Finsteres Licht
wäre? Ich heulte mich eine Weile lang so richtig in den armen der besten Freundin meiner Mutter aus. Sie hielt mich solange fest und war einfach nur da. Das war ein gutes Gefühl.
Dann wurde mir etwas klar. Nitsa sprach über diese Dinge als ob sie sie nichts angehen würden. Sie erzählte das alles, als ob sie gar nicht dabei gewesen wäre. Manchmal war sie zwar traurig und manchmal lachte sie während sie erzählte . Aber sie konnte dies e Gefühle ziemlich schnell beis eite schieben und über etwas anderes reden. Für sie war es selbstverständlich, Constantin als Monster zu sehen. Sie wusste wie er war und nahm es so hin, weil sie es nicht ändern konnte. Sie konnte es nicht alleine ändern, aber vielleicht gab es irgendwann die Möglichkeit, alledem ein Ende zu machen. Und ich sollte endlich lernen mit meinem Sch icksal zu leben. Ich sollte nicht alles so schwer nehmen. Wenn mich diese Dinge noch länger fertig machen , kann ich mich bald in eine Irrenanstalt einliefern lassen, dachte ich. Ich musste das alles etw as von mir wegschieben , durfte es nicht so nahe an mich ran lassen.
Plötzlich wurde ich mir der Tatsache bewusst, dass Aris schon sehr lange weg war. Hoffentlich war ihm nichts passiert.
„Weißt du wo Aris ist?“, fragte ich seine Mutter und hoffte nicht allzu besorgt zu klingen.
Sie schüttelte den Kopf.
„Er sagte doch, dass e r gleich wieder da wäre.“
Nur war das schon eine ziemlich lange Weile her.
„Aris!“, rief Nitsa laut. „Wo bist du?“
Plötzlich stand er in der Tür.
„Ich wollte euch alleine lassen. Frauengespräche, ihr wisst schon. Das geht mich nichts an.“
Ich musste schmunzeln . Ganz der Macho der er war, stand er in der Tür und fuhr sich mit den Fingern durch seine glänzenden Haare, die ständig verführerisch seine Augen umspielten .
„Danke“, sagte ich und schenkte ihm ein dankbares Lächeln.
„Ist doch selbstverständlich. Wir sollten aber bald wieder los. “
„Wie spät ist es?“, fragte ich hektisch und sprang auf.
Es war schon zu viel Zeit vergangen. Wenn Constantin bereits nach mir suchte? Oder nach Aris?
„Es ist später Vormittag, fast Mittag “, antwortete Nitsa.
„Mist. Wir sollten wirklich los“, drängte ich aufgrund m e iner innerlichen Angespanntheit, schüttete den letzten Schluck Blut in meine Kehle und sprang auf.
„Mach dir keine Sorgen. Wenn Constantin wissen will wo du warst, sagst du einfach, wir haben die Nacht unter freiem Himmel verbracht. Wir waren im Wald, weil dir gestern alles zu viel wurde und du die Enge deines Zimmers nicht ertragen konntest. Sowas sagen doch Frauen ständig, oder nicht?“, wandte Nitsa sich an ihren Sohn .
„Ganz recht “ , bestätigte er schelmisch grinsend.
Nitsa nahm Aris wieder in eine lange Umarmung und verabschiedete sich mit einem sanften Kuss au f die Wange von ihm. Sie stieß einen Schrei aus, als Aris sie hochhob , um sie ordentlich zu drücken.
„Ich liebe dich“, hauchte sie ihm ins Ohr.
„Ich lieb dich auch“, antwortete er stolz.
Dann kam ich an die Reihe. Nitsa schlang ihre Arme um mich un d streichelte über meinen Kopf. Sie nahm mein Gesicht in ihre Hände und betrachtete mich.
„ Es ist nicht zu fassen, Liljas Tochter ist die Auserwählte.“
Sie strahlte vor Freude über das ganze Gesicht.
„ Ich habe Lilja versprochen, immer für ihre Kinder da zu sein, falls mit ihr irgendetwas sein sollte. Dieses Versprechen werde ich halten. Ich werde immer für dich da sein, so wie ich es für mein eigenes Kind bin. Wenn du etwas brauchst, zögere nicht es mich wissen zu lassen. Versprichst du mir das?“
Ich nickte verlegen .
„Ich möchte an deinem Leben teilhaben, wenn es dir recht ist. Besuch mich bald wieder , aber erzähl niemandem davon. “
Ich bedankte mich , versprach über meinen Besuch S tillschweigen zu bewahren und verließ mit Aris das abgelegene schlichte Holzhaus. Nitsa würde wahrscheinlich in Teufels Küche kommen, wenn jemand Wind davon bekam, worüber sie mit mir sprach. Womöglich schon allein deswegen, weil sie mit mir redete.
Sie winkte uns von der Tür aus zu, bis wir hinter den Bäumen verschwunden waren. Als sie außer Sicht- und Hörweite war fragte ich Aris, warum diese Tür keine Klinke an der Außenseite hatte. Irgendwie kam mir das komisch vor und ließ mir keine Ruhe.
Er erklärte mir belustigt, dass Nitsa keine ungebetenen Gäste mochte. Sie selbst konnte immer in ihr Haus, denn sie war seine Besitzerin. Es bestand
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