Fiona
gewußt, daß er zu mir kommen wird. vergangenen Jahr verheiratete mein Onkel mich mit einem grausamen Mann; doch ich wußte noch immer, daß Roger kommen würde. Vor drei Nächten träumte ich und sah sein Gesicht. Er reiste in groben Kleidern und hatte eine Frau bei sich, die mit ihm verwandt war. Ich wußte, daß er endlich gekommen war. «
Fiona betrachtete das Mädchen, als wäre es eine Hexe.
Chris fuhr fort: »Ihr verflucht mich, weil ich den Mann, den Ihr liebt, in Gefahr gebracht habe; aber was würdet Ihr riskieren, um mit Eurem Mann zusammen sein zu können? Ich wäre vielleicht in die Folterkammer gegangen und in den Tod, den mein Mann mir bestimmte. Doch ich saß im Lager gefesselt an den Baum und betete mit aller Inbrunst, daß Roger zu mir käme. «
Sie sah fort, die Straße hinunter, wo Miles und Roger sich wieder näherten, und ein inneres Licht erschien in ihren Augen. »Gott hat mir Roger gegeben, um mich für das, was mir vorher angetan wurde, zu entschädigen. Heute Nacht werde ich bei Roger liegen, und danach werde ich gerne auf mein Glück verzichten, falls mir das abverlangt wird. Ich habe sein Leben, Eures und das Eures lieben Mannes riskiert für eine einzige Nacht mit meinem geliebten Roger. «
Sie legte ihre Hand auf Fionas Rechte, und ihre Augen blickten Fiona flehend an. »Verzeiht mir, wenn ich Euch allen zuviel ab verlangt habe. «
Fionas Ärger verflog. Sie nahm nun Christianas Hand in die ihre. »Redet nicht vom Tod. Roger braucht die Liebe vielleicht noch nötiger als Ihr. Bleibt an seiner Seite. «
Zum ersten Mal zeigte Chris so etwas wie ein Lächeln, und ein Grübchen erschien auf ihrer linken Wange. »Nur Gewalt kann mich jetzt noch von ihm trennen. «
Fiona blickte hoch und sah Roger über sich stehen, einen verdutzten Ausdruck auf seinem Gesicht. »Er ist von alldem verwirrt«, dachte Fiona. »Chris ist ihm genau so ein Rätsel wie uns. «
Sie rasteten nur ein paar Minuten, aßen hastig, und dann Waren sie schon wieder unterwegs. Am Abend, als Fiona sich in Miles’ Arme schmiegte, hatte sie zum ersten Mal Gelegenheit, mit ihm zu sprechen. »Was hältst du von dieser jungen Frau, für die du dein Leben riskiert hast? « fragte sie.
»Ich weiß, daß sie gefährdet ist«, antwortete er. »Sie war mit dem Herzog von Lorillard verheiratet. Schon als Kind hörte ich Geschichten von seiner Grausamkeit. Er hat inzwischen sieben oder acht reiche hochgeborene Frauen unter die Erde gebracht. Sie scheinen alle nach ein paar Ehejahren wegzusterben. «
»Ist Chris von hoher Geburt? «
Miles schnaubte. »Sie hat eine lange Ahnenreihe von Königen. «
»Woher weißt du das alles? «
»Von meinen französischen Verwandten. Sie hatten ein paarmal mit der Familie Lorillard zu tun. Fiona«, sagte er feierlich, »ich möchte, daß du das behältst. « Er schloß ihre Hand über der langen Perlenkette, die Christiana gestern getragen hatte. »Morgen werden wir spät am Tage den Herrensitz meiner Verwandten erreichen; aber falls wir nicht so weit kommen sollten… Nein! « Er legte ihr einen Finger auf die Lippen, um sie zum Verstummen zu bringen. »Ich möchte dir die Wahrheit sagen, damit du darauf vorbereitet bist. Die Familie Lorillard ist sehr mächtig, und wir haben ein Mitglied der Familie ums Leben gebracht und ein anderes entführt. Sie werden die Wälder umpflügen, wenn es sein müßte, um uns aufzustöbern. Wenn irgend etwas passiert, nimmst du die Perlen und kehrst zu meinen Brüdern nach England zurück. Sie werden für dich sorgen. «
»Aber was ist mit deinen französischen Verwandten? Könnte ich nicht bei ihnen Schutz suchen? «
»Ich werde dir die Geschichte von meinen französischen Verwandten eines Tages erzählen; doch vorläufig genügt es, wenn du weißt, daß die Lorillards mich kennen. Wenn sie mich gefangen nehmen, ist der Weg zu meinen Verwandten in Frankreich blockiert. Fahre heim zu meinen Brüdern. Wirst du mir das versprechen? Keine weiteren Versuche mehr, mich zu retten, sondern Heimkehr in die Sicherheit. «
Sie weigerte sich, ihm darauf zu antworten.
»Fiona! «
»Ich schwöre, daß ich nach Hause zu deinen Brüdern zurückkehre. « Sie seufzte.
»Und wie steht es mit dem Rest? «
»Ich mache dir keine weiteren Versprechungen! « zischte sie, hob das Gesicht zu ihm empor und küßte ihn.
Sie liebten sich langsam und mit Vorbedacht, als gäbe es kein Morgen mehr. Miles’ warnende Worte hatten Fiona in einen Zustand der Verzweiflung versetzt,
Weitere Kostenlose Bücher