Finsteres Verlangen
Bevor wir aufgebrochen waren, hatte er sich einen Zopf geflochten, sodass keine Haare im Weg waren.
Der Jeep legte sich scharf in eine Kurve, dass ich zur Seite und in den Fußraum fiel, vor Calebs Beine. Bisher hatten wir Glück gehabt und weder ein Fahrzeug noch die Betonabgrenzung des Mittelstreifens gerammt. Aber lange würde das Glück nicht mehr anhalten, und ich war mir nicht sicher, ob mich das interessierte.
»Da du mit Nathaniel noch keinen Sex haben darfst, solltest du auch kein Blut von ihm nehmen. Er ist noch schwach.« Ich hörte Jasons Stimme wie von Ferne.
Ich betrachtete, was ich vor mir hatte. Mit Jeans bekleidete Beine streiften meinen Körper. Für Sex war Caleb nicht begehrenswert, aber für Blut … Ich kniete mich zwischen seine Beine und zog mich an ihm hoch, packte dabei fest zu, um das Fleisch unter der Jeans zu spüren.
Meine Hände glitten unter das lose Hemd mit den bunten Comicstrips drauf. Seine Haut war so warm. Meine Finger wanderten aufwärts, stießen an den Ring an seinem Bauchnabel. Ich hielt inne, betastete ihn, zog sacht daran, spürte, wie sich die Haut dehnte, bis Caleb einen kleinen Protestlaut von sich gab. Ich blickte in sein Gesicht, und als er in meines sah, wurden seine Augen größer, und sein Mund rundete sich zu einem kleinen überraschten Oh.
Ich betastete seinen Bauch, seine Brust. Meine Arme verschwanden unter seinem weiten Hemd. Als ich die Hände über seine Schultern schob, hob sich der Hemdsaum und entblößte ein Stück Bauch. Der Anblick der nackten Haut weckte andere Gelüste. Ich wollte Fleisch und nicht nur Blut. Aber Belle sauste an der metaphysischen Fessel heran, die sie an mir befestigt hatte, und trieb mein Tier zurück, bevor es sich ganz erhoben hatte. Sie wollte, dass ich ihre Wünsche erfüllte, nicht meine, und im selben Moment erkannte ich, dass sie zwar über Tiere gebieten konnte, aber keines in sich hatte und nicht deren Hunger nach Fleisch teilte. Der Gedanke war so komplex, dass er ihren Einfluss zurückdrängte und ich wieder denken konnte.
»Warum kümmert es dich, ob ich Blut oder Fleisch nehme, wenn du dich an beidem nähren kannst?«, fragte ich. »Du hast dich den ganzen Tag an Richard gesättigt.«
»Vielleicht bin ich das Fleisch satt.«
Mir schoss etwas durch den Kopf, als hätte ich ihre Gedanken gelesen. »Du konntest Richard nicht zwingen, über jemanden herzufallen. Er hat sich den ganzen Tag dagegen gewehrt und sich von dir aussaugen lassen. Du hast es nicht geschafft, dass er jemanden anfiel.«
Ihre Wut brannte wie glühendes Eisen auf meiner Haut. Keuchend bog ich den Rücken durch. Caleb packte meine Arme, sonst wäre ich zusammengebrochen.
Belles Stimme gurrte durch meinen Kopf. »Der Wolf war überraschend stark, aber er ist kein Tier, über das ich gebieten kann, noch fühlt er sich zu den Toten hingezogen. Im Gegensatz zu dir, ma petite, oh ja, du fühlst dich zu ihnen hingezogen.« Ihre Kräfte überströmten mich, doch diesmal fühlte ich nicht heißen Blutdurst, sondern Kälte, die Kälte des Grabes. Sowie sie mich damit berührte, erwachten meine eigenen Kräfte, jene Macht, mit der ich die Toten weckte. Sie loderte in mir, als nähme sie Belles kalte Energie als Brennstoff. »Du gehörst mir, ma petite, auf eine Weise, die der Wolf sich gar nicht vorstellen kann. Seine Verbindung mit den Toten ist ein Zufall, deine war dein Schicksal, als du auf die Welt kamst.«
Belles Macht war die Macht des Grabes, des Todes – genau wie meine. Sie glaubte, sich überlegen zu zeigen, doch sie hatte meine Nekromantie geweckt, und Belle war auch nichts anderes als eine Tote. Mit Toten wusste ich fertig zu werden.
Ich holte Atem und sammelte meine Magie, um Belle hinauszuwerfen. Das hatte ich schon einmal getan. Doch sie wechselte von Kälte auf Hitze, ehe ich den Atemzug vollenden konnte. Der Blutdurst spülte meine Magie hinweg und ertränkte sie in seiner Begierde.
Ihre Stimme tropfte wie warmer Honig auf meine Haut. Es war, als hätte sich die dunkle Macht ihres Blickes verflüssigt. »Du hast die Macht des Grabes in dir, aber nicht die Macht der Begierde. Ich gebiete über die Begierde in all ihren Erscheinungsformen.«
Hätte ich Luft bekommen, ich hätte geschrien. Doch es gab keine Luft, und ich konnte nicht einmal etwas sehen. Dafür war ich von Geräuschen eingehüllt: mein Blut rauschte durch meine Adern, mein Herz pumpte, mein Puls pochte an tausend Stellen unter der Haut. Ich konnte hören und ich konnte
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