Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
polierte Horn eines Widders. »Möge Margolan aufblühen und mögen unsere Herden sich vergrößern und unsere Kinder zahlreich sein.« Er konnte spüren, wie sich die Geister um sie herum versammelten, als er die uralte Litanei sprach, Geister, die gerade außerhalb seiner magischen Sicht blieben, von der Stärke seiner Magie angezogen wie die Motten von der Flamme. Er formte einen Ball von magischem Feuer zwischen seinen Händen und bot ihn dem Altar dar. »Möge meine Macht für immer Margolan dienen. Möge sie meine Leute beschützen und alle, die ich liebe.« Er holte tief Luft und zog eine Kerze aus seinem Korb. Er setzte sie auf den Altar. »Wenn es der Lady gefällt, der Mutter und dem Kinde, nehmt unsere Gaben an und zeigt Euren Dienern Euer Wohlgefallen.«
Tris konnte das Drängen der Geister spüren. Ein plötzlicher Wind erhob sich. Der Wind wurde stärker, wehte sein weißblondes Haar in seine Augen und zerrte an den weiten Ärmeln seines Hemdes. Die Kerze auf dem Altar entzündete sich – nicht der Docht selbst, sondern die ganze Kerze, so hell, dass Tris seine Augen bedecken musste. Aus dem Kristallbecken hoben sich einzelne Tropfen in die Luft und tanzten über die Oberfläche.
So plötzlich wie sie begonnen hatten, verebbten die Winde wieder. Die Kerze auf dem Altar war dunkel und die Wasser im Becken wurden wieder still.
»Ich denke, unsere Gaben wurden angenommen«, sagte Kiara mit einer Stimme, die zwischen Furcht und Ehrfurcht schwankte.
Tris verbeugte sich ein letztes Mal vor jeder der Statuen. Er nahm sein Schwert und seine Krone wieder vom Altar. Dann bot er Kiara den Arm und sie gingen zusammen zum Vorraum, wo Soterius und die anderen warteten.
»Habt ihr ein Zeichen von der Lady bekommen?«, fragte Soterius.
»Das könnte man sagen.«
Die bittere Kälte ließ sie erzittern, als sie aus der magischen Wärme der Grotte hinaustraten. Schnee glitzerte und ein Vogelschwarm erhob sich aus einem nahen Baum und bedeckte den Himmel. Tris war froh, als er wieder zur Kutsche zurückging. »Eine Zeremonie haben wir hinter uns – und eine noch vor uns.«
Kiara schlang ihre Hände um seine. »Wie Jonmarc schon sagte, du weißt, wie man auftritt!«
»Ich hatte wirklich nichts damit zu tun, was da drin passiert ist.«
»Ich weiß. Aber wenn du nach einem Zeichen gesucht hast, dieses war sehr deutlich.«
Tris schüttelte den Kopf und sah aus dem Fenster. »Das Zeichen war deutlich, aber die Bedeutung ist es nie. Großmutter war vorsichtig damit, Zeichen als göttliche Botschaften zu interpretieren. Es ist gefährlich, sich auf sie zu verlassen.«
Die Kutsche und ihre Wachen verließen den Tempelbezirk in Richtung Shekerishet. Die Straße wand sich durch einen alten Teil des Waldes, wo uralte Bäume aufragten und das Unterholz schon lange im tiefen Schatten abgestorben war. Pferdehufe im Galopp hinter ihnen versetzten Tris und Kiara in Alarm.
»Die Kutsche soll weiterfahren!«, rief Soterius. Hinter ihnen her stürmten schwarzverhüllte Reiter, ihre Gesichter von Tüchern bedeckt. Tris und Kiara wurden in ihre Sitze geworfen, als der Kutscher die Peitsche knallen ließ und die Pferde in Galopp verfielen. Auf den Hügeln um sie herum konnte Tris den Klang von Stahl und Kampfesrufe hören. Vyrkin heulten. Er zog sein Schwert.
»Sind die wahnsinnig? Es ist helllichter Tag!« Kiara musste sich an den Handgriffen über der Tür festhalten, da die Kutsche mittlerweile schwankte und hin und her gerissen wurde.
»Die wissen genau, was sie tun«, erwiderte Tris und stützte sich ab, als die Kutsche eine so enge Kurve zog, dass sie nur noch auf zwei Rädern fuhr. »Die Vayash Moru kommen bei Tag nicht hervor. Wir sind weniger beschützt als auf unserem Weg zum Tempel.«
Der Fahrer steuerte jetzt in die andere Richtung, sodass sie beide auf die andere Seite der Kutsche geschleudert wurden. Reiter kamen näher heran und Tris sah, wie der Kutscher von seinem Sitz fiel. Einer der Reiter griff aus dem Ritt heraus nach den Zügeln, aber die Pferde, die darauf trainiert waren, nur auf bestimmte Worte des Kutschers zu hören, ritten panisch weiter.
Ein Reiter mit schwarzem Umhang griff nach der Kutschentür, aber Tris’ Magie warf ihn zurück. Kiara schnappte, geschützt von ihrem eigenen Umhang, nach den Handgriffen der Kohlenkiste, die in der Kutsche für Wärme sorgen sollte, und schob den Deckel beiseite. Als der Reiter durch das Fenster nach ihr griff, warf sie die glühenden Kohlenstücke auf
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