Finsternis über Gan (German Edition)
der Nähe eine Höhle, in der wir uns unterstellen können, bevor uns der Himmel auf den Kopf fällt?«
Die Bergmännchen drucksten herum: »Nein, Majestät, wir wissen von keiner Höhle in der Nähe.«
Ein anderes Bergmännchen, das direkt hinter ihnen gelaufen war, hatte eine Idee: »Ein Stück weiter sind ein paar Hütten, in denen die Menschen Futter für die Tiere lagern. Ich weiß nicht, wie viele von uns hineinpassen, aber es wäre besser als nichts.«
»Beeilung«, rief Auberon und lief schnell los.
Das abnehmende Licht, die Windstille, die eiligen Schritte der Bergmännchen, deren Rüstungen immer lauter klapperten, dies alles verwandelte in kürzester Zeit die lockere Stimmung in eine Hetzjagd. Selbst die Gefährten ließen sich von der Panik der Bergmännchen anstecken, obwohl sie alle schon viele Gewitter erlebt hatten.
Da erhellte ein greller Blitz den finster gewordenen Himmel.
Die Bergmännchen schrien und liefen noch schneller.
Sekunden später war in der Ferne ein tiefes, lang anhaltendes Donnern zu hören.
»Das hört sich ja schlimmer an als die größte Steinlawine in Untererde«, rief der König.
Im nächsten Moment kam die Luft in Bewegung. Innerhalb von Sekunden brach ein heftiger Sturm los. Der Wind pfiff ihnen um die Ohren, die Bäume bogen sich und Blätter wirbelten durch die Luft.
»Ich habe noch nie ein Gewitter erlebt, das so schnell aufgezogen ist«, schrie Finn.
»Das ist auch nicht normal«, brüllte Pendo. »Erst diese gespenstische Stille und jetzt das!«
Mittlerweile war es so finster und der Sturm so wild und laut, dass sie kaum noch erkennen konnten, in welche Richtung die Bergmännchen sie führten. Am liebsten hätten alle nur noch laut losgeschrien.
»Tzzztzzz.«
Bestürzt schauten die Gefährten nach oben. Direkt über ihnen flogen sechs Schwarzalben. Ihre glühenden roten Augen zeichneten sich deutlich vom dunklen Himmel ab. Weit hatten sie ihre ledrigen Flügel ausgebreitet und flogen begeistert im wilden Sturmumher. Ihre zischenden Geräusche breiteten sich in den Köpfen von Pendo, Chika, Joe und Finn aus. Die vier hielten sich die Ohren zu und dachten, ihre Köpfe würden gleich zerspringen.
»Hilfe!«
Blitze huschten am Himmel entlang. Das Donnern wurde zu einem dauerhaften Brummen.
Den Gefährten wurde schwindelig. Als sie nach oben schauten, sahen sie nur noch rote Augen, die auf sie herabstürzten. Erschrocken über das Auftauchen der Schwarzalben, verwirrt über das zischende Geräusch in ihren Köpfen, konnten sie nur die Hände schützend über sich halten.
Im nächsten Moment hörten sie das Surren von Pfeilen, die durch die Luft jagten, das dumpfe Geräusch von Schwertern, die auf etwas Weiches einschlugen.
Schreie.
Stöhnen.
Der schon vertraute Gestank.
Die Stille kehrte zurück. Der Wind ebbte ab, Blitz und Donner verschwanden. So schnell wie das Gewitter aufgezogen war, zog es nun wieder davon.
Als Finn und die anderen wieder die Augen öffneten und sich umschauten, bot sich ihnen ein grauenhaftes Bild. Um sie herum lagen die sechs Schwarzalben. Tot. Ihr grünes Blut rann aus den Wunden, die roten Zungen hingen reglos aus den Mündern und ihre Augen schauten farblos ins Nichts.
»Iiih«, würgte Pendo angeekelt heraus und versuchte von den schwarzen Kreaturen wegzurutschen.
Als die vier weiter hochschauten, erblickten sie einen grimmig dreinschauenden Kreis von Bergmännchen, mit Schwertern und Bögen in den Händen. In der Not hatten sie alle Ängste vor dem Gewitter, die so tief in ihnen verwurzelt waren, aus ihrem Kopf verbannt und waren den Gefährten zur Hilfe geeilt. Alle Schwarzalben, die sie angreifen wollten, hatten sie erledigt.
»Was …?« Chika konnte ihren Satz nicht beenden. Die Tränenschossen ihr in die Augen und sie begann zu schluchzen. Pendo kroch zu ihr, auch sie wirkte verstört, und legte ihren Arm um Chikas Schulter. Die Bergmännchen gingen zu den Gefährten, griffen ihnen unter die Arme und führten sie weg von den toten Ungeheuern.
»Wieso trauen die sich mitten am Tag hier rumzufliegen? Das wird sich doch in Windeseile herumsprechen und alle Bewohner in Aufruhr versetzen«, fragte Finn, dessen Blick immer noch an den toten Schwarzalben hinter ihnen haftete.
»Irgendwas muss passiert sein. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie uns gesucht haben. Das war Zufall«, sagte Pendo.
»Meinst du?«, fragte Joe zweifelnd.
»Ich denke schon«, meinte Finn. »Wenn sie uns gesucht hätten, wären sie bewaffnet
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