Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
und gehaltvoll. »Hier«, fügte sie hinzu und rollte ein Stück sauberen Tuchs zu einem Polster zusammen. »Beißt darauf. Ich kann nicht darauf warten, dass der Rum seine Wirkung voll entfaltet. Ihr verliert Blut.«
Sein Körper bäumte sich auf, als Esme den Bolzen mit langsamer, aber stetiger Kraft aus der Wunde zog. Die Soldaten ließen ihn los und er öffnete die Augen.
»Das ist eine hässliche Wunde«, sagte Esme. »Sie wird wehtun.«
Tris spuckte das Tuch aus. »Vielleicht nicht so sehr wie das gerade.«
»Ich muss sichergehen, dass sie nicht vergiftet ist. Ihr hattet Glück. Es hätte Euch auch mitten in die Brust treffen können.
»Es ist kein Wurmwurz«, brachte Tris hervor. »Das würde ich spüren.«
Esme nickte. »Das ist gut für uns.«
Sie presste einen Bausch weichen Tuchs auf die Wunde und lehnte sich mit ihrem ganzen Gewicht darauf, um das hervorquellende Blut zurückzudrängen. Dann zerrieb sie in einem Mörser einige Kräuter und mischte sie mit heißem Wasser, sodass eine warme Paste daraus wurde. Vorsichtig strich sie die Mixtur in die Wunde. »Das sollte die meisten der üblichen Gifte neutralisieren.« Der Druck und die Wärme ließen Tris zusammenzucken. »Und es sollte einer Entzündung vorbeugen.« Esme legte eine Hand auf seine Stirn. »Wenn Ihr mich durch Eure Schilde lasst, dann kann ich Eure Schmerzen lindern.«
Tris konzentrierte sich darauf, seine Schilde zu senken, um Esme die Berührung zu ermöglichen. Ihre Hand strich über seine Brauen und er fühlte, wie ihre Kraft den Schmerz in der Schulter und im Arm minderte.
Auf einmal war ein dumpfer Schlag gegen die Tür zu hören. Soterius und die Soldaten sprangen auf und fünf von ihnen stellten sich mit gezückten Schwertern rund um Tris und Esme. Doch es war nur Harrtuck, der im Türrahmen stand, mit einem grimmigen Ausdruck auf dem Gesicht.
»Hast du den Schützen?«, fragte Soterius.
»Er hat uns angegriffen. Einer meiner Leute hat ihn mit seiner Klinge durchbohrt. Er ist tot.«
Soterius fluchte. »Das macht es schwer, ihn zu befragen.«
»Das ist nicht nötig«, antwortete Tris und zog sich mit seinem rechten Arm hoch. »Bringt mir ein paar Kissen.«
»Wenn Ihr Euch aufsetzt, dann könnte die Wunde wieder anfangen zu bluten«, protestierte Esme. »Ich habe das Heilen noch nicht beendet.«
»Es wird nicht lange dauern.«
»Das kann doch warten …«, begann Soterius.
Doch Tris schüttelte den Kopf. »Da könnten noch andere sein. Vielleicht hatte er Hilfe. Wenn Verräter in unseren Reihen sind, dann müssen wir das wissen.« Ein dünnes Blutrinnsal begann wieder aus der Wunde zu laufen und Esme sah ihn streng an. Tris streckte seinen rechten Arm zur Mitte des Raums hin aus und murmelte die Worte des Rufs.
Die Temperatur im Raum fiel und jenseits von Tris’ ausgestreckter Hand begann sich ein feiner Nebel zu bilden. Soterius trat vor, sodass er bereitstand, sich zwischen den Geist und Tris zu werfen, wenn nötig. Der Geist eines jungen, dunkelhaarigen Mannes, gekleidet in die Uniform der Palastwache, krümmte sich vor ihnen zusammen.
»Wer hat dich geschickt, um den König anzugreifen?«, verlangte Soterius zu wissen. »Sag es uns, und vielleicht können wir deine Reise zur Lady abkürzen.«
»Um die Wahrheit zu sagen, ich weiß es nicht so recht.«
»Du hast eine Armbrust auf den König gerichtet und weißt nicht warum?«
Der Mann salutierte ehrerbietig. »Aye, das ist die Wahrheit. Vor zwei Monden wurde ich von der Schwindsucht befallen. Ich habe fünf Kinder und eine Frau zu füttern. Sie haben nichts, wenn ich sterbe, und können auf keine Weise ihr Geld verdienen. Eines Nachts kam ein Mann in mein Haus. Er war gut angezogen und hatte ein schönes Pferd. Er sprach wie einer von den Bessergestellten und er sagte mir seinen Namen nicht. Er bot mir an, mein Weib sollte alles Geld bekommen, das sie bräuchte, und auch meine Kleinen würden nicht Hunger leiden müssen, wenn ich einen Auftrag für ihn erledigen könnte. Was soll ein Mann da tun? Für mich spielt’s keine Rolle, wer auf dem Thron sitzt, solange die Steuern nicht steigen. Ich würde sowieso sterben und könnte ihnen nichts hinterlassen. Ich habe sein Angebot angenommen und er hat genau in diesem Moment sein Gold auf den Tisch gelegt.
»Wessen Gold?«, fragte Tris mit vor Schmerz zusammengebissenen Zähnen.
»Es war trevathisches Gold, aber es war dennoch wertvoll«, sagte der Geist mit einem schlauen Lächeln.
Tris und Soterius wechselten
Weitere Kostenlose Bücher