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Finsterherz

Finsterherz

Titel: Finsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Kutschen. Die Damen trugen Schmuck, der glitzerte, wenn sie vorbeigingen.
    Schließlich kamen zwei Männer die Stufen herunter. Einer war sehr groß. Er trug Lila und Rot, die Robe eines Kirchenmannes, doch selbst er hielt eine kleine Maske in der Hand. Er unterhielt sich mit dem Mann, der an seiner Seite ging; auch der hatte seine Maske abgenomme n – sie baumelte an ihren Bändern von seiner Hand. Katta sah zuerst die Maske und dann sein Gesich t – und das Herz blieb ihr stehen. Denn das Gesicht kam ihr bekannt vor. Als der Mann vorbeiging, glitt sie in die Menge zurück, und er bemerkte sie nicht. Und das war ein Glück, denn sein Gesicht war rund wie der Vollmond und in der freien Hand hielt er einen Gehstock mit silbernem Knauf.
    Stefan und Mathias hatten den größten Teil des Weges zum Gasthaus schon zurückgelegt, als Mathias merkte, dass Katta ihnen nicht gefolgt war. Er hatte die ganze Zeit über die Bedeutung von Jakobs Worten nachgegrübelt.
    Falls der Mann vom Theater Recht hatte, war der Zauberer mit dem Feuermal im Gesicht Meiserlann. Es sei denn, es gab zwei Menschen, die beide Zauberer waren und ein großes Mal im Gesicht hatten, aber das schien ihm eher unwahrscheinlich. Gustav hatte das Mal immer versteckt. Und Häller hatte als Erstes danach gesuch t – deshalb hatte er die weiße Schminke von Gustavs Gesicht abgewaschen. Es konnte gar nicht anders sei n – Meiserlann war Gustav.
    Aber Meiserlann hatte keine Frau und keine Kinder. Das hätte Jakob gewusst. Es gab keinen Grund, weshalb er in diesem Punkt lügen sollte, und so konnte das nur eines bedeuten. Mathias brachte es kaum über sich, die Schlussfolgerung auszusprechen.
    »Er war gar nicht mein Großvater«, sagte er.
    Aber ihre Blutsverwandtschaft war der einzige Grund gewesen, weshalb Mathias es bei ihm ausgehalten hatte. Sonst wäre er längst abgehauen. Und jetzt kam heraus, dass alles gelogen war. Von Anfang an. Ihm war plötzlich schlecht. Er blickte sich nach Katta um, aber sie war nicht da. Die Straße war leer.
    »Wo ist Katta?«, fragte er.
    Stefan ging weiter. Mathias packte ihn am Ärmel und zwang ihn stehen zu bleiben.
    »Wo ist Katta?«
    »Wir gehen zu Gasthaus«, sagte Stefan. »Der König sagen uns.«
    »Aber wir haben sie allein da sitzen lassen.«
    »Der König sagen uns«, wiederholte Stefan stur und stieß Mathias’ Hand fort. »Wir gehen zu Gasthaus.«
    »Nicht ohne Katta«, sagte Mathias. Er wollte den Weg, den sie gekommen waren, zurückgehen, aber Stefan packte ihn am Arm und zerrte ihn weiter. Mathias zuckte vor Schmerz zusammen.
    »Wir gehen zu Gasthaus.«
    Stefan hielt Mathias’ Arm gepackt.
    Plötzlich ertönte aus der Straße hinter ihnen das Krachen von Knallkörper n – und zwar von mehreren gleichzeitig. Instinktiv drehten sie sich danach um und sahen, wie im selben Moment eine Gruppe von Jungen und jungen Männern hüpfend und springend um die Ecke kam. Sie hatten Knallkörper an Stöcken bei sich und schwangen sie durch die Luft. Um sie herum regnete es goldene und silberne Funken. Alle trugen sie eine schwarze Maske in Form eines Vogelkopfes mit großem Schnabel. Einige hatten die Maske auf den Kopf geschoben, andere hielten sie vors Gesicht. Sie bliesen in Hörner und schlugen Trommeln. Ein großes Banner mit einem Engel in einem Boot flatterte über ihnen, als sie jubelnd und schreiend dahinliefen. Sie schnappten sich Stefan und Mathias, bevor diese wussten, wie ihnen geschah.
    Sie schubsten die beiden Jungen von einem zum andern, stießen sie dann zu Boden, setzten sich auf sie und schmierten ihnen zähen Sirup aus einem Topf auf die Kleider und in die Haare. Danach streuten sie kalte Asche aus einem Sack über sie. Stefan war der Erste, der sich wieder aufrappelte; die Arme schützend über den Kopf gelegt, drehte er sich um und lief davon. Er hörte Pfiffe und Gejohle hinter sich, aber er blieb nicht stehen. Er rannte bis zu einer Laterne am Ende einer schmalen Straße. Dort drückte er sich außer Atem ins sichere Dunkel eines Hauseingangs und stand dann zitternd da. Der Lärm der Feuerwerkskörper und der Trommeln verlor sich in der Ferne. Er wartete, bis alles ganz still war, bevor er vorsichtig den Kopf aus dem Hauseingang steckte. Panik stieg in ihm auf, als er in die Straße spähte. Sie lag da wie ausgestorben. Mathias war verschwunden.
    Mathias hatte es nicht geschafft wegzulaufen. Er war auf dem Boden liegen geblieben, während die Jungen ihn getreten hatten und rings um ihn her

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