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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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wäre glatt umgesunken, wenn Damian nicht nach mir gegriffen hätte. Ich erwartete, dass die Ardeur auf ihn übergriff wie eine ansteckende Krankheit, doch das blieb aus. Sowie er mich berührte, zog sich die Ardeur zurück wie das Meer bei Ebbe. Ich fühlte mich leicht und rein und hatte einen klaren Kopf. Ich konnte wieder denken. Ich hielt Damians Arm umklammert wie das letzte Stück Treibholz im Ozean.
    Mit großen Augen sah ich Jean-Claude an, der meinen Blick ernst erwiderte. »Ich fühle es auch, ma petite.«
    Wir wussten aus Erfahrung, dass Jean-Claude mir helfen konnte, die Ardeur im Zaum zu halten, wenn er sie bei sich selbst bezwang. Doch wenn er sich nicht darauf konzentrierte, brannte das Feuer in uns beiden unbezwingbar wie eine Naturgewalt.
    Ich spürte Damians Bedauern über meine kühle Berührung wie ein Aroma auf der Zunge.
    Er wollte mich auf die gute alte Art, die sehr wenig mit Herzen und Blumen und dafür alles mit Lust zu tun hat. Er schmachtete nach mir, wie er nach Blut schmachtete, denn ohne mich würde er sterben. Er war über sechshundert Jahre alt, aber kein Meistervampir. Demnach hatte seine ursprüngliche Herrin buchstäblich sein Herz zum Schlagen, seine Beine zum Gehen gebracht. Nach ihr war Jean-Claude seine belebende Kraft gewesen, und dann war durch ein Versehen ich es geworden. Jetzt waren es meine nekromantischen Kräfte, die sein Blut pulsieren, sein Herz schlagen ließen.
    Als mir klar geworden war, dass mir tatsächlich ein Vampir gehörte, war ich entsetzt gewesen und hatte versucht, das zu ignorieren. Ich war davor geflohen. Wie vor so vielen Dingen. Inzwischen wusste ich, dass ich Damian nicht ignorieren durfte.
    Sollte ich mich von ihm abwenden, würde er zuerst wahnsinnig werden und dann wahrhaftig sterben. Allerdings würden ihn die anderen Vampire vorher exekutieren müssen. Man konnte nicht zulassen, dass ein sechshundert Jahre alter Vampir in der Stadt wütete und Leute niedermetzelte. Das war schlecht fürs Image. Wieso ich wusste, was passierte, wenn ich Damian abwies? Weil es bereits einmal passiert war. Denn ich hatte ihn aus Unwissenheit ein halbes Jahr lang allein gelassen, nachdem er mein Diener geworden war. Er hatte den Verstand verloren und Menschen getötet. Jean-Claude hatte ihn schließlich eingesperrt und darauf gewartet, dass ich nach Hause komme und mich meiner Verantwortung stelle anstatt davor wegzulaufen. Damian war mein Erstprojekt gewesen, bei dem mir klar wurde, dass man einen hohen Preis zahlt, wenn man seine Macht nicht akzeptiert.
    Ich sah Jean-Claude an und es gelang mir tatsächlich, nicht über ihn herfallen zu wollen. »Das ist verblüffend.«
    »Wir hätten das längst entdeckt, wenn du dich schon vor Monaten von ihm hättest anfassen lassen«, sagte Jean-Claude.
    Es war gar nicht lange her, da hätte ich sauer reagiert, weil er mich an meine Unzulänglichkeiten erinnerte. Aber einer meiner jüngsten Entschlüsse war, nicht mehr wegen allem zu streiten. Beim Anlass wählerisch zu sein, das war das Ziel.
    Jean-Claude nickte und bot mir seine Hand. »Ich bitte um Verzeihung für meine Indiskretion von vorhin, ma petite, doch jetzt bin ich dem Feuer, das in uns brennt, nicht mehr hilflos ausgeliefert, sondern Herr darüber.«
    Ich blickte auf die Hand, die so blass, so langgliedrig und elegant war. Auch ohne den Einfluss der Ardeur faszinierte er mich unbeschreiblich. Ohne Damians Arm loszulassen, nahm ich die angebotene Hand. Jean-Claudes Finger schlossen sich um meine, und mein Herz blieb ruhig. Die Ardeur erhob nicht ihr laszives Haupt.
    Langsam hob er meine Hand an seinen Mund und küsste flüchtig meine Fingerknöchel. Nichts passierte. Er riskierte es, meinen Handrücken mit den Lippen zu streicheln. Es raubte mir den Atem, aber die Ardeur machte sich nicht bemerkbar.
    Jean-Claude richtete sich auf, behielt meine Hand in seiner und schenkte mir dieses strahlende Lächeln, das ich so schätzte, weil es echt war oder wenigstens so echt, wie es ihm möglich war. Er hatte Jahrhunderte damit zugebracht, seine Mimik zu schulen, hatte jede kleine Bewegung auf höfliche Anmut getrimmt, um nichts von sich preiszugeben. Es fiel ihm schwer, einfach zu reagieren. »Komm, ma petite, begrüßen wir unsere Gäste.«
    Ich nickte. »Sicher.«
    Er zog meine Hand durch seine Armbeuge und blickte Damian an. »Nimm ihren anderen Arm, mon ami. Geleiten wir sie hinein.«
    Damian legte meine Hand auf die glatte, muskulöse Haut seines Unterarms. »Mit

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