem Fernsehen. Da s teht dann >Mehrlingsgeburt.<« I nzwischen zitterte ihr Vater. Sein Anblick machte Cam Angst. Er setzte sich und nahm ihre Hände in seine. »Es gab keine Geburtsurkunde, Cami. Zumindest ursprünglich nicht.« Cams Mund stand offen. Sie fühlte sich, als hätte sie gerade etwas mit voller Wucht in der Magengrube erwischt. Wie war das alles möglich ? »Cam«, setzte ihr Dad an.
Aber sie hob die Hand, um ihn davon abzuhalten, weiter zu sprechen.
Eine Etage tiefer klingelte jemand. Das Geräusch war so laut, dass Cam die Schwingungen im ganzen Körper spürte.
»Was ist denn, Cami?«, fragte ihr Dad. »Da ist doch nur jemand an der Tür.«
Und sie hörte ihre eigene Stimme, selbstsicher und barsch. » Ich weiß auch, wer.«
Kapitel 18 - DER VERBLÜFFTE GAST
»Alex?«, rief Cam, noch bevor die Tür ganz geöffnet war. »Cam ?« Alex stand benommen auf der Veranda vor dem Haus. »Was machst du denn hier?«, fragten sie sich gegenseitig verblüfft wie aus einem Mund.
Alex blickte zur Auffahrt zurück, aber Doc war verschwunden. »Ich weiß nicht genau«, sagte sie.
»Komm rein«, antwortete Cam. Sie nahm Alex' Hand, die den Griff einer kleinen Sporttasche umklammerte, und zog das Mädchen ins Haus.
Ein Knistern entstand zwischen ihnen. Beide kreischten auf. Es war, als hätte die Berührung ihrer Handflächen eine seltsame Verbindung geschaffen, einen Schaltkreis, durch den elektrische Ladung floss. Es war genau wie der Funkenstrom, den sie verspürt hatte, als sie damals mit Docs Arm in Berührung gekommen war, dachte Alex. Funken zum Quadrat.
Cams Sinne schienen mit einem Mal schärfer zu werden. Was noch einen Moment zuvor nur das leise Murmeln von Stimmen gewesen war, das aus dem Flur kam, verwandelte sich nunmehr in klare und deutliche Worte. »Oh Dave, wir hätten es ihr sagen müssen«, hörte sie. »Wer ist das denn?«, fragte Alex. »Warum weint sie?« Überrascht erwiderte Cam: »Meine Mom. Sozusagen.« Ihr Dad war offenbar direkt hinter ihr die Treppe hinuntergelaufen - nun stand er mit ihrer Mutter im Flur. Zum Glück konnten sie von dort aus die Haustür nicht sehen. »Nur eine Freundin«, rief Cam in Richtung ihrer Eltern und nahm die verwirrte Alex rasch mit nach oben.
Alex' graue Augen weiteten sich vor Staunen, als sie sich in Cams großem Zimmer umsah - allein die Ausmaße, der weiche Teppich, das Licht; dazu die Farborgie der an die Wand gehefteten Poster, Postkarten, Schnappschüsse, Sportabzeichen, Comics, Zeitungsartikel und Modefotografien, die Cam aus Zeitschriften gerissen hatte. Der Raum war so groß, dass zwei Betten darin Platz hatten. Eines davon war beinahe vollständig unter einem Berg von Kleidungsstücken, Büchern, Zeitschriften und CDs begraben. Cam eilte an Alex vorbei und pflückte wahllos ein zerknittertes T-Shirt, Jeans und leuchtende Neonshorts vom Haufen. Entschuldigend sagte sie: » Ich bin einfach noch nicht dazu gekommen ... «
»alles wegzuräumen«, vollendete Alex den Satz. »Ich weiß.«
»Das sind meine Urlaubsklamotten.« Aufgeregt rannte Cam ins Bad, das zwischen ihrem und Dylans Zimmer lag, und verfrachtete einen Arm voller Kleider in den Wäschekorb. »Aber das ist dir wahrscheinlich sowieso völlig egal, oder?«
»Gut geraten«, stimmte Alex zu und stellte ihre Sporttasche ab. »Dein Zimmer ist fast so groß wie unser ganzes Haus.«
»Euer Wohnwagen?«, fragte Cam, als sie aus dem Bad zurückkam. Alex setzte sich auf den Rand des noch immer unordentlichen Bettes, auf die wenigen Quadratzentimeter, auf denen kein Cami-Zeugs rumlag, und betrachtete ihre Doppelgängerin neugierig. »Ich habe Haus gesagt, aber ich meinte
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