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Finsterherz

Finsterherz

Titel: Finsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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beobachtet haben. Er stellte seinen Krug auf den Tisch und setzte sich aufdringlich dicht neben sie. Sein Atem stank nach Zwiebeln und Schnaps.
    »Ich warte auf meinen Freund«, sagte sie rasch. »Er heißt König. Er kümmert sich um mich.«
    »Ich könnte mich genauso gut um dich kümmern, Süße«, sagte der Mann in schmeichlerischem Tonfall. »Dann hättest du mal ein bisschen Abwechslung.« Er brachte sein Gesicht näher an ihres. »Mal jemand anders.«
    Sie wollte aufstehen, doch er hielt sie am Ärmel fest und zog sie wieder auf die Bank.
    »Du kannst doch nicht gehen, wenn er nicht da ist«, sagte er und dieses Mal schwang ein gefährlicher Unterton in seiner Stimme mit.
    »Er ist nur draußen vor der Tür«, sagte Katta. Sie riss sich los, doch fast im selben Moment hatte er ihren Ärmel schon wieder gepackt.
    »Dann können wir ja zusammen nach ihm schauen«, sagte er. »Einen kleinen Spaziergang machen, du und ich.«
    Während er sie mit einer Hand weiter festhielt, trank er sein Bier aus und wischte sich dann mit dem Handrücken über den Mund. »Dann wollen wir mal sehen, ob er schon da ist.«
    Er erhob sich und packte ihren Arm. Sie blickte sich um, doch es war niemand da, der ihr hätte helfen können, als er sie zur Tür schob. Er öffnete und sie gingen hinaus, die Treppe hoch und in die dunkle Gasse. Der Boden war hart gefroren. Sie betete, König möge da sein, aber er war fort. Die Gasse war menschenleer.
    »Sieht nicht so aus, als ob er hier wäre«, sagte der Mann und zog sie näher zu sich heran.
    Sie spürte ihr Herz in der Brust pochen. Jetzt oder nie.
    »Da ist er ja!«, rief sie.
    Erschrocken drehte sich der Mann um, und während er das tat, versuchte Katta ihren Arm freizubekommen. Es gelang ihr auch fast, aber am Ende war sein Griff doch zu fest und seine Finger umklammerten den Ärmelaufschlag ihres Mantels.
    »Oh nein, du entwischst mir nicht«, sagte er.
    Er wollte sie auch mit der anderen Hand packen, sie wich zurück, rutschte dabei aber auf dem Eis aus und fiel wie ein Stein zu Boden. Da er sich weiter in ihren Ärmel krallte, verlor er bei ihrem Sturz das Gleichgewicht, rutschte aus und stürzte ebenfalls. Und dabei ließ er los. Sie stieß ihn weg, ihre Füße schlitterten über das vereiste Pflaster. Er versuchte ihren Knöchel zu fassen, rutschte aber erneut aus, und das genügte Katta. Im Nu war sie auf den Beinen und lief, so schnell der glatte Boden es erlaubte. Sie hörte ihn fluchen und brüllen, dass sie zurückkommen solle, aber er verfolgte sie nicht. Kurz bevor sie um die Ecke bog, blickte sie sich um und sah, dass er ein weiteres Mal gestürzt war und mitten auf der Gasse auf dem Rücken lag, alle viere von sich gestreckt. Sie hielt trotzdem nicht an. Sie rannte, bis sie nicht mehr weiterkonnte. Da blieb sie stehen, stützte die Hände auf die Knie und rang keuchend nach Luft.
    Von Stefan oder Mathias war nirgendwo eine Spur zu sehen. Katta stand vornübergebeugt, bis sie wieder zu Atem gekommen war, dann ging sie langsam bis zum Ende der schmalen Straße und spähte in beide Richtungen, aber da waren die Jungen auch nicht. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand. Aber so schlimm ist das nun auch wieder nicht, tröstete sie sich. Sie brauchte nur den Weg hinunter zum Hafen zu suchen. So schwer konnte das nicht sein. Möglich, dass sie eine Weile brauchte, aber sie würde es schaffen. Wenn sie Glück hatte, war König schon zurück und Stefan konnte ihr nichts mehr tun.
    Sie war nass geschwitzt vom Laufen. Die Luft war eisig kalt. Sie stellte den Kragen ihres Mantels auf, und nachdem sie sich für eine der beiden schmalen Gassen entschieden hatte, setzte sie sich wieder in Bewegung. Sie durchquerte einen niedrigen Torbogen und kam in eine breite, gepflasterte Straße.
    Entlang der ganzen Straße hatte man Papierlaternen aufgehängt, in denen Kerzen flackerten. Einige waren mit Bändern in Blau und Weiß geschmückt, den Farben des Frostes, der auf ihnen glitzerte. Auf andere war ein lächelnder Engel mit Flügeln gemalt worden. Viele Menschen schlenderten in Grüppchen umher. Sie trugen allesamt Karnevalskostüme und darüber warme Umhänge und Mäntel. Einige hatten kleine, gefiederte Augenmasken auf einem Stab dabei, hinter denen sie ihre Gesichter verbargen. Andere trugen Masken, die das ganze Gesicht bedeckte n – Katta entdeckte Pierrots, Vögel mit langen Schnäbeln und andere Tiere. Die Leute verbeugten sich voreinander, wenn sie sich begegneten. Gesang und

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