Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
hastigen Begrüßung eilte sie zu Riqua und Royster, die über Roysters Büchern brüteten. Draußen schlugen die Glocken die dritte Stunde. Jonmarc schlummerte unruhig in einem Sessel am Feuer, während Gabriel und die anderen Wache hielten. Lisette zog die schweren Vorhänge in Carinas Kammer zu. In der Dunkelheit der inneren Räume würden die Vayash Moru bis in den späten Vormittag hinein arbeiten können, bevor sie sich zur Ruhe legen mussten.
Taru und Royster arbeiteten weiter, nachdem die Vayash Moru sich zurückgezogen hatten, und berieten sich leise. Jonmarc ging auf und ab oder starrte ins Feuer. Er schwieg.
Nur knapp vor Sonnenaufgang platzten Laisren und Kolin herein, sie hatten Uri gefangen und zerrten ihn zwischen sich ins Zimmer. Sie stießen den korpulent gewordenen Mann ins Zimmer.
»Ich verlange zu wissen, was vor sich geht! Das ist eine Unverschämtheit! Ich schwöre euch, dafür werdet ihr büßen!«, stieß er hervor.
Riqua kam in einer verschwommenen Bewegung heran und schubste Uri hart mit beiden Händen gegen die Brust. Er flog so hart gegen die holzgetäfelte Wand, dass ein Gemälde neben ihm zu Boden ging. »Warum hast du das getan?«
»Was getan?«
Mit einem Knurren griff jetzt die Wölfin an und warf Uri zu Boden. Ihre Zähne schnappten nach seiner Kehle.
»Eiria, nein!«, rief Riqua.
Die Wölfin ließ nicht locker und ließ die Zähne entblößt. Doch bevor sie erneut nach Uris Hals schnappen konnten, schlug der Wolf zu. Yestin blockierte sie und knurrte gefährlich.
Die Göttin helfe uns. Eiria hat die Kontrolle über ihre Gestalt verloren , dachte Jonmarc, als die Wölfe einander umkreisten. Eiria sprang wieder vor und verletzte Yestin schwer an der Schulter. Er heulte auf vor Schmerz und schnappte nach ihr. Wieder biss sie zu und versenkte ihre Zähne in seinen Vorderlauf. Mit einem Grollen warf sich Yestin mit gebleckten Zähnen auf Eiria. Er warf sie zu Boden und hielt sie dort mit seinen schweren Pfoten fest. Mit einem kleinen Jaulen ergab sie sich, kämpfte sich frei und rannte aus dem Raum. Yestin lief ihr nach.
Kolin und Laisren zerrten Uri auf die Füße und warfen ihn in den nächsten Sessel. »Erst die Hirten, jetzt ein ganzes Dorf.«
»Ich weiß nicht, wovon ihr redet!« Uris Angst war offensichtlich. »Was für ein Dorf?«
»Jeder in Westormere ist tot«, sagte Riqua und ging auf Uri zu. »Jeder Mann, jede Frau, jedes Kind. Es waren Vayash Moru, die sie getötet haben. Sie haben nicht einmal die Körper ausgetrunken. Sie haben sie in eine Art obszönes Tableau arrangiert!«
»Malesh«, wisperte Uri. »Er nennt das ›Kunst‹.«
»Wo ist Malesh?«, fragte Gabriel.
»Woher soll ich das wissen?«
Riqua schlug Uri so hart ins Gesicht, dass es einem Sterblichen das Genick gebrochen hätte. »Er gehört zu deiner Brut. Er ist jung genug, dass du seine Gedanken kennen kannst. Wo ist er?«
Uri wischte sich mit dem Handrücken über einen Mundwinkel, eine Geste, die wohl noch aus seiner Erinnerung an sein sterbliches Dasein stammte, denn es floss kein Blut aus seiner geplatzten Lippe. »Woher soll ich das wissen?«
Riqua griff mit der Rechten nach Uris Hals und zog ihn auf die Füße. Einen nach dem anderen versenkte sie ihre sorgfältig manikürten Nägel neben seiner Luftröhre in seinem Hals. Uri japste nach Luft und wand sich. »Vayash Moru haben die Menschen von Westormere heute Nacht abgeschlachtet. Siebzig Sterbliche wurden ermordet. Ich will, dass Malesh dafür bezahlt.«
»Ich habe doch schon gesagt, dass ich nicht weiß, wo er ist«, krächzte Uri. »Er hat sich in Blutmagie versucht. Das meiste funktioniert nicht – er ist kein Magier –, aber er muss einen Talisman haben, der seine Gedanken schützt. Ich bin schon seit Monaten nicht in der Lage, seine Gedanken zu lesen.«
»Und du hast ihn nicht zerstört, nachdem er dich so verraten hat?«
Uri sah selbst nach Vayash-Moru-Verhältnissen blass aus. »Ich dachte, er kommt wieder zu sich.«
»Hast du Malesh nach Westormere geschickt?«
»Nein, das müsst ihr mir glauben. Ich wusste nichts davon.«
»Malesh hat versucht, Lady Carina hinüberzubringen.«
Uri runzelte die Stirn. »Das wird nicht gehen. Sie ist Heilerin.«
Riquas Stimme war eiskalt. »Sie liegt im Zimmer nebenan, weder lebend, noch tot, noch untot. Nur wegen ihm.« Sie griff wieder nach Uri. Er krümmte sich und presste sich gegen die Wand. Diesmal glitt sie mit ihrer Hand in sein brokatenes Wams und grub ihre Nägel in sein
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