Finsteres Verlangen
einen Türkiston, der seine Augen grün leuchten ließ. Das Hemd hatte Ansparungen auf den Schultern und entlang der Arme, und ein schwarzer Kordeldurchzug verhinderte, dass die Stoffteile auseinanderklafften. Die Manschetten waren breit und steif, hatten glänzende schwarze Knöpfe und waren an der Innenseite ausgeschnitten, sodass die Handgelenke freilagen. Durch das Türkis wirkte seine Haut sehr gebräunt, sehr glatt, sehr warm.
Die Hose passte zum Hemd und nicht nur farblich. Sie hatte Löcher an den Seiten, durch die die glatte Haut der Hüften und Oberschenkel durchblitzte. Vermutlich hatte sie auch weiter unten Löcher, doch von den Knien abwärts steckte sie in schwarzen Stiefeln.
Die Hosen waren so eng, dass er sicher keinen Gürtel brauchte, aber durch die Gürtelschlaufen wand sich eine schwarze Kordel, und die Enden schwangen beim Gehen hin und her. Dann erst sah ich, dass die Hosenbeine auch an den Innenseiten Löcher hatten.
Ich schüttelte den Kopf. »Mehr Löcher als Stoff.«
Er lächelte mich an. »Ich bin Futter. Man muss also an das Blut herankommen können. Jean-Claude will niemandem einen Vorwand liefern, jemanden auszuziehen.«
Ich sah Jean-Claude an. »Er wird keinen von diesen Leuten sättigen.«
»Non, ma petite, er ist für uns da und nur für uns. Aber auch wir wollen ihn nicht entkleiden. Wenn wir alle unsere Kleidung fest anbehalten, dann werden es die anderen auch tun. Es wäre ein unverzeihlicher Fauxpas, wenn die Gäste ihre Speise entkleideten und wir nicht. Es ist unser Haus, da gelten unsere Regeln.«
So gesehen war dagegen schwer etwas einzuwenden, aber ich hätte es trotzdem gern getan. Dann sah ich Micah genauer an. »Er ist geschminkt.« Ich stand von dem Stuhl auf, auf dem Stephen mich zurechtgemacht hatte, und trat näher an Micah heran. Er war nicht nur an den Augen geschminkt, aber es war so gut gemacht, dass man es nicht gleich sah.
»Ich konnte nicht widerstehen«, sagte Jean-Claude. »Diese Augen verdienen es, hervorgehoben zu werden.«
Micahs Haare waren glatt zurückgekämmt und zu einem kunstvollen Knoten am Hinterkopf gebunden. »Wo sind die Locken hin?«, fragte ich.
»Man hat sie glatt gefönt«, sagte Jean-Claude. Er trat heran und berührte sie beinahe vor Begeisterung. »Er hat sich über keine unserer Verschönerungsmaßnahmen beschwert.« Er schoss mir einen vielsagenden Blick zu. »Eine wohltuende Abwechslung.«
Micah sah mich groß an. Seine Augen wirkten noch verblüffender als sonst. »Gefällt es dir nicht?«
Ich schüttelte den Kopf. »Doch, es gefällt mir. Du bist schön.« Ich zuckte die Achseln. »Es ist nur so ungewohnt bei dir.« Ich wandte mich Jean-Claude zu. »Dich habe ich noch nie mit so viel Make-up gesehen.«
»Seit Belle Morte möchte ich mich selbst nicht mehr damit sehen.« Er schottete sich ab, während er das sagte, um die Erinnerungen, die damit einhergingen, zu verbergen.
»Und warum habt ihr Micah so aufgedonnert?«
»Es gefällt dir nicht«, wiederholte Micah.
Ich runzelte die Stirn. »Das stimmt nicht. Aber warum heute Abend? Was gewinnen wir damit? Erzähl mir nicht, dass du damit keinen Zweck verfolgst.« Ich drehte mich und richtete die Frage damit auch an Asher, der ein Stück entfernt in seinem Sessel saß. »Keiner von euch würde sich grundlos diese Mühe machen. Die ganze Zeit habe ich euch nur klagen hören, wir hätten nicht genug Zeit, um alles für das Bankett vorzubereiten.« Ich deutete auf Micah. »Das hat viel Zeit gekostet, die man für anderes hätte verwenden können. Also frage ich: Was ist los?«
Sie wechselten einen Blick, dann sah Asher eifrig auf den Boden oder betrachtete seine perfekt manikürten Fingernägel.
»Raus damit«, verlangte ich von Jean-Claude.
Er zuckte die Achseln, aber mehr verlegen als elegant. »Musette war schließlich gezwungen, uns die vollständige Gästeliste zu nennen. Sie hatte uns drei Leute verschwiegen, weil sie ein Teil von Belles Geschenk sind.«
»Es gibt also drei geheimnisvolle Gäste. Was hat das mit Micahs Aufmachung zu tun?«
»Einer der Vampire hat eine Vorliebe für schöne Männer. Asher und ich sind beide schon mit ihm in Konflikt geraten, mehr als einmal.«
»Und?«
»Es ist uns eine besondere Freude, so köstliches Fleisch vor ihm zur Schau zu stellen, ohne dass er es berühren darf.«
»Du willst also kleinlich sein.«
Plötzlich wurde Jean-Claude ärgerlich. Es war ihm deutlich anzusehen. »Du verstehst das nicht, ma petite. Belle hat
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