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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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geschnitzte Rückenlehnen. Der Tisch bildete eine strahlende Insel inmitten des schummrigen Dunkels. Zwei Dinge wunderten mich. Erstens gab es an jedem Platz viele Besteckteile, mit denen ich nichts anzufangen wusste. Wofür benutzte man zum Beispiel eine winzige, zweizinkige Gabel? Sie lag am Kopf des Tellers, war also für Meeresfrüchte, Salat oder Süßspeisen gedacht. Vermutlich für Meeresfrüchte oder Dessert, denn ich meinte zu erkennen, welches die Salatgabel war. Da ich noch nie bei einem festlichen Vampirdinner gewesen war, wollte ich nicht spekulieren, wozu die zweizinkige Gabel vielleicht noch dienen könnte.
    Zweitens waren auch am Boden Gedecke angeordnet, jedes auf einer weißen Leinenserviette wie für ein Miniaturpicknick und zwischen den Stühlen, sodass der dazugehörige Fußraum frei war. Es war … sonderbar.
    Ich stand in meinem schwarz-blauen Kleid da und tippte nervös mit der Schuhspitze, während ich überlegte, warum Gedecke auf dem Boden bereitstanden.
    Jean-Claude trat durch die langen schwarzen Vorhänge an der Tür zwischen diesem Saal und dem angrenzenden Vorzimmer, in dem sich alle drängten. Ich hasste Partygedränge, selbst bei normalen Partys. Und heute Abend gab es Smalltalk als Schlacht mit Klauen und Zähnen. Alles hatte doppelte und dreifache Bedeutung. Jeder versuchte möglichst raffiniert zu beleidigen. Immer schön höflich, hinterrücks und fies. Meine Smalltalk-Fähigkeiten waren ziemlich beschränkt, sodass ich unter Musette und ihresgleichen quasi unbewaffnet war. Ich hatte eine Pause gebraucht, bevor es richtig zur Sache ging. Wenigstens würde Musettes minderjähriger Pomme de sang nicht an dem Bankett teilnehmen. Es hieß, die Kleine sei nach Europa zurückgeschickt worden, weil mich ihre Gegenwart verstimmte. Ich vermutete dagegen eher, dass Musette ihr Spielzeug nicht verlieren wollte, falls sich die Dinge übel entwickelten.
    Asher kam ebenfalls durch die schwarzen Vorhänge, aber er glitt nicht, er hastete. Musette war noch nicht bereit zu glauben, dass Asher wirklich unser war. Da ich mir selbst nicht hundertprozentig sicher war, würde sie die Lüge, so klein sie auch sein mochte, an mir riechen. Ich hätte Asher nicht allein lassen sollen, aber ich war müde, war das ganze Vampirgezänk leid, hatte keine Lust mehr, Probleme zu beseitigen, die ich nicht verursacht hatte und die ich auch nicht verstand.
    »Ma petite, unsere Gäste fragen nach dir.«
    »Ja, jede Wette.«
    Jean-Claude bedachte mich mit diesem langsamen Augenaufschlag, bei dem er meistens überlegt, was meine kleine sarkastische Bemerkung bedeutet. Ich dachte dann häufig, er wollte mit seinen unglaublich langen Wimpern angeben, traute ihm aber zu, dass er aus einer Gewohnheit, die für andere irritierend sein mochte, etwas Verführerisches machte.
    »Musette fragt tatsächlich nach dir«, sagte Asher. Dann imitierte er ihre Stimme: »Wo ist deine neue Geliebte? Hat sie dich etwa schon verlassen?« Seine hellblauen Augen waren größer als sonst und hatten einen leichten Ausdruck von Panik.
    »Es sieht dir nicht ähnlich, bei einem solch wichtigen und potenziell gefährlichen Anlass wegzulaufen. Was ist los, ma petite?«
    »Oh, ich weiß nicht – ein internationaler Terrorist verfolgt mich, der Vampirrat ist in der Stadt, eine Party mit lauter höflich-boshaftem Smalltalk steht an, Asher ist launisch wie immer, ein Freund bei der Polizei, der mir sehr am Herzen liegt, hatte einen Nervenzusammenbruch, ein Werwolf zieht mordend durch die Stadt, ach ja, und Richard ist mit seinen Wölfen noch nicht gekommen und geht auch nicht ans Telefon. Such dir was aus.« Mein Lächeln war bestimmt nicht freundlich, als ich mit der Aufzählung fertig war. Es war aggressiv und hieß: Warum sollte ich da nicht zickig sein?
    »Ich glaube nicht, dass Richard etwas zugestoßen ist, ma petite.«
    »Nein, du fürchtest nur, dass er überhaupt nicht aufkreuzt. Dann sähen wir verdammt schwach aus.«
    »Damian fliegt genauso gut wie ich«, sagte Asher. »Er wird sie finden, wenn sie in der Nähe sind.«
    »Und wenn nicht? Richard schirmt sich so stark ab, dass weder Jean-Claude noch ich zu ihm durchdringen können. Das tut er normalerweise nicht grundlos. Meistens, weil er sauer ist.«
    Asher seufzte. »Ich weiß nicht, was ich zu eurem Wolfskönig sagen soll, aber er ist nicht unser einziges Problem.« Er sah mich an, und der Blick hatte etwas Stures. »Ich bin nicht launisch.«
    Ich machte mir nicht die Mühe, darüber

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