Finsteres Verlangen
mich gegen den Türrahmen, streifte die Überzieher ab, warf sie den Handschuhen hinterher, verließ diesen schrecklichen Raum und ging weiter geradeaus, bis ich im Schlafzimmer ankam.
Dort war die Luft etwas besser.
Zerbrowski folgte mir, und Merlioni fragte: »Sie hat’s gemacht, oder?«
»Jep.«
Merlioni stieß einen kleinen Jubelschrei aus. »Ich wusste es. Ich hab gewonnen.«
Ich sah ihn an, dann Zerbrowski. »Verzeihung, was haben Sie gesagt?«
Zerbrowski war nicht mal peinlich berührt. »Wir haben gewettet, ob Sie tatsächlich in der Wanne fischen.«
Seufzend schüttelte ich den Kopf. »Sie sind alle vollendete Arschlöcher.«
»Vollendet, oooh«, sagte Merlioni. »Benutzen Sie nicht so hochgestochene Ausdrücke, sonst merken wir gar nicht, dass Sie uns beleidigen wollen.«
Ich sah Zerbrowski an. »Der Täter ist ein Lykanthrop. Ich weiß nicht, ob es derselbe ist. Die erste Frau wurde im Bett ermordet. Die zweite auch?« Er nickte. »Diesmal hat er es im Bad getan, und in der Wanne sind Körperteile von mindestens zwei Opfern.«
»Wieso von zweien?«, fragte Zerbrowski.
»Weil der Haufen da drin zu groß ist, um nur von einer Frau zu stammen, zumal der Täter einige Teile gefressen hat.«
»Glauben Sie, es war ein Mann?«
»Ich weiß es nicht, nehme es aber an. Es mag Ausnahmen geben, aber die Tat passt nicht zu einer Frau.«
»Tatsächlich haben wir einen Zeugen, der gesehen hat, wie die Bewohnerin des Hauses mit einer Freundin gegen zwei Uhr früh heimkam. Sie wirkten betrunken und hatten einen Mann bei sich.«
»Sie haben einen Zeugen, der den Täter gesehen hat?«
»Wenn der Mann, der sie nach Hause gebracht hat, der Lykanthrop war und nicht auch in der Wanne liegt, ja.«
Daran hatte ich noch nicht gedacht. »Er könnte in der Wanne liegen. Wieso ist die übrigens so vollgelaufen? Wieso funktioniert der Überlauf nicht?«
»Unser Neuling sagt, dass jemand ein Körperteil reingestopft hat.«
Ich schauderte. »Kein Wunder, dass er sich übergeben musste.«
»Bei der habe ich verloren«, sagte Merlioni.
»Wobei haben Sie verloren?«, fragte ich.
»Die meisten von uns haben gewettet, dass Ihnen wieder schlecht wird.«
»Wer hat dagegengehalten?«
Zerbrowski räusperte sich. »Ich.«
»Was haben Sie gewonnen?«
»Ein Abendessen für zwei im Tony’s.«
»Und was haben Sie für meinen Griff in die Wanne gewonnen?«, fragte ich Merlioni.
»Geld«, antwortete er.
Ich schüttelte den Kopf. »Sie sind ein echt widerlicher Haufen.« Ich ging zur Tür.
»Warten Sie, wir haben noch eine Wette laufen«, sagte Merlioni. »Wer war die Kleine bei Ihnen am Telefon?«
Mir lag eine vernichtende Bemerkung auf der Zunge, aber in dem Moment hörte ich eine Stimme von der Tür. »Seit New Mexico war nichts mehr so übel, hm?«
Ich drehte mich um und sah meinen Lieblings-FBI-Agenten hereinkommen. Special Agent Bradley Bradford bot mir lächelnd die Hand.
55
B radley gehörte zur Special Research Section, einer neuen Abteilung, die sich mit übernatürlichen Verbrechen befasste. Wir hatten zuletzt in New Mexico an einigen sehr grausamen Mordfällen zusammengearbeitet.
Ich bekam einen festen Händedruck von ihm und er einen von mir. Er lächelte, und ich glaube, wir freuten uns beide über das Wiedersehen. Aber sein Blick schweifte durch den Raum, bis er Zerbrowski entdeckte. »Sergeant Zerbrowski, das Schicksal scheint Ihnen gewogen zu sein.«
Zerbrowski kam uns entgegen. »Wie meinen Sie das, Agent Bradford?«
Er hielt einen braunen Umschlag hoch. »Gegenüber dem Club, wo die beiden Frauen letzte Nacht waren, gibt es einen Laden. Der wurde vergangenes Jahr ausgeraubt und hat seitdem eine ziemlich gute Überwachungsanlage.«
Zerbrowski war plötzlich ganz ernst. »Und?«
»Die Kameras haben einen Mann gefilmt, auf den die Beschreibung des Nachbarn passt. Die Frauen sind mit dem Mann direkt am Schaufenster vorbeigegangen.« Er öffnete den Umschlag. »Ich habe mir erlaubt, einen Abzug machen zu lassen.«
»Um gleich Kopien an alle Ihre Leute weiterzugeben«, schloss Merlioni.
»Nein, Detective, das hier ist der Einzige, und ich bin damit sofort hergekommen.«
Merlioni sah aus, als wollte er das anzweifeln, doch Zerbrowski schnitt ihm das Wort ab. »Mir ist relativ egal, wer den Fall löst, solange wir den Kerl zu fassen kriegen.«
»So sehe ich das auch«, sagte Bradley.
So ganz kaufte ich ihm das nicht ab. Bei unserer Zusammenarbeit in New Mexico drohte seiner kleinen Abteilung die
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