Finsternis über Gan (German Edition)
Eindruck, den die Bergmännchen den anderen Bewohnern von Gan über ihr Reich vermitteln wollten. Von der Pracht, die in Untererde zu sehen war, sollte niemand etwas wissen. Finn, Pendo, Chika und Joe, die vier Träger der Amulette, waren die ersten Menschen, die den unermesslichen Reichtum zu Gesicht bekommen hatten. Sie hatten geschworen, niemandem zu erzählen, wie es in Untererde wirklich aussah. Die Bergmännchen kletterten mit ihren Fackeln durch eine kleine Luke in das Innere der Mauer und bedienten dort einen Mechanismus, mit dem man das Tor öffnen konnte. Langsam und mit lautem Quietschen öffnete es sich. Etwas Tageslicht drang in den Tunnel, obwohl der Eingang nach Untererde dicht mit Efeu zugewachsen war.
Der König räusperte sich und wischte sich nervös den Schweiß von der Stirn. »Ihr müsst wissen, ich habe Untererde noch nie zuvor verlassen.«
»Was?«, riefen die Gefährten. »Ihr wart noch nie hier oben im Sonnenlicht?«
»Nein, alle hielten es für zu gefährlich, den König in diese unwirtliche Welt dort draußen gehen zu lassen. Das Leben des Königs ist zu kostbar und darf nicht gefährdet werden, hat man immer gesagt.«
»Aber wieso kommt Ihr dann jetzt mit?«, fragte Chika.
»Ihr seid der Grund!«
»Wir?«, verwunderten sich die vier.
»Ja ihr. Ihr seid nun schon zum zweiten Mal von den vier Enden der Erde in unser Land gekommen, um es vor bösen Mächten zu schützen. Letztes Jahr, ihr wart eigentlich noch Kinder, habt ihr für den Erhalt der Quelle des Lebens gekämpft und größte Gefahren nicht gescheut. Dieses Jahr nehmt ihr es mit Thainavel und anderen finsteren Kreaturen auf. Ihr habt euch an die gefährlichsten Orte des Landes vorgewagt, von denen ich noch nicht mal wusste, dass sie existieren. Ich weiß nun, dass jeder, ohne Ausnahme, sich genauso wie ihr für unser Land einsetzen muss. Es genügt nicht, geeignete Bergmännchen in die Gefahr zu schicken. Ich selbst, König Auberon von Untererde, muss in den Kampf ziehen. Es reicht auch nicht, Untererde zu verteidigen. Nein, auch wir sind ein Teil von Gan, einem der Gärten Gottes, den wir schützen müssen.« Der König schaute nicht zu den Trägern der Amulette. Er blickte den Sonnenstrahlen entgegen, die zwischen den grünen Efeuzweigen funkelten. »Lasst uns gehen.«
Die Armee des Bergmännchenreiches mit ihrem König und die vier Träger der Amulette verließen Untererde und traten ins Licht.
Kapitel 12
Dunkelheit breitet sich aus
Schweigend lief König Auberon neben den Gefährten her. Nie zuvor hatte er die Wärme des Sonnenlichts auf seiner Haut gespürt, die frische Luft des Waldes gerochen oder mit eigenen Augen die Schönheit der freien Natur gesehen. Er war überwältigt, konnteseine Augen nicht von den Dingen lassen, die ihn umgaben. Nur zum Himmel wagte er nicht aufzuschauen. Die endlose Weite beunruhigte ihn.
Die Gefährten dachten daran zurück, wie sehr sie über die Schönheit der Natur in Gan gestaunt hatten, als sie zum ersten Mal dorthin gelangt waren. Wie viel eindrucksvoller musste es für den Bergmännchenkönig sein, der im Gegensatz zu ihnen noch nie zuvor die freie Natur gesehen hatte. Schnell waren sie in ein Gespräch mit ihm vertieft, versuchten Pflanzen und Tiere, die ihnen auf ihrer Wanderung begegneten, zu erklären und freuten sich an den staunenden Augen des Königs. Wäre hinter ihnen nicht die Bergmännchenstreitmacht marschiert, hätten sie fast ihr Vorhaben vergessen.
Als die Sonne am höchsten stand und sie gerade über eine Pause nachdachten, weil das Laufen in der Hitze so anstrengend war, blickte Chika zum Himmel auf:
»Ich glaube, da zieht ein Gewitter auf.«
»Auch das noch«, brummte Auberon, der über Gewitter schon die schrecklichsten Geschichten gehört hatte, und schielte nach oben.
Finn, Joe und Pendo schauten ebenfalls nach oben.
»Du hast recht«, meinte Joe. »Die Luft scheint stillzustehen und es ist so schwül geworden. Bestimmt knallt es bald.«
»Wir müssen einen Unterschlupf suchen. Es ist ganz schön gefährlich, bei Gewitter im Freien herumzulaufen. Die Rüstungen, die ihr alle tragt, machen es auch nicht besser«, meinte Finn.
Der Bergmännchenkönig brummte etwas Unverständliches. Offensichtlich fand er es mittlerweile nicht mehr ganz so reizvoll, im Freien herumzulaufen. Auch die Bergmännchen hinter ihnen schielten nervös in Richtung Himmel. Der König rief die Bergmännchen zu sich, die voranliefen, um ihnen den Weg zu zeigen. »Kennt ihr hier in
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