Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
Vom Netzwerk:
sie dann nicht trotzdem?
    Wir waren auf dem Highway 21 und bogen auf die 270 ein, als ich Rosen roch. »Riechst du das?«, fragte ich.
    Jason drehte den Kopf. Seine Haare waren noch feucht vom Duschen, sein weißes T-Shirt hatte nasse Stellen, als hätte er sich zu hastig abgetrocknet. »Was hast du gesagt?«
    »Rosen, ich rieche Rosen.«
    Er sah in den Rückspiegel zu Nathaniel und Caleb. Caleb war den Tränen nahe gewesen, als ich ihn nicht mitnehmen wollte. Merle hatte ihm wirklich Angst gemacht.
    Ich schmeckte den süßen, widerlichen Duft im Rachen, und keiner außer mir roch ihn? Scheiße.
    Belle Morte flüsterte in meinem Kopf: »Hast du wirklich geglaubt, du entkommst mir?«
    »Ich bin dir entkommen.«
    »Was sagst du?«, fragte Jason.
    Ich schüttelte den Kopf und konzentrierte mich auf das Geflüster in mir und den stärker werdenden Rosenduft.
    »Du bist nicht entkommen, du hast mich genährt, und das wirst du wieder und wieder tun, bis ich genug habe.«
    »Jean-Claude sagt, dass du nie genug hast.«
    Sie lachte, und es war wie eine streichelnde Berührung mit der Stimme, wo keine Hand hinreichen konnte. Dieses gurrende dunkle Lachen rollte durch meinen Körper und machte mir Gänsehaut.
    Mir kam ein Bild in den Kopf, eine Erinnerung. Ich sah ein großes Bett bei düsterem Kerzenschein und eine Masse von Leibern darauf, ein Gewirr aus Armen, Beinen, Oberkörpern und Geschlechtsteilen, die allesamt Männern gehörten. Dann stemmte sich einer auf die gestreckten Arme, und kurz sah ich Belle unter ihm liegen, bis er sich wieder auf sie herabsenkte. Es war, als blickte man auf ein Schlangennest, so viel wimmelnde Bewegung auf einem Haufen, als wäre jedes Körperteil ein eigenständiges Lebewesen. Belle streckte einen Arm aus dem Gewimmel, dann schälte sie sich daraus hervor, richtete sich auf und stand schließlich zwischen all den Männern, die flehend die Hände nach ihr ausstreckten. Sie hatte die Ardeur auf sie losgelassen und sich an ihnen genährt, bis sie sich kraftstrotzend aus der Masse des Fleisches erheben konnte. Dunkle Flammen loderten in ihren Augen, als könnten sie flackernde Schatten werfen. Halb stieg, halb schwebte sie vom Bett. Ein Mann war auf den Boden gerollt und liegen geblieben. Er rührte sich nicht, als sie in ihrer üppigen Nacktheit über ihn hinwegstieg und vor Macht geradezu strahlte. Sie stieg über den Reglosen hinweg, der alles gegeben hatte, um sie zu befriedigen, während die übrigen bettelten, noch nicht aufzuhören. Die Männer krochen ihr auf Knien hinterher. Zwei weitere blieben reglos auf dem Bett liegen. Drei waren tot, zu Tode geliebt, und trotzdem bettelten die Übrigen um mehr, versuchten aufzustehen und ihr zu folgen.
    Ich wusste, es war Jean-Claude, den sie an einen Stuhl gefesselt und zum Zusehen gezwungen hatte. Ich wusste, dass er es war und nicht ich, der sie mit angstvollen, hungrigen Augen betrachtete. Und als sie an ihm vorbeiging, ohne ihn im Mindesten zu beachten, erstickte ich fast vor Verzweiflung. So bestrafte sie ihn, weil er es gewagt hatte, sie zu verlassen.
    »Anita, Anita«, hörte ich von weit her. Jemand fasste mich an der Schulter. Ich schnappte erschrocken nach Luft und kehrte in die Wirklichkeit zurück. Ich saß angeschnallt im Jeep. Wir fuhren noch auf der 270 kurz vor der Abfahrt auf die 44. Ich war nicht an einen Stuhl gefesselt, nicht in Belles Lasterhöhle. Ich war in Sicherheit. Doch der süße Rosenduft klebte an mir wie ein aufdringliches Parfüm.
    Jason hatte meinen Namen gerufen und Nathaniel meine Schulter gefasst. »Alles in Ordnung?«, fragte Jason.
    Ich nickte, dann schüttelte ich den Kopf. »Belle hat sich in meinen Kopf geschlichen.«
    Nathaniel drückte mir die Schulter, und ich wollte noch sagen: Besser, wenn du mich jetzt nicht anfasst, doch da brauste die Ardeur schon in mich hinein. Die Hitze überzog meine Haut mit Schweißperlen, mir schlug das Herz im Hals und raubte mir den Atem, und ich hörte mein Blut rauschen wie eine große Flut, sodass ich einen Moment lang wie eine Ertrinkende darin unterging. Ich spürte jeden Herzschlag, jeden Blutstropfen bis hinunter in die Zehen und Fingerspitzen. Mir war noch nie so bewusst gewesen, wie viel Blut durch meine Adern floss, wie in diesem einen erstickenden Moment.
    Ich fasste Nathaniels Hand auf meiner Schulter. Seine Haut war so warm, beinahe heiß. Ich drehte mich zu ihm um und blickte in diese fliederfarbenen Augen, und schon mein intensiver Blick zog ihn näher zu

Weitere Kostenlose Bücher