Finsteres Verlangen
lehnte. Eigentlich war er doch für zwei Wochen beurlaubt. Hatte Zerbrowski gelogen? Konnte ich mir eigentlich nicht vorstellen. Aber was tat Dolph dann hier?
Ich klopfte energisch an. Ich wartete und nahm mir vor, ruhig zu bleiben, oder zumindest ruhig zu erscheinen. Zerbrowski öffnete einen Spaltbreit. Er sah mich überrascht an.
»Das ist kein guter Zeitpunkt«, sagte er und gab mir mit Blicken zu verstehen, dass Dolph da war.
»Ich weiß, dass Dolph da drin ist, Zerbrowski. Ich dachte, er ist beurlaubt.«
Zerbrowski seufzte, aber sein Blick war ärgerlich. Er war sauer auf mich, weil ich mich nicht einfach davonschlich, sondern die Situation schlimmer machte. Situationen verschlimmern war eine besondere Gabe von mir. Zerbrowski sollte das inzwischen wissen.
»Lieutenant Storr ist hier, weil er noch Chef des RPIT ist und weil er uns auf den Verdächtigen aufmerksam gemacht hat.«
»Verdächtigen? Wieso wird Jason verdächtigt?«
»Sie wollen das bestimmt nicht auf dem Flur besprechen, Anita.«
»Nein, natürlich nicht. Ich will in den Verhörraum, damit wir uns wie vernünftige Leute unterhalten können. Sie sind es, der mich auf dem Flur stehen lässt.«
Er leckte sich die Lippen, hätte sich beinahe zu Dolph umgedreht, bezwang sich aber. »Kommen Sie rein.« Dann raunte er mir zu: »Aber bleiben Sie auf dieser Seite des Raumes.«
Ich folgte ihm hinein und ließ mich von ihm zu einer Stelle dirigieren, wo ich den Tisch zwischen mir und Dolph hatte. Scheinbar traute Zerbrowski Dolphs Selbstbeherrschung nicht.
»Sie lassen sie auf keinen Fall teilnehmen«, sagte Dolph.
Zerbrowski straffte die Schultern. »Wir haben sie gebeten, den Tatort zu begutachten, Dolph.«
»Ich nicht.«
»Doch, das haben Sie«, sagte ich.
Dolph machte den Mund auf, doch dann presste er die Lippen zusammen. Er verschränkte die Arme so fest, dass es schmerzhaft aussah. Vielleicht traute er seiner Selbstbeherrschung auch nicht. In seinen Augen stand enorme Wut. Normalerweise gaben sie nichts preis, wie bei jedem guten Polizisten, aber heute sah man ihm alles an. Ich verstand nur nicht, woher seine Angst kam.
Jason saß am Tisch und versuchte, so klein und harmlos wie möglich auszusehen. Da er nicht viel größer war als ich, gelang ihm das ganz gut.
Zerbrowski zog die Tür zu und setzte sich an die Seite des Tisches, näher zu Dolph, sodass mir der Stuhl gegenüber blieb.
Ich setzte mich nicht. »Warum verdächtigen Sie Jason?«
»Er hat Abwehrverletzungen, die zur Tat passen.«
»Sie glauben doch nicht wirklich, dass Jason was mit«, ich suchte nach einem angemessenen Wort, »diesem Gemetzel zu tun hat, oder?«
»Er ist ein Werwolf und hat Abwehrverletzungen«, sagte Dolph. »Wenn er nicht unser Opfer vergewaltigt hat, dann jemand anderen.«
»Sie sind nur hier, um die Ermittlung zu beobachten, Lieutenant«, schaltete sich Zerbrowski ein, doch ihm war deutlich anzusehen, dass er lieber woanders gewesen wäre, anstatt Dolph zu sagen, er solle sich raushalten.
Dolph setzte zu einer Erwiderung an, biss dann aber die Zähne zusammen. »Schon gut, Sergeant, machen Sie weiter«, lenkte er ein, aber da kam mehr Hitze rüber als von einem Waldbrand.
»Moment mal, sagten Sie Vergewaltigung?«
»Am ersten Tatort haben wir Sperma gefunden«, erklärte Zerbrowski.
»Bei dem Gekreuzigten?«, fragte ich.
»Nein«, antwortete Dolph barsch, »bei der Frau, die zerfetzt wurde.«
»Sperma heißt nicht zwangsläufig Vergewaltigung, nur dass der Täter seinen Spaß hatte. Es muss nicht mal direkter sexueller Kontakt stattgefunden haben. Ich habe die Leiche gesehen. Es lässt sich gar nicht feststellen, ob er sie angerührt hat oder nicht.« Mir kam ein schrecklicher Gedanke. »Bitte sagen Sie mir nicht, Sie meinen den Kopf.«
Zerbrowski schüttelte den Kopf. »Nein. Es war über den ganzen Tatort verteilt.«
Eine geringe Erleichterung. Eine geringe. »Warum spricht Dolph dann von Vergewaltigung?«
»Es war ein bisschen mehr an der zweiten Toten«, sagte Zerbrowski.
Ich sah ihn an. »Ich kann mich nicht entsinnen, dass ich über eine zweite Leiche informiert wurde.«
»Davon brauchten Sie nichts zu wissen«, sagte Dolph. »Sie hatten recht, ich habe Sie beim ersten Tatort hinzugezogen, aber den Fehler habe ich nicht zweimal gemacht.«
Ich ignorierte ihn nach Kräften und sah Zerbrowski an. Später, gab er mir mit stummen Lippenbewegungen zu verstehen.
Na schön, Zerbrowski würde mich also ins Bild setzen, sowie wir ein
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