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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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schauten sie sich an. Ashers Fingerspitzen lagen federleicht auf Jean-Claudes Arm. Da war so viel zwischen ihnen, Jahrhunderte voller Schmerz und Liebe und Hass. Fast meinte ich, die Luft zwischen ihnen müsste sieden, oder man müsste es flimmern sehen. Ich wollte gern sagen, gebt euch einen Kuss und vertragt euch wieder, aber das würden sie nicht tun. Ich wusste nicht, warum es so schwer war, jedenfalls schienen sie ohne ihre Julianna zu solchen Dingen nicht imstande zu sein. Sie war die Brücke gewesen, die ihnen die Liebe zueinander ermöglicht hatte. Ohne sie klaffte ein Abgrund zwischen ihnen, den sie nicht zu überbrücken wussten.
    Ich konnte keine zweite Julianna sein. Ich hatte zu viele Erinnerungen an sie. Um Himmels willen, sie konnte sticken, sie war sanft und freundlich und überhaupt alles gewesen, was ich nicht war. Eines konnte ich aber vielleicht doch tun.
    Ich rutschte vom Bett und ging zuerst zu Asher, damit er sich nicht wieder zurückgesetzt fühlte. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, und er beugte sich ein wenig herab, wehrte mich nicht ab. Ich nahm sein Gesicht in beide Hände wie eine zarte Kostbarkeit, die zerspringt, wenn man sie misshandelt, und küsste ihn. Dann ging ich mit dem Geschmack von Asher auf den Lippen zu Jean-Claude, nahm genauso sein Gesicht und küsste ihn. Er bewegte kaum die Lippen dabei.
    Ich trat von den beiden zurück. »So, jetzt haben wir uns geküsst und wieder vertragen. Ich muss mich jetzt zurechtmachen, und wir müssen uns vor dem Bankett noch unterhalten.«
    »Worüber, ma petite?« Jean-Claude klang, als bekäme er schlecht Luft.
    »Über die Mutter der Finsternis.«
    »Jason hat sie auch erwähnt, aber ich hatte gehofft, er hätte etwas missverstanden.«
    »Es kann nicht die Liebliche Mutter gewesen sein«, sagte Asher. »Sie ist seit tausend Jahren nicht mehr aufgewacht.«
    »Sie ist nicht wach, Asher, aber sie bewegt sich wie in unruhigem Schlaf.«
    Die Männer sahen sich an. Es war Asher, der sagte: »Ich bin bereit, geringfügige Differenzen beiseite zu lassen, bis wir diesem äußerst besorgniserregenden Rätsel auf den Grund gekommen sind.«
    »Welche geringfügigen Differenzen?«, fragte ich.
    »Ob wir eine Ménage-à-trois bilden oder nicht.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich vergöttere dich, Asher, aber ich habe nicht genug Energie, um so viel emotionalen Mist zu schaufeln. Ist dir schon mal aufgefallen, dass du mit Intimität vielleicht noch größere Probleme hast als ich?«
    Er machte den Mund auf, schloss ihn wieder und zuckte elegant die Achseln.
    »Wir beide schenken uns nichts. In der Hinsicht passen wir gut zusammen. Aber ich bin einverstanden: Schieben wir unser persönliches Chaos erst mal beiseite.«
    Er verneigte sich anmutig. »Dein Wunsch ist mir Befehl.«
    »Solange es dir passt.«
    Darauf lachte er, und es war ein gutes Lachen, das mir über die Haut glitt und im Unterleib kribbelte. Ich seufzte unwillkürlich. »Also, wo sind meine Klamotten für diesen katastrophalen Abend?«

43
    N atürlich musste ich mich über mein Kleid beschweren. Der schwarze Samt und die blaue Seide boten meine Brüste dar wie zwei blasse pralle Früchte. Die Farbe betonte meine durchscheinende Haut mit den bläulichen Glanzlichtern. Ich wusste was die Glanzlichter in Wirklichkeit waren: Blut. Blaues Blut in meinen Venen, das rot hervorquellen würde, wenn es mit Luft in Berührung kam.
    Stephen hatte mir die Haare gemacht und mich geschminkt, wie schon oft vor solchen kleinen Zusammentreffen. Er machte das beruflich für die Stripper im Guilty Pleasures. Er hatte mir die Locken hochgesteckt, sodass mein Hals weiß und nackt aussah. Die zwei Löcher von Ashers Biss stachen auffällig hervor.
    »Mein Hals und meine Brüste sehen aus, als gehörten sie auf eine Speiseplatte mit einem Schild dran: Greifen Sie zu!«
    Nachdem Stephen den Lidstrich vollendet hatte, trat er zurück. »Du siehst hübsch aus, Anita.« Das war wahrscheinlich ernst gemeint, aber sein Blick galt nur dem Make-up, seiner Arbeit. Er sah mich als sein Werk. Mit leichtem Stirnrunzeln nahm er eine winzige Korrektur an den Augen vor. Dann betupfte er mich mit einem Kleenex und trat erneut zurück.
    Er musterte mich von der obersten Locke bis zum Kinn, dann nickte er. »So ist es gut.«
    »Eindeutig zum Anbeißen«, sagte Micah von der Tür. Er kam herein und schloss sie hinter sich. Als ich ihn sah, war mir klar, dass ich kein Recht mehr hatte, mich über mein Kleid zu beschweren.
    Er trug

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